Kapitel 2

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Kapitel 2

„Deine Mutter wollte dich verheiraten?“ Anny starrte Clara mit großen meerblauen Augen an, die sie, wie sie nun wusste, von ihrem Großvater geerbt hatte.

„Oh ja, sie wollte das ich einen Millionär heirate und ihr endlich Enkelkinder schenke. Aber ich habe es nicht eingesehen! Ich wollte nicht!“ Sie zwinkerte Anny zu und lächelnd sah diese, wie die haselnussbraunen Augen anfingen zu leuchten, während ihre Großmutter von ihrer Vergangenheit erzählte.

„Aber wenn sie wollte, dass du einen reichen, vernünftigen Mann heiratest, dann meinte sie damit bestimmt keinen Schiffs Offizier, oder?“, fragte Annys Mutter nach.

„Oh nein, sie war ganz und gar nicht mit unserer Beziehung einverstanden! Sie sagte…“

„Jetzt erzähl doch lieber weiter anstatt uns schon etwas zu verraten, was erst später passiert ist!“, rief Anny aus und die alte Dame nickte lächelnd. „Na gut. Also…“

Die nächsten zwei Monate vergingen schnell und der Tag an dem die Olympic ablegen würde, rückte immer näher.

Zwar hatte Clara sich längst entschieden das Ticket zu nehmen, aber sie hatte sich den Brief noch nicht von ihrer Mutter abgeholt.

Jetzt wurde es langsam mal Zeit, es war bereits der zehnte.

Seufzend suchte sie sich ein gelbes Kleid aus dem Schrank, zog sich um und machte sich fertig. 

Die Offiziersjacke hing derweil an einem Haken an der Schlafzimmertür. Die Jacke würde sie so schnell nicht wieder hergeben. Sie wusste zwar nicht weshalb, aber das dunkle Kleidungsstück war ihr sehr ans Herz gewachsen. Es erinnerte sie an den lächelnden Offizier, der ihr aus dem Wasser geholfen hatte, William Murdoch. Seine meerblauen Augen, seine ruhige, anziehende Ausstrahlung.

Über all das nachdenkend machte Clara sich zum ersten Mal wieder seit April auf den Weg zu ihrer Mutter.

Da sie es nun nicht so eilig hatte und es zudem weder regnete, noch kalt war, spazierte sie gemütlich am Hafen entlang und betrachtete die Leute die dort standen.

Sie wollte es sich zwar nicht eingestehen, aber insgeheim hielt sie Ausschau nach Mr. Murdoch.

Ihr lief sogar ein Erster Offizier entgegen, aber der war eindeutig älter als der gesuchte.

Da sie ihn nirgends entdecken konnte, betrachtete sie schließlich die Schiffe, die im Hafen angelegt hatten.

Ein riesiges Dampfschiff zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und als sie näher kam, erkannte sie den Namen des Dampfers. Olympic.

Das war also das Passagierschiff der White Star Line, mit welchem sie in Kürze nach Amerika reisen würde.

Kopfschüttelnd ging sie weiter.

An der Haustür der Villa blieb sie kurz stehen, atmete einmal tief ein und aus und klopfte dann an.

Es dauerte eine Minute, bis die Holztür geöffnet wurde.

„Clara“, stellte Mrs. Hilton fest, als sie ihre Tochter sah.

„Ich werde mit der Olympic mitfahren“, stellte diese auch gleich klar. „Ich wollte nur das Ticket abholen!“

„Und die Kleider! Komm mit!“ Mrs. Hilton schien nicht besonders überrascht darüber, dass ihre Tochter ihr Geschenk doch angenommen hatte.

Die ergraute packte Clara am Arm und zog sie ins Haus. Sie schlug die Tür zu und hastete dann in das alte Zimmer von der Jüngeren. 

Das Schiff der TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt