Pauls Sicht
6:30 Uhr, artig klingelte sein Wecker wie jeden Morgen und holte ihn unsanft aus dem Tiefschlaf. Wie üblich flog der überaus robuste Wecker gegen die Wand und verstummte beim Aufprall. Montagmorgen, was sollte man nur davon hallten, er murmelte vor sich hin und begann, sich etwas gescheites überzuziehen; ein dunkelblau-weiss-gestreifter Kapuzenpulli und eine dunkelblaue Jeans. Keine zehn Minuten später war seine Tasche gepackt und er wollte gerade aus der Tür gehen da hörte er eine Stimme aus der Küche, seine Mutter. „Paul, bist du das?", sie kam aus der Küche hervor. „Dein Vater und ich werden morgen wahrscheinlich schon ab Vormittag weg sein, sag ich dir jetzt schonmal, weil ich heute länger arbeiten muss. Vielleicht sehen wir uns ja morgen früh noch.", ich nickte und lächelte sie an, Sturmfrei!, innerlich gab ich mir selbst ein High Five. „Viel Spass in der Schule!", fügte sie hinzu bevor ich die Tür hinter mir schloss. War nicht morgen auch noch diese Party von Mark? Das Schicksal hat es wirklich gut mit mir gemeint, dachte Paul bei sich. Der kalte Frühherbstwind wehte durch sein bereits hoffnungslos zerzaustes, kurzes blondes Haar. Er hatte es sich vor zwei Monaten aufgrund einer verlorenen Wette mit Oli, einem seiner zwei besten Freunde, blond färben müssen, sein Haaransatz war aber nun schon ein wenig rausgewachsen.
Wenig später kam er schon in den vollen Klassensaal geschlendert, genau pünktlich, wenigstens für seine Verhältnisse... „Soll man dich bald mal von zu Hause abholen kommen oder hast du auch mal vor nicht immer 10 Minuten zu spät zu sein?", kam es mürrisch seitens Flake. „Mensch, Flake,", er setzte sich kichernd auf den freien Platz neben seinen beiden Freunden, „Jetzt mach dir bloß nicht ins Hemd, solange der Lehrer nicht da ist, ist hier erst mal keiner hier zu spät. Annika ist zum Beispiel auch noch nicht da und...", er schaute sich kurz im Saal um, um seiner Rechtfertigung mehr Ausdruck verleihen zu können. „Da, Christoph auch noch nicht.", er verschränkte die Arme siegessicher vor der Brust und sah Oli und Flake erwartungsvoll an doch diese hatten ihren Kopf gesenkt, schauten in die andere Richtung, als in die, in die Paul eben noch gedeutet hatte.
„Nicht im Ernst, ihr habt immer noch Angst vor denen?", ungläubig löste Paul seine Arme voneinander und sah die beiden leicht genervt doch auch belustigt an. „Wie oft denn noch; wenn ihr euch weiter in diese realitätsferne Hierarchie von wegen Hui, wir sind Nerds, die anderen drei da sind die Coolen reinsteigert, dann kann ich mit euch bald echt nichts mehr anfangen.", meinte Paul scherzhaft. „Nicht so laut, schon vergessen? Richard und Till sind pünktlich gekommen.", meinte Flake und deutete mit minimaler Geste wieder in die Richtung. Er hatte Recht, Till und Richard saßen auf ihren Plätzen und warteten bis Christoph auch mal kommen würde. „Ja und? Ich finde, ihr nehmt die drei einfach viel zu Ernst.", sagte der Blondhaarige und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Paul, die haben erst letzte Woche zwei meiner Bücher auseinandergenommen.", meldete sich Oli zu Abwechslung auch mal zu Wort. Paul musste kurz schlucken. Normalerweise versuchte er immer das Gute in Menschen zu sehen. „Okay zugegeben, sie sind ziemliche Spielverderber aber die Tatsache, dass ihr versucht ihnen immer aus dem Weg zu gehen gibt ihnen einfach nur noch mehr Macht über euch, versteht ihr?", doch seine beiden Klassenkameraden hatten keine Zeit, zu antworten, da soeben der Lehrer den Saal betreten hatte. Auch Annika schien wohl noch rechtzeitig angekommen zu sein. Fehlte eigentlich nur noch-Die Tür öffnete sich und Christoph, ein wirklich gutaussehender, großer Typ lief wortlos in den Saal direkt zu seinem Sitzplatz um wenig später von seinen zwei Kollegen mit Schulterklopfern gegrüßt zu werden. Der Lehrer war auf solches Verhalten nicht gut zu sprechen. „Eintrag im Klassenbuch, Herr Schneider.", doch der Angesprochene grinste diesen schnippischen Kommentar einfach weg. Fast schon beneidenswert für Pauls Trio; diese Kunst, sich einfach einen Dreck zu scheren, was andere sagten. „Ich kann es schon riechen.", hörte Paul es aus Tills, Richards und Christophs Ecke flüstern. „Was genau?", erkundigte sich Richard, der größenmäßig Kleinste, jedoch größer als Paul, und jüngste aus der Gruppe bei Till genau so leise. „Ein zerkratztes Auto, mein Guter.", er klopfte Richard schwer auf den Rücken. Und damit war es wohl besiegelt, dachte Paul bei sich. Till würde als Chef seinem kleinen Schoßhündchen Richard befehlen, einfach so das Auto einer Autoritätsperson zu zerkratzen und dieser würde den Befehl befolgen wie ein Irrer, Till schien so etwas wie ien Idol für ihn zu sein.
Diese Masche von Richard hatte er wirklich noch nie verstanden. Tat er das alles um dazugehören zu wollen? Denn aus früheren Privatgesprächen, diese waren aber nun wiklich schon Jahre her, wusste Paul, dass Richard wirklich nett sein konnte... vielleicht hatte er sich über die Jahre dennoch als Person sehr gewandelt. Aus seiner Gang traf man selten ein Mitglied allein, und wenn, dann dauerte es auch nicht lange, bis die restlichen Mitglieder dazustoßen würden, dann fing diese ganze Angstmache wieder an. Dem Blondschopf war es immer ein Rätsel gewesen, warum man anderen Leuten Angst einjagen will um seinen eigenen „Erfolg" anschließend zu feiern. Ja, Paul gab es ja zu; Viele Späße der drei gingen einfach zu weit. Als Flake die Brille zerschlagen wurde, Oli seine Schulsachen auf wöchentlicher Basis zerstört... Paul selber wurde noch nie wirklich etwas getan, er war wohl zu uninteressant. Und er selber hatte noch nie hautnah miterlebt, wie seine zwei Freunde dem anderen Trio zum Opfer gefallen waren und er hatte nicht vor, dass wenn er es jemals sehen würde, es einfach geschehen zu lassen. Paul würde etwas unternehmen, anders als seine Freunde. Sie waren eben nicht die Ausdruckstärksten und Paul konnte es ihnen nicht verübeln aber irgendjemand musste in naher Zukunft mal etwas gegen sie unternehmen.
Der erste Block war endlich vorüber, Paul und co packten ihre Sachen zusammen und verließen den Saal um wie gewohnt zum nächsten pilgern. „Hey, Zahnstocher.", erklang eine bekannte tiefe Stimme hinter ihnen und unterbrach somit ihr belebtes Gespräch über ihre Nachmittagspläne, sie drehten sich um, ein Hauch von böser Vorahnung lag in den Gesichtern von Oli und Flake, Paul jedoch schaute selbstbewusst drein. Ein witziger Anblick; Zwei eingeschüchterte Riesen und Paul, gut einen ganzen Kopf kleiner als die beiden. Paul musste sich zurückhalten, nicht einfach provokant „Hi, Till, na?", zu antworten und schaffte es, er blieb still und wartete auf die anderen zwei, die sich Till nun anschlossen, mit straffer Brust und finsterem Blick vor Paul und seinen Gefährten standen. Paul grinste, wie konnte man diese Jungs nur ernst nehmen, die meinten es doch eh nicht so.
„Na, Oli? Hat Mama dir deine Bücher wieder schön geflickt?", Tills Stimme war bedrohlich, Richard kicherte begleitend. Klar, was hat man auch besseres zu tun als Tills freiwilliger Sklave wenn man nicht gerade andere aus der Klassenstufe verhaut und Schulverweise kassiert, dachte sich Paul und zog die Augenbrauen zusammen. Richard war nun wirklich der Mitläufer des Jahrtausends, wie es schien. Oli schaute stumm zu Boden, von Flake kam kein Ton und Christoph machte sich einen höllischen Spaß daraus, das Spektakel zu beobachten. Paul wusste nicht, was er denken sollte. „Alles wieder im Lot, danke der Nachfrage, sehr aufmerksam von dir, danke Till.", sagte Paul kurzerhand ohne zu überlegen, fasste Oli und Flake an die Schulter und wollte sich eben mit ihnen gemeinsam umdrehen um endlich zur nächsten Schulstunde zu gehen. „Wo willst du denn hin, du warst doch gerade so schön gesprächig?", fragte der Anführer der Gruppe, ohne Frage der Muskulöseste von ihnen Dreien. Nicht schlecht für einen 11. Klässler, dachte Paul und ihm wurde langsam aber sicher bange. Als es ihm nun die Sprache verschlug erkannte er sich selbst kaum wieder, warum in aller Welt konnte er sich denn nicht wehren?
Das war das erste Mal, dass dieses berühmt berüchtigte Trio ihm drohte. „Richard.", Till machte einen Schritt rückwärts, erlaubte somit Richard näher auf ihn zuzukommen und dieser wusste anscheinend schon, was seine Aufgabe war. Paul stand nur paralysiert in der Mitte des leeren Ganges, die Augen auf die seines Gegenübers gerichtet, Richard hatte grün-bläuliche kalte Augen. Die grau-silber gefärbten Haare fielen ihm in Strähnen ins Gesicht, er grinste auf Paul hinab. Wie gesagt, es galt nicht als hohe Kunst, größer als er zu sein.
Mit einem Mal stießen Richards Hände Paul an seinen Schultern mit solch einer Wucht zu Boden, dass Paul von Glück reden konnte, einen Rucksack getragen zu haben, welcher seinen Sturz abbremste. Entgeistert sah Paul nun auf, immer noch seiner Sprache beraubt, doch sein Mitschüler, der ihn eben zu Boden befördert hatte, würdigte ihn keines weiteren Blickes und folgte Till und Christoph, die sich eben wieder auf den Weg in den anderen Saal gemacht hatten. Paul stöhnte auf und rieb sich den Ellenbogen. „Was zur Hölle ist bitte sein Problem? Sind die ehrlich immer so drauf?", fragte Paul sauer und Flake reichte ihm eine Hand, um ihm hochzuhelfen. „Naja,", setzte Flake an und seufzte. „Wilkommen im Klub."

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The Bad Goods
FanfictionEin alternatives Universum, in dem die 6 Jungs zusammen auf eine Schule gehen und natürlich gehen wie im echten Leben die Parteien hier auseinender und sie bleiben nicht von den Tyranneien des Lebens verschont. Doch werden sich die Wogen je glätten...