Entscheidungen, Entscheidungen

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Richards Sicht

Als er seine zwei Freunde wieder eingeholt hatte, betraten sie auch schon die Chemiesäle. Der silberhaarige Teenager konnte aus dem Augenwinkel einen Blick auf die Tür erhaschen, durch die ein paar Minuten später auch schon Paul und sein Gefolge schritten. Paul... Es wunderte Richard zugegeben ein wenig, dass er sich noch an seinen  Namen erinnern konnte. Klar, sie waren zusammen in einer Klasse, aber das tat hier nichts zur Sache, Richard kannte wenige auf dieser Schule hier beim Namen, hatte er sich doch in seiner bisherigen Schulkarriere keine, beziehungsweise wenige Freunde gemacht. Doch Paul? Richard konnte sich entsinnen, früher mal, fünfte Klasse etwa, mit Paul hier und da gesprochen zu haben. Damals fand er seine verspielte und gesprächige Ader sehr interessant. Es fing an, ihn ein wenig zu nagen, wenn er ein paar Minuten zurückdachte, als er ihn zu Boden geworfen hatte. Aber ich hatte keine Wahl, dachte er. Und er hatte Recht; Wenn er sich Till widersetzt hätte, weiß der Teufel, was dann passiert wäre. Richard versuchte Paul aus seinen Gedanken zu verjagen.

Der folgende Unterricht war schlichtweg zu öde, um ihm jegliche Aufmerksam zu schenken, weshalb Richard anfing, vor sich hin zu denken, er schaute aus der großen Fensterfront raus auf den Hof und den dicht wolkenverhangenen Himmel, bis ihm etwas einfiel, wonach er Till eigentlich schon seit letzter Woche ausfragen wollte. „Gehen wir morgen eigentlich auf Marks Party? Soll ziemlich groß werden, hab ich gehört.", Richard konnte sich wegen vorhin bereits erwähnter Thematik auch nur mit Mühe an den Namen des Veranstalters erinnern. Er versuchte seine Vorfreude, die er beim Gedanken an die Party verspürte zu unterdrücken und hoffte inständig, dass Till zusagen würde, doch diesem entfleuchtete zu Richards Misgunst nur ein schlechtgelauntes Knurren, gefolgt von einem fast schon verächtlichen Blick, den Richard nun erntete. „Sehen wir so aus, heh?", er hob genervt eine Augenbraue, wandte dann aber seinen Blick ab. „Nein, wir gehen nicht. Diese Kleinkinder können in ihrer Kinderdisko gerne selber tanzen, wenn ihr mich fragt." Richard seufzte unmerklich und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. War ja schon fast zu erwarten gewesen, die Enttäuschung machte sich in Richard breit.

„Alsoooo,", setzte Christoph nun an und lehnte sich vor um die Aufmerksamkeit der anderen zwei auf sich zu ziehen und Till sah ich unbeeindruckt an. „Wenn ich ehrlich bin; Ich hätte schon Lust. Freigetränke..", er machte eine bedächtige Pause und klopfte Till auf die Schulter, „Mädchen.", er grinste dreckig und fuhr sich nebenbei mit der freien Hand nurch die kurzen dunklen Haare, erwartete eine Reaktion von Till. Idealerweise, dass er nachgeben würde. „Gott, Schneider. Dann geh doch in 'ne Bar.", sein Gesichtsausdruck fing an sich zu lockern und er legte nun selber eine Hand auf Christophs Schulter. „Bist schließlich schon ein roßer Junge, hm?". Schneider  war sichtlich unzufrieden mit Tills Comeback. „Spaßverderber.", meinte Schneider nach einer kurzen Weile nur kichernd. „Kleinkind.", konterte Till und entfachte somit von Neuem eine irrelevante Diskussion zwischen den beiden und Richard schaltete wieder ab, verankerte sich von Neuem in seinen Gedanken. Er spielte geistesabwesend mit einem seiner schwarzen Hosenträger, die er heute über ein weisses Stoffhemd trug. Und er fällte eine Entscheidung; Etwas, was er schon länger nicht aus freien Zügen selbstständig und unabhängig von seiner Gruppe gemacht hatte; Er würde auf diese Party gehen, es musste ja schließlich keiner der Beiden erfahren.

Pauls Sicht

Kurz nachdem die drei Freunde sich in ihrer Ecke niedergelassen hatten, war ein Großteil von Pauls Wut fürs Erste verschwunden, er hatte keine Lust, sich den Tag von solchen Aktionen vermiesen zu lassen und so kehrte auch sein Signature-Lächeln zurück auf seine Lippen. Während Oli und Flake dem Unterricht nun brav folgten, war Paul drauf und dran, das Gespräch ein paar Tische weiter zu belauschen. Seine Augen weiteten sich. Till und seine zwei Lakeien würden nicht zu Marks Party kommen? Beste Voraussetzungen! Er sah noch für ein paar Momente auf den verstummten Richard, der, offenbar enttäuscht, dem Unterricht gelangweilt zu folgen schien. Pech gehabt, der Ältere seiner Freunde machte sich innerlich einen Spaß daraus, zu sehen, wie Richard sein Wunsch verwehrt wurde und drehte sich grinsend zu Oli und Flake, die sein schadenfrohes Grinsen ohne weiteres bemerkten und auch anfingen zu grinsen. „Was gibt's Neues? Du Sonnenschein.", flüsterte Flake, äußerst amüsiert. „Ich weiss, was wir morgen tun werden.", flüsterte er selbstbewusst zurück, doch bekam nur fragende Blicke zur Antwort. „Na Marks Party, hallo? Klingelt da was?", fragte er sarkastisch, denn die ganze Stufe wusste vom Event, genug Werbung hatte Mark ja schon gemacht. Augenblicklich schwand das Grinsen seiner Gesprächspartner. Paul schnaubte. „Kommt schon, ich will da nicht alleine hin!",  hisste er ihnen ein wenig hoffnungslos entgegen.

„Nee, 'tschuldige. Heute kommt das Sequel zu meinem Lieblingskrimi raus. Das kann ich nicht missen.", schaffte Flake es, auf die Schnelle, sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Paul sah ihn nur geknickt an. „Der war mies, weißte selber.", sagte er leise und wandte sich nun an Oli, dem es vor lauter Nachdenken die Sprache verschlagen hatte. Kein seltener Anblick, er redete ja am wenigsten. „Was sagst du da? Du hast Zeit und Lust, echt? Mensch Oli, du bist ein wahrer Freund.", lobte Paul ihn nun ohne Zustimmung von Olis Seite abzuwarten, das interessierte Paul aber getrost wenig, irgendjemand musste es ja mal auf sich nehmen, Oli das echte Leben zu zeigen. Doch dieser schaute ihn nur mit großen Augen an, Paul verstand dies und tätschelte nur seinen Rücken. „Um 9 hol ich dich morgen ab, hm?", er grinste wie ein Irrer und wartete auf ein Lebenzeichen vom Angesprochenen. Dieser schluckte, nickte zögerlich. „Herrlich.", der kleine Blonde lehnte sich zufrieden im Stuhl zurück. „Mach dir keine Sorgen, die Vollspasten von eben sind garantiert nicht da.", versicherte er Oli und dies schien schon Wirkung zu zeigen. Paul würde nur über seine Leiche Oli mit zu einer Party zwingen, auf der sich seine schlimmsten Peiniger befänden. Oli schenkte ihm ein schwaches aber ernstgemeintes Lächeln, Paul erwiderte es herzlich. Flake gluckste nur und widmete sich mit seiner ungeteilten Aufmerksamkeit wieder dem Lehrer und dessen Geschwafel über Redktionsmittel und Oxidationsmittel, er schien froh zu sein, sich noch rausgeredet haben zu können. Somit war es also festgelegt.

The Bad GoodsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt