Wir sind schon eine ganze Weile durch Frankfurt gefahren. Während der Fahrt habe ich die alten heruntergekommenen Häuser, die armen Bewohner wie auch durch den Krieg verstümmelt und obdachlosen Menschen beobachtet. Die Dämmerung ist eingebrochen und die Laternen kreierten einen leuchtenden Wegweiser am Straßenrand.
Arseny und ich wurden gerade durch eine schmale Gasse gefahren, als mir ein Mädchen auffiel. Sie ist an einer Hauswand abgestützt und der Kopf hängt leblos nieder. Plötzlich packe ich Arseny an seinen kräftigen Armen und schreie "STOP!", woraufhin der Chauffeur das Auto anhält. Ich stürze mich auf die Straße und renne zu dem Mädchen. Ihre Kleidung ist zerrissen und überall an ihrem Körper und in ihrem Gesicht blutende Wunden.
"Jelena!"
Doch der Körper, den ich als meiner Schwester Eigen identifiziert habe regt sich kein Stück.
"JELENA!" schreie ich nochmals und fange an in Tränen auszubrechen.
Inzwischen ist auch Arseny ausgestiegen und hat sich zu mir gesellt. Er nimmt den Kopf meiner Schwester und stützt ihn an die Hauswand.
"Sie lebt noch. Wir nehmen sie mit und einer meiner Leute wird sich um Sie kümmern. Deine Schwester ist sehr stark zugerichtet, aber mach dir keine Sorgen."
Ich schaue zu ihm hoch und merke wie kalt ihn eine so schlimm zugerichtete Person lässt. Arseny gibt derweil seinem Chauffeur und womöglich auch Mann für alles das Kommando meine Schwester in den Wagen zu transportieren. Der Mann ist zwar schon in die Jahre gekommen, doch bei einem nur 1,60m zierlichem Mädchen muss sich niemand wirklich anstrengen sie hoch zunehmen.
Die weitere Fahrt schaue ich nur noch Jelena an. Wahrscheinlich um sicher zugehen, dass es ihr den Umständen entsprechend gut geht und stelle mir die Frage, warum die bösen Männer sie nicht umgebracht haben, sondern "nur" verprügelt. Diese Frage werde ich wohl nie beantwortet bekommen, denke ich mir.
Nach nur fünf Minuten weiterer Fahrt bleiben wir vor einem kleinen Haus stehen. Es ist nicht so wie die anderen hier in Frankfurt. Es sieht nicht verlassen aus, aber auch nicht wie der hochmoderne Tower in der Mitte der Stadt, der jetzt übrigens ganz in der Nähe erscheint. Wir steigen aus, wobei der Fahrer Jelena auf dem Arm in das Haus trägt. Auf dem Weg zur Tür mustere ich die Fassade und die Umgebung genau. Das Haus ist weiß und mit einem roten Ziegeldach beschmückt. Bäume zieren die Allee. Als ich durch die Tür gehe überrascht mich das Interieur angenehm. Es wirkt wie ein Stück Heimat. Überall sind russische Elemente zu finden. Im Flur steht eine Matroschka und ein roter Teppich bedeckt den kahlen Boden im Wohnzimmer. Ein Ort an dem ich mich wohlfühlen kann.
Der Chauffeur hat Jelena währenddessen auf das Sofa im Wohnzimmer gelegt und ihr einen Tee aus der Küche gebracht, sollte sie aufwachen.
"Hier seid ihr wirklich sicher", meint Arseny. "Ich habe noch ein paar geschäftliche Dinge zu erledigen, weshalb ich gleich wieder los fahren muss, aber hier ist alles was ihr braucht. Smirnow kümmere dich um deine Schwester, oben sind ein paar Verbände und Medizin."
Der alte Mann hat inzwischen einen Plattenspieler, der in der Ecke des Zimmers steht angeschaltet und sucht jetzt aus dem Regal eine Platte hervor: "Hier. Dieses Lied hat Mr Iwanow in schlechten Zeiten immer geholfen. Nun soll es auch der verletzten Ms Smirnow helfen wieder auf die Beine zu kommen. Immerhin sind Sie in einer gefährlichen Zeit, in der man immer auf die Flucht vorbereitet sein muss..."
"Juri es reicht, wir müssen fahren", unterbricht Arseny seinen Chauffeur.
Der Mann nickt nur und beide machen sich auf den Weg. Jetzt sind nur noch ich und meine halbtote Schwester übrig. Plötzlich überfällt mich ein Gefühl der Angst, was durch Einsamkeit verursacht wird.
Doch die Schallplatte fängt an ein Lied zu spielen und die Einsamkeit verfliegt wieder.
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Das Mädchen vom russischen Mafiaboss
RomansaIn dieser Geschichte geht es um ein junges Mädchen, Venus, welches aus Moskau nach Frankfurt flüchtet, nachdem ihre Familie getötet wird. Sie muss auf der Straße leben. Nun will sie mit ihrer Cousine Jelena die Mörder ihrer Familie finden, doch gib...