25.Kapitel

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Ich lag im Bett. Mal wieder. Meinen Kopf hatte ich in einem Kissen vergraben und mit meinen Kopfhörern hörte ich so laut Musik, dass ich wahrscheinlich bis für den Rest meines Lebens Kopfschmerzen davon haben würde. Aber es half mir, mich abzulenken. Der wummernde Bass verdrängte die Gedanken an Nils, Mina und die schreckliche Hochzeit aus meinen Gedanken. So ging das schon seit Tagen, genauer gesagt seit der Hochzeit. Vormittags quälte ich mich durch die Schule und weigerte mich dabei, Milena oder sonst irgendjemandem zu erzählen, was es mit meiner schlechten Laune und den verheulten Augen auf sich hatte. Nachmittags lag ich zusammengerollt in meinem Bett, schluchzte ins Kissen, dröhnte mich mit lauter Musik voll und versuchte, möglichst nicht an all das zu denken, was geschehen war. Und abends weinte ich mich in den Schlaf.

Eine Hand legte sich auf meinen Arm, ich schreckte aus meinem Kissen hoch und nahm seufzend die Kopfhörer ab, als ich Mama erblickte, die sich zu mir ans Bett gesetzt hatte. Ich hatte ihr nicht erzählt, was geschehen war, und nachdem ich an dem Abend, als ich völlig aufgelöst von der Hochzeit nach Hause gekommen war, nicht auf ihre Frage, was denn los sei, geantwortet hatte, hatte sie mich auch nicht weiter gefragt.

>>Soll ich den Klavierunterricht für heute absagen?<<, fragte Mama und strich mir eine braune Strähne aus dem Gesicht.

Klavierunterricht. Nils. Ohne Kopfhörer war ich den Erinnerungen an die Hochzeit schutzlos ausgesetzt und nun überfielen sie mich mal wieder gnadenlos. Der pure Hass auf Nils Gesicht, als ich ihn geküsst hatte. Seine eiskalte, ruhige Stimme, die schließlich zu zornigem Gebrüll geworden war. Die Tatsache, dass unsere Freundschaft nun vollends zerstört war und dass es nie wieder so sein würde, wie es gewesen war. Ich unterdrückte einen Schluchzer und vergrub mein Gesicht zurück in meinem Kissen. Mama brauchte den Klavierunterricht nicht absagen, Nils würde sowieso nicht kommen. Es würde mich nicht wundern, wenn ich ihn nie wieder sehen würde.

>>Kira?<<, hakte Mama nach und streichelte meinen Kopf weiterhin.

Ich antwortete wieder nicht, auch nicht, als Mama noch ein drittes und viertes Mal nachhakte. Schließlich stand sie seufzend auf und verließ das Zimmer. Erleichtert darüber, dass ich wieder alleine war, setzte ich meine Kopfhörer wieder auf und ließ den dröhnenden Bass die Erinnerungen an die Hochzeit aus meinem Kopf vertreiben.

Nach einiger Zeit, ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, stand ich auf, um auf Toilette zu gehen. Ich legte die Kopfhörer auf mein Kissen und eilte durch den Flur zum Badezimmer. Gerade als ich die Türklinge zum Bad herunterdrückte, klingelte es an der Haustür. Das muss der Postbote sein!, dachte ich und verschloss die Badezimmertür hinter mir.

Von unten hörte ich Stimmen, doch sie waren zu leise, um sie zuordnen zu können. Dann schloss Mama die Haustür mit einem Quietschen und ich hörte sie wieder die Treppe hochgehen. Also war das wirklich nur der Postbote gewesen.

Erleichtert spülte ich, wusch mir die Hände und lief zurück in mein Zimmer. Doch dort war ich nicht allein.

>>Hallo Kira<<, sagte Nils, der auf meiner Bettkante saß und den Blick starr auf das Bild von uns beiden geheftet hatte, das immer noch auf meinem Nachttisch stand. Er schaute nicht zu mir und seine Stimme war ohne jeglichem Gefühl.

Ich war in der Tür stehen geblieben und überlegte fieberhaft, was ich jetzt sagen sollte. Mein Kopf war zu voll, um irgendeinen klaren Gedanken zu fassen und schließlich brachte ich nur ein einfaches >>Hi<< hervor.

Ein unangenehmes Schweigen herrschte danach zwischen uns, Nils sah immer noch nicht auf und ich fühlte mich so unwohl in meiner Haut, dass ich am liebsten zurück ins Bad gerannt wäre.

>>Was machst du hier?<<, fragte ich nach einiger Zeit leise und endlich hob Nils den Blick. Sein sonst so hübsches und fröhliches Gesicht, war nun so ausdruckslos, dass ich mich noch ein wenig schuldiger fühlte. Er sah nicht wütend oder traurig aus, einfach nur erschöpft, enttäuscht und vollkommen lustlos. Seine Wangen waren beide gerötet, entweder von den beiden Backpfeifen, die er bei der Hochzeit von mir und Mina bekommen hatte, oder vom Alkohol, mit dem er die Erinnerungen an die Hochzeit wahrscheinlich vertreiben wollte.

Der KlavierlehrerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt