Ein Fellknäul, aus dem Scherbenpfote die Farben orange, rot, braun, gold und schwarz heraus erkennen konnte, wuselte an ihr vorbei, Moosfetzen flogen durch die Luft und landeten auf der plattgetrampelten Erde.
"Was macht ihr?" Fragte sie mit einem spitzen Ton und blickte Feuerpfote und Funkenpfote schief an, die sich vor Lachen am Boden krümmten.
"Meine zwei Brüder machen wieder Unfug, obwohl sie eigentlich ihr Nest bauen sollten, bevor sie auf trockenem Boden schlafen müssen. Das würde ich dir übrigens auch raten." Qualmpfotes tiefe, befehlshaberische Stimme ließ die beiden Kater zusammenzucken. Ruckzuck waren sie auf den Pfoten und taten so, als wäre das kleine Spiel nie vorgefallen.
Der große, graue Kater hatte eine herrische Pose eingenommen, die schwarzen, unauffälligen Punkte die seinen glatten Pelz spickten, schimmerten im Licht der langsam untergehenden Abendsonne.
Der älteste der vier Brüder genoss es, das er das sagen unter ihnen hatte und sich niemand dagegen aussprach. Trotzdem sah man ihm an, das er Feuerpfote, Rauchpfote und Funkenpfote über alles liebte und sie niemals im Stich lassen würde.
"Du hast dein Nest schon eingerichtet, was?" Fragte Scherbenpfote mit einem traurigen Ausdruck in ihren goldgelben Augen, der ebenfalls als Unterton in ihrer gebrechlichen Stimme vorhanden war.
"Du hast es erfasst. Ich habe mich neben Hechtpfote und Trotzpfote eingerichtet, ganz in der Nähe des Ausgangs." die Selbstüberzeugung in seinem Tonfall ließ Scherbenpfote glauben, dass er sich ganz sicher war, das er einmal ein großartiger Krieger werden würde.
Selbst die Schülerin begann langsam, dies zu glauben, so triumpfsicher wie er neben ihr stand.
"Ich gehe dann Mal Wetterfluch suchen." murmelte sie betrübt in sich hinein, ließ ihren Kopf betrauernd hängen. "Weißt du zufällig, wo sich meine Mentorin aufhält?"
"Ja, sie war gerade auf dem Weg zum Frischbeutehaufen um sich mit Seerose eine Taube zu teilen." der große Kater hielt inne, bevor Scherbenpfote loslaufen konnte, um ein Gespräch mit der Schildpattkätzin zu führen.
"Ich sehe es doch, Scherbenpfote. Irgendetwas bedrückt dich. Brauchst du Hilfe oder so etwas?" fragte Qualmpfote besorgt nach und erhob sich auf seine Pfoten.
Die junge, betrübte Schülerin drehte sich um und blickte ihm in seine orangenen Augen. Dabei bemerkte sie, das ihr Baugefährte wahrscheinlich nie wieder richtig lächeln konnte, ohne das man seine lange Narbe, die beginnend unter seinem linken Auge, verlaufend quer über den Nasenrücken, sich seinen Hals hinunterziehend und bis zur Hälfte seines rechten Beins verlief, beäugte.
Auch wenn in seinem Blick Fürsorge lag, konnte sie die grausame Narbe nicht aus ihren Gedanken verschwinden lassen.
"Es ist wegen Wetterfluch ... erinnerst du dich? Sie hat mich auf der Patrouille zu einer weiteren Nacht in der Kinderstube verdonnert. Ich glaube, sie denkt, ich bin nutzlos, ein Versager, der zu nichts im stande ist. Und vielleicht bin ich das auch." Den letzten Satz hauchte sie mit feuchten Augen und dem größten Selbstzweifel, den sie je in ihrem Leben gehabt hatte. Es fühlte sich an, als hätte Wetterfluchs Verachtung ein Loch in ihr Herz gerissen. Gerissen mit einer eisigen, kaltblütigen Klaue, die nun von Blut rot gefärbt war. Ein Loch, das nie wieder zuwachsen würde.
"Sprich noch einmal mit ihr, Scherbenpfote. Verhandle und du wirst sehen, das sich alles zum Guten wendet. Du musst nur die richtigen Worte dafür wählen." so leichtfüßig wie Qualmpfote es aussprach, sollte es für die gemusterte Kätzin jedoch nicht werden. Im Gegenteil: Das Gespräch würde seine Konsequenzen mit sich ziehen.
"Danke. Ich werde Wetterfluch jetzt suchen gehen. Wünsche mir Glück." Meinte sie mit aufgeheitertem Blick und neu gefasstem Mut. Dann auch sprang sie fort um sich der Aufgabe, ihre Mentorin zu überzeugen, im Schülerbau schlafen zu dürfen, zu stellen.
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Tödliche Melodie
Fanfiction»Wenn eisige Klauen auf lodernde Feuerbrunst treffen, muss sich die Katze aus purem Gold erheben und ihre Schwingen durch die staubige Luft gleiten lassen. Erst dann kann der Frieden aus der Finsternis zurückkehren.« "Du? Was willst du schon groß au...