"Was?" Kiebitzflattern schreckte auf, als plötzlich Dornenhaar neben ihr stand. "Nein, ich glaube, ich habe meine Gedanken nur wieder einmal laut ausgesprochen." Miaute sie verlegen mit einem beschämten Blick in seine blaugrauen Augen, die sie an Steine im Bach erinnerten, der sich durch ihr Territorium schlängelte.
"Das ist doch nichts schlimmes." Schnurrte er belustigt. "Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen. Das passiert jedem einmal. Um auf ein anderes Thema zu kommen: Findest du nicht auch, das die Blattgrüne dieses Jahr viel zu viele kalte Winde mit sich bringt?"
"Und ob. Ich habe mitbekommen, dass Blassjunges und Flauschjunges, die zwei Jungen von Lärchenfarn," warf sie mit eine äußerst belustigtem Blick ein, "sich bei Schieferstern beschwert haben, dass sie bei der Eiseskälte ja fast erfrieren und er sich mit den anderen Anführern darauf einigen solle, dass ab jetzt nur noch warme Böen über unser Territorium ziehen dürfen." Kiebitzflattern versuchte nicht einmal ein Lachen über das Unwissen der Jungen zu unterdrücken.
"Wäre es so, wie sich diese kleinen Kätzchen es vorstellen, hätten wir ein ziemlich einfaches Leben." Stellte der dunkelbraune Kater, dessen Pfoten als einziges eine andere Farbe - haselnussbraun - aufwiesen ließen. "Wobei ich sagen muss, das es auch positives an den kühlen Winden gibt. Das heiße Wetter zum Beispiele wäre insgesamt wohl kaum zu überleben, ohne diese frostigen Brisen." Dornenhaar lachte hell auf und schüttelte seinen eng anliegenden, frisch geputzten Pelz, damit ihm durch den thermischen Einfluss der grellen Sonne hoch am Himmel nicht der Pelz wegschmolz.
"Da kann ich dir Recht geben." schmunzelte die zweite Anführerin und tat es dem Krieger, der Näher als es ihr Wohl war, an sie herangerückt war und plusterte ihre buschige Haarpracht auf um sie etwas durchzulüften und sie anschließend so gut es ohne zusätzliche Politur ging, wieder glatt zu legen.
"Ich fühle mich jeden Herzschlag, in dem kein Lufthauch durch meinen Pelz streift, als würde ich neben einem offenen Feuer stehen. Und wenn der Wind sich dann verbreitet, ist es, als wäre die Blattleere um einiges zu früh über das Land gezogen." Ein leichtes Kribbeln fuhr ihr unter die Haut, welches definitiv nicht das Werk der unerträglichen Hitze war. Trotzdem machte es Kiebitzflattern unsicher. Trotzdem ließ sie sich nichts anmerken und sprach mit dem belustigten Unterton in der Stimme, wie zuvor.
"Wie wärs," schlug der große Kater zu einem neuen Thema um, "wenn wir morgen einen Abendspaziergang bei Vollmond machen? Wäre das etwas für dich?"
Als die Stellvertreterin Dornenhaar in die Augen blickte, funkelte ihr ein graublaues Meer entgegen und ein Ausdruck, den Kiebitzflattern als lieblich deutete.
"Theoretisch spricht nichts dagegen, außer die-"
"Die große Versammlung ist doch kein Problem." Schnurrte er aus voller Kehle, ehe er mit seinen korrigierenden Worten fortfuhr. "Wir treffen uns einfach davor, zwischen den Wurzeln des Baumes der leuchtenden Sterne und spazieren los, bis wir - bevor die anderen losgehen - im Lager ankommen. Hört sich gut an, was?"
"Okay..." murmelte sie etwas unsicher, blickte Dornenhaar jedoch glücklich an. Ein warmes Gefühl machte sich in ihr breit, es fühlte sich an, als hätte ihr Herz es ausgeschüttet und durch ihre Adern in ihrem ganzen Körper verteilt.
"Dornenhaar! Hast du mich vergessen, oder was ist los?" dröhnte eine krächzende, verärgerte Stimme aus dem Bau der Ältesten. Oder des Ältesten, wie man es nahm, da Beerengift der einzige von ihnen war.
"Also bis morgen Abend, Kiebitzflattern!" Verabschiedete sich der Kater mit einem langen, tiefen Blick in ihre mysteriös schimmernde hellblaue Augen - zu lange für Beerengift, welcher Dornenhaars Vater und einziger Überlebender seiner Verwandtschaft war, wie der schwarz-weiß-braunen Kätzin erst im Nachhinein auffiel - der die Wenigkeit seines Sohnes umgehend bei sich haben wollte.
"Tut mir leid, das ich nicht länger bleiben kann. Aber Beerengift ist zu alt, um den Ältestenbau noch richtig verlassen zu können, also muss ich zu ihm gehen." meinte er in zuerst bedauernden Ton, was sich zu Ende des Satzes aber in eine witzelnde Stimmlage umwandelte.
"Kiebitzflattern!" eine helle, erfreute Stimme unterbrach die geplante Antwort der Kätzin, die überrascht hinübersah, wo ihr gerufener Name einen Ursprung fand.
Ehe sie sich versah, war Dornenhaar zu seinem gebrechlichen Vater getappt, den Kopf leicht hängen gelassen, den Schweif auf dem von vielen Pfoten, die Tag ein Tag aus erneut über den Lagerboden trabten, plattgetrampelten Erdboden schleifend.
Goldschopf war derjenige, der sie begrüßt hatte, als sie ihm ins Auge gefallen war. Schnell legte er sein Erbeutetes - eine Amsel und ein gut genährter Spatz - auf dem jetzt frisch aufgefüllten Frischbeutehaufen fallen und sprang mit wenigen, aber kraftvollen Sätzen neben die zweite Anführerin.
"Ich habe gehört, du hast das Patrouilleneinteilen für mich übernommen?" Kiebitzflatterns aufrichtiger Blick ließ sie Dornenhaar schon fast wieder vergessen. Die Aufgaben als Stellvertreterin standen bei der Kätzin schon immer an vorderster Stelle. Sie wollte ihrem Clan Loyalität beweisen, ihm Schutz und Sicherheit, sowie ein bestmögliches Leben schenken.
"Ja, es war mir ein großes Vergnügen! Ich habe eine große und eine kleine Gruppe zum Jagen losgeschickt. Die große auf die Wiese, die kleine in die Höhlen im Sumpfland, die gleichzeitig von einer ebenfalls etwas kleinköpfigen Rotte begleitet wurde, die die Grenze zum KnochenClan kontrollieren.
Aber wie ich sehe sind wir die ersten, die zurückkehren."
Erklärte er mit stolzem, standhaften Blick und wartete auf eine Antwort der Kätzin.
"Wen hast du losgeschickt? Ich sehe Pinienharz, Stillpfote und Geistesblitz sind mit dir zurückgekehrt. Wer waren die anderen?" Ihre Augen blitzten stolz auf Goldschopf auf, der die Arbeit in ihren Augen brilliant erledigt hatte. Ihre Stimme jedoch war ungewollt kalt und ausdruckslos, was den goldfarbenen Kater, dessen Fell von kleinen, weißen Tüpfelchen gefleckt war, zusammenzucken ließ.
"Die zweite Jagdpatrouille bestand aus Rotfisch und Heidenebel, die, die die Grenze kontrollieren waren zu dritt - Leuchtfuchs, Fantasiejäger, seiner Schülerin Haselpfote und Frostminze."
Als seine Worte verklangen, verengten sich ihre Pupillen erschrocken. "Du hast Frostminze losgeschickt? An die Grenze, die im Moment sowieso am meisten Streitigkeiten bringt?" fragte sie ungläubig und machte einen bedrohlichen Schritt auf Goldschopf zu, der verängstigt und unwissend über seinen Fehler zurücktrat.
"Du weißt nicht, das Frostminze die Jungen von Gelbvogel in sich trägt, oder?" In Angst um die trächtige Kätzin blinzelte sie dem entgeisterten Krieger entgegen.
"Nein ... das war mir nicht klar ... es tut mir unglaublich Leid! Ich werde diesen Fehler nie wieder machen! Ich verspreche es, beim heiligen SternenClan!" Flehend um Kiebitzflatterns Verzeihung wurden seine wasserblauen Augen groß und verzweifelt. Der kalte Wind, über den sie zuvor mit Dornenhaar gesprochen hatte, ließ sie scharf ausatmen.
"Es tut mir leid, Goldschopf. Ich wollte dich nicht so anfahren. Jeder macht im Leben Fehler, doch man kann daran arbeiten, sie nicht zu wiederholen. Und das rate ich dir, Goldschopf. Du wirst einmal ein bedeutender Krieger des SandClans werden, wenn du daran arbeitest." wisperte sie noch laut genug, das der Kater, dessen Verzweiflung wie Schuppen von den Augen glitt, es verstehen konnte.
Ihr Herz schlug wieder langsamer, regelmäßiger als sie sich beruhigt hatte, was sich auch auf ihre - jetzt ruhige - Stimme auswirkte.
"Du hast das gut gemacht, dafür, das du das allererste Mal dort oben standest." sie schnippte mit dem Schweif in Richtung des Baumstumpfes, von dem sie die Gruppen sonst immer zusammensuchte, "Es war sehr nett, das du das für mich so gut erledigt hast. Du kannst es, falls ich noch einmal ausfallen sollte, gerne wieder tun."
Goldschopfs Gesichtsausdruck glich dem eines Jungen, das gerade seinen ersten Käfer erlegt hatte, als diese Worte in seinen Ohren verklangen. "Ich danke dir, Kiebitzflattern! Nächstes Mal werde ich es besser machen! Das verspreche ich dir!"
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Uwu
Schon wieder verspätet? Hups. hehe
Ich habe beschlossen, die Kapitel jetzt guten Freunden von mir zu widmen :D
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Tödliche Melodie
Fanfiction»Wenn eisige Klauen auf lodernde Feuerbrunst treffen, muss sich die Katze aus purem Gold erheben und ihre Schwingen durch die staubige Luft gleiten lassen. Erst dann kann der Frieden aus der Finsternis zurückkehren.« "Du? Was willst du schon groß au...