Mein tägliches Ausrasten wird von der Gesellschaft viel zu wenig beklatscht

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Das Licht wurde runter gedimmt, jemand fing an, sanfte Töne auf einem Klavier erklingen zu lassen und eine Frau nahm sich das Mirkofon von Alice und sang ein mir unbekanntes Lied.

Es war schön zuzusehen, wie Emily und Sam sich verliebt in die Augen blickten und einen langsamen Walzer tanzten- also ich nahm an, dass es ein Walzer war, mehr Tänze kannte ich eigentlich nicht. Und ich war mir ziemlich sicher, dass dies kein Macarena war!

Alle im Raum starrten wie gebannt auf das Brautpaar. Man könnte eine Rakete zünden und es würde kaum einer mitbekommen.

Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und musterte misstrauisch die Stelle, an der mein Vater eben noch gestanden hatte. Wo war der denn schon wieder? Vorsichtig sah ich mich um, doch er schien nicht in der Nähe zu sein. Was mich nur noch misstrauischer machte.

Als die letzten Töne erklungen, zog Sam seine Emily näher zu sich und küsste sie. Jubellaute brachen los -die Anabolikabande grölten natürlich am lautesten- und es wurde applaudiert. Halbherzig klatschte ich mit, konzentrierte mich aber in erster Linie darauf, meinen Vater ausfindig zu machen. Anschließend löste sich die große Gruppe auf und bildete kleinere Grüppchen. Die Musikanlage wurde angestellt und die Tanzfläche füllte sich erneut mit Pärchen.

Für mich bedeutete es nur eins: Flüchten! Ich entfernte mich rasch vom Geschehen und suchte Zuflucht bei Mason, der bei den Jungs stand. Ich quetschte mich zu ihnen durch.

"Schrei, wenn du Dad siehst", sagte ich und sah mich ein weiteres Mal um.

"Wäre es wirklich so schlimm für dich, mit ihm zu tanzen?", fragte Mase grinsend.

"Äh, ja?" Verständnislos legte ich meinen Kopf schief. Kannte der Kerl mich überhaupt?

"Gut, dann duck dich besser, dein Dad ist auf dem Weg zu uns", meinte Wuschelkopf und ich fand den Vorschlag echt nicht schlecht.

"Hat jemand von euch Tori gesehen?", hörte ich meinen Vater laut rufen.

"Meinst du das kleine, fiese Monster?"

"Wen denn sonst?", gab Dad zurück, woraufhin ich meine Augen verdrehte.

"Ach", machte Mason. "Die steht hier hinter uns und versteckt sich vor dir" Ich knurrte laut auf und war drauf und dran, mich auf meinen Bruder zu stürzen.

"Du mieser Verräter!", zischte ich, während Dad mich grinsend mitschleifte. "Das wirst du mir büßen!"

"Sorry, Tori. Er hat mir einen Monat Tankgeld versprochen", rief er mir zu.

"Du korrupter Vollidiot!"

"Ich sag's ja nur ungern, aber es war sehr einfach, ihn zu bestechen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er hätte es auch umsonst getan. Du solltest aufpassen, dass er dich nicht für einen neuen Satz Reifen verschachert", grinste mein verehrter Vater und ließ mich eine Pirouette machen.

"Ich gebe dir eine Minute. Wenn die um ist, haue ich ab" Ich kam mir richtig bescheuert vor, wie ich da versuchte, mich zu der Musik zu bewegen. Das alles hier war für einen eingefleischten Partymuffel für mich die reinste Hölle. Ehrlich gesagt hatte ich das Taktgefühl eines Steins. Solche Bewegungen waren einfach unnatürlich für meinen Körper, der sich ohnehin vor jeglicher zusätzlicher Anstrengung sträubte.

Dad lachte, dann wurde er plötzlich ernst. "Du zählst doch jetzt nicht die Sekunden, oder?"

"15, 16, 17", zählte ich laut mit und drehte mich lustlos einmal um mich selbst. Er machte ein gespielt trauriges Gesicht. Dass ich es hasste, zu tanzen, war allgemein bekannt und er versuchte es auf jeder Feier immer wieder, nur um mich zu ärgern. Dank meinem verräterischen Bruder hatte er sein Ziel wohl endlich erreicht.

Der alltägliche Wahnsinn- jetzt neu: Auch mit WerwölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt