Affen leben auf Bäumen. Am liebsten auf Stammbäumen

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Als ich erwachte, war es, als würde ich aus dem Wasser auftauchen, nachdem ich eine Ewigkeit auf dem Grund gesessen hatte- was ich da unten zu suchen gehabt hätte, wusste ich auch nicht. Mit Seepferdchen Poker spielen womöglich. Bei mir wusste man schließlich nie.

Jedenfalls hatte ich meine Augen noch geschlossen. Ich spürte so nämlich schon, dass sich alles in meinem Kopf drehte. Mein Hirn hatte wohl zu viel Spaß auf einem Karussel des Wahnsinns gehabt. Ich konnte mich an absolut nichts erinnern, nachdem ich das Teufelszeug runter gekippt hatte und hoffte inständig, dass ich nichts bescheuertes getan habe. Es war ja eine Sache, bei vollem Bewusstsein Mist zu bauen, aber einen kompletten Filmriss zu haben, brachte das ganze auf ein ganz neues Level.

Meine Güte, vermutlich wollte ich gar nicht erst wissen, was in den letzten Stunden so alles passiert war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ich eine Spur der Verwüstung hinterlassen hatte. Oder ich war vollkommen am Ende und war ein Häufchen Elend mit Zahnschmerzen gewesen. War ich überhaupt wach? Oder hatte ich vielleicht doch die ganze Zeit geschlafen? Wie war ich dann in mein Bett gekommen? Ich glaubte, in meinem Bett zu sein. Es fühlte sich jedenfalls danach an und das Kissen roch nach meinem Shampoo. Allerdings war ich derzeit auch nicht ganz bei Verstand, ich könnte genauso gut bei Jacob im Bett liegen, ohne es zu merken.

Obwohl, das würde ich wohl tun- selbst mein unterbewusstes Ich würde sich dagegen sträuben, in seinem Bett zu liegen. Selbst jetzt kam ein Ekel in mir hoch, den ich nur selten bisher verspürt hatte. Nein, ich war ganz sicher bei mir Zuhause. Gleich würde Mom mit einer warmen Suppe herein spazieren, wie immer, wenn es mir nicht gut ging, und mir die Fernbedienung in die Hand drücken. Dad würde mir ein paar neue Filme besorgen, damit mir auch nicht langweilig wurde und- Moment, falsches Zuhause. Verdammt.

Enttäuscht stellte ich fest, dass ich mich mit Mason zufrieden geben musste, was gleichzeitig bedeutete, dass ich quasi auf mich alleine gestellt war. Großartig. Version eins meiner Gedanken hatte mir deutlich besser gefallen.

Niedergeschlagen öffnete ich nun meine Augen. Es war bereits dunkel, vermutlich mitten in der Nacht. Das musste wirklich ein krasses Zeug gewesen sein, was mir der Doktor da gegeben hatte. Er hatte mich für mehrere Stunden außer Gefecht gesetzt. Ich wette, Mason hatte eine ganze Wagenladung geordert.

Mein Gesicht fühlte sich seltsam taub an und das Gefühl gefiel mir gar nicht. Vorsichtig tastete ich meine Wange ab und ein scharfer Schmerz durchfuhr mich, als ich eine scheinbar empfindliche Stelle traf. Tränen schossen mir in die Augen und ich hielt die Luft an. Memo an mich, pack dein Gesicht nicht mehr an!

Gerade als ich nach meinem Handy greifen wollte, um meinem Bruder eine Nachricht zu schreiben, er solle mir doch was zum kühlen bringen, klopfte es an der Tür. War wohl wieder so ein Geschwistertelepathieding, das wir manchmal hatten. Letztes Jahr zum Beispiel hatten wir telefoniert und ich habe daran gedacht, mir ein Nutellabrot zu schmieren und in genau diesem Moment ist Mase ein volles Glas runter gefallen und auf dem Boden zerschellt. Nachdem ich den tragischen Verlust bedauert hatte, hatte ich etwa eine halbe Stunde einen derartigen Lachanfall, dass Dad mir ein Glas Wasser ins Gesicht schütten musste, um mich zu beruhigen.

Ich hoffte jetzt nur inständig, dass Mason nicht das gleiche vorhatte. Das würde er mir nämlich büßen.

Die Tür wurde langsam geöffnet und Mase trat einen Schritt rein und blieb stehen. Misstrauisch beäugte ich das Glas Wasser in seiner rechten Hand. Dann sah ich in seiner anderen Hand eine kleine Pappschachtel und einen Strohhalm im Glas und kombinierte, dass das dann wohl meine Medikamente sein mussten. Beruhigt setzte ich mich auf; in meinem Kopf drehte es sich ein wenig. Benommen rieb ich meine Stirn und winkte mit meiner freien Hand Mason zu mir rüber und schaltete meine Tischlampe ein. 

Zögerlich kam er meiner Bitte nach und reichte mir das Glas Wasser und öffnete dann die Schachtel, zog einen Blister heraus und ploppte eine Tablette frei. Ich nahm sie entgegen, ohne zu wissen, was das überhaupt war und schluckte sie runter. Egal was es war, ich hoffte nur, dass es dieses widerliche Gefühl in meinem Mund verschwinden lässt.

„Wie geht es dir?", fragte Mase sichtlich erleichtert und setzte sich auf mein Bett. Sanft fuhr er mir durchs Haar, das tat er immer, wenn ich krank war oder mich wegen irgendwas schlecht fühlte. Diese sehr vertraute Geste fühlte sich gerade jetzt richtig an.

Der alltägliche Wahnsinn- jetzt neu: Auch mit WerwölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt