(40) Fluchtpläne

326 29 11
                                    

Einige Stunden später hatte ich mich noch einmal nach Hause getraut und glücklicherweise war nichts mehr zu hören gewesen.
Mittlerweile war es gegen 3 Uhr morgens, doch ich glaubte nicht, dass ich schlafen konnte.
Dafür war ich gerade zu aufgekratzt, weswegen ich mich mit einem Kaffee im Dunkeln in unsere Küche gesetzt hatte. 
In den letzten Stunden hatte ich versucht die vergangenen Ereignisse zu ignorieren, was mir auch teilweise gelungen war, doch jetzt wurde es in der Stille zunehmend schwieriger nicht wieder einfach loszuheulen.
Denn mir war gerade echt nach Heulen zumute.
Ich meine, klar, ich wusste dass das passieren würde, aber ich hatte gehofft es nicht unbedingt mitbekommen zu müssen.
Das leise Schließen einer Tür war von oben zu hören und ich sah überrascht auf.
Kurz darauf erklang das Knarzen der Treppenstufen und ein dunkler Schatten huschte durch den Flur, welchen ich vage als Marius identifizieren konnte.
Der normale Menschenverstand hätte jetzt gesagt, dass er nur auf die Toilette wollte, doch die befand sich oben, weswegen er keinen Grund hatte hier unten zu sein.
Leise erhob ich mich und spähte in den Flur, wo Marius gerade auf dem Weg zur Haustür war.
"Sag mal, was wird das jetzt?", fragte ich in die Stille hinein und sofort machte er einen überraschten Satz nach vorn.
Leider lag dort noch meine Tasche von vorhin, über welche er im nächsten Moment stolperte und mit einem lauten Rumsen auf dem Boden landete.
"Verdammt!", fluchte er sofort panisch, "Lea darf nicht wach werden."
Auch ich hielt gespannt den Atem an, ob sie es gehört hatte, doch dem schien nicht so, weswegen ich mich wieder entspannte.
"Was wird das jetzt hier?", wiederholte ich meine Frage, während Marius langsam wieder aufstand.
"Ich wollte gehen.", murmelte er geschlagen.

"Warum?"

"Es ist besser wenn du es nicht weißt."

"Vorhin klang es aber, als ob ihr euch ziemlich zu amüsieren scheint.", antwortete ich bitter und sofort schnappte er nach Luft.
"Du warst hier?", war seine entsetzte Frage, während er einen Schritt auf mich zumachte.
Doch sofort machte ich einen Schritt zurück: "Ja, ich war hier und ihr wart nicht zu überhören."
Eine Weile sagte Marius gar nichts, bis er schließlich einen verzweifelten Laut ausstieß: "Das tut mir leid, du hättest das nicht mitkriegen sollen."
"Das erklärt trotzdem nicht warum du jetzt plötzlich verschwinden willst.", blaffte ich ihn an.
"Kann ich nicht.", gestand er, "Ich kann es dir nicht sagen...ich kann einfach nicht hierbleiben, okay?"
"Natürlich kannst du es mir sagen, sie ist meine Schwester!", verlangte ich.
"Genau deswegen kann ich es dir nicht sagen!", wiederholte er energisch, "Ich brauche einfach meine Ruhe, ok?"
"Nein, nichts ist ok!", keifte ich zurück, "Was soll der Scheiß hier?!"
"Das ist meine Sache und ich muss in Ruhe darüber nachdenken.", seufzte er, "Das klingt jetzt komisch, ich weiß, aber vertrau' mir einfach. Ich bin gerade selbst verwirrt und ich kann nicht bis zum Morgen hier bleiben."
Eine kurze Pause entstand, bis ich schließlich wieder das Wort erhob: "Lea wird sich Sorgen machen."
"Ich weiß und das tut mir auch leid.", erklärte er frustriert, "Und ich will auch nicht, dass du deine Schwester anlügst."
"Na wenigstens da hast du mal Verstand.", kommentierte ich bitter, "Du willst jetzt wirklich einfach gehen ohne ihr etwas zu sagen?"

"Ja."

"Und mir willst du auch nicht sagen warum?"

"Es ist besser wenn du es nicht weißt, dann kannst du deine Schwester nicht hintergehen."

"Ich würde sie hintergehen?", fragte ich fassungslos nach, "Okay, raus damit, was ist los?"
"Das ist alles kompliziert.", erklärte Marius verzweifelt, "Und je weniger du weißt, desto besser. Ich will dich einfach nur beschützen, okay?"

Immer wieder duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt