(18) Minecraft

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"Hey!", grinste Marius, nachdem er mir die Tür geöffnet hatte und zog mich sogleich in eine kurze Umarmung, "Schön, dass du da bist."
"Sagst du noch.", konterte ich lachend und zog meine Schuhe und Jacke aus, bevor ich ihm durch den Flur folgte.
Seufzend sah Marius über seine Schulter zu mir: "Ach komm, so schlimm bist du nicht."
"Sagst du noch.", wiederholte ich grinsend und er schüttelte amüsiert den Kopf.
Zielstrebig führte er mich in ein Zimmer, welches ich ziemlich gut aus seinen Videos kannte.
"Du hast es echt schön hier...", murmelte ich schüchtern und blieb unschlüssig im Raum stehen, während Marius sich auf seinem Schreibtischstuhl sinken ließ.
Lächelnd zog er einen Zweiten heran und klopfte auffordernd auf dessen Sitzfläche: "Danke."
Vorsichtig setzte ich mich neben ihn und für einen Moment schwiegen wir uns etwas peinlich berührt an, bevor Marius sich zurück lehnte und die Arme hinter seinem Kopf verschränkte: "Irgendwie fällt mir gerade kein Gesprächsthema ein."
"Da bist du wenigstens nicht der Einzige.", lachte ich und verschränkte die Arme, "Also....hier entstehen also deine ganzen Videos?"
Etwas überrascht ließ er die Arme wieder sinken: "Du weißt das mit den Videos?"
"Marius...", fing ich ernst seufzend an, "Ich bin ein weibliches Wesen. Wir sind manchmal schlimmer als das FBI, wenn es darum geht, Sachen über Typen rauszufinden."
"Ich dachte das wäre nur bei den Typen, auf die sie stehen.", lachte er.
Oh, wie Recht du nur hast, mein Lieber....
Etwas beschämt schüttelte ich den Kopf: "Du bist der Freund meiner Schwester. Natürlich will ich alles über dich wissen."
"Soso...", schmunzelte Marius und lehnte sich interessiert nach vorn, "Also schaust du meine Videos nur wegen Lea?"

"Das habe ich nicht gesagt."

"Also?"

"Ich schaue mir die Videos auch gerne einfach mal so an.", erklärte ich, "Ich finde es echt lustig wie viel Freude du bei einem Spiel haben kannst."

"Redest du von Minecraft?"

"Neee, dem Brotsimulator."

"Oh Mist, du hast ja wirklich gründlich gesucht."

"Nenn mich Meisterdetektiv.", lachte ich und lehnte mich ebenfalls nach vorn, "Aber nein, ich habe schon Minecraft gemeint."
"Hast du schon einmal Minecraft gespielt?", verteidigte Marius sich, "Dann wüsstest du warum ich das so feier."
Verneinend schüttelte ich den Kopf und sofort schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht, während seine Hand automatisch zu seinem Computer ging: "Dann musst du das jetzt tun."
"Hilfe?", lachte ich leicht und legte meine Stirn in Falten, "Ich bin so ein absoluter Nicht-Zocker."
"Du solltest damit anfangen.", riet er mir, "Da lernt man echt interessante Leute kennen."
"Ich weiß schon.", grinste ich überlegen, "Mit wem verbringst du denn dort am meisten Zeit?"
Einen kurzen Moment überlegte Marius, während er sich zu seinem Desktop drehte: "Ich glaube Passi."

"Passi-wer?"

"Eigentlich Pascal, aber alle nennen ihn Passi."

"Klingt auf jeden Fall interessant.", äußerte ich, "Falls ich je irgendwann einen Typen, der Passi genannt wird, treffen sollte, frage ich ihn, ob er einen Marius kennt."
"Da kannst du wohl eine ganze Weile warten.", lächelte Marius beiläufig und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, bevor er das Spiel öffnete, "Passi wohnt in Berlin."
"Vielleicht kommt er dich ja mal besuchen?", schlug ich vor, "Und er wird bestimmt gerne mal Lea kennenlernen."

"Und euch gibt's nur im Doppelpack."

"Du hast es verstanden!"

"Ich weiß nicht, ob ich dich Passi zumuten kann..."

Etwas sprachlos starrte ich Marius für mehrere Sekunden an, bevor ich ihm gespielt beleidigt auf den Oberarm schlug: "Du Idiot!"
"Ist doch wahr!", verteidigte Marius sich und hob abwehrend die Hände, "Ach komm, du hättest nichts Anderes gesagt."
Gerade wieder im Begriff noch einmal zuzuschlagen, stoppte ich in der Bewegung und sah ihn geschlagen an.
1 zu 0 für dich.
"Hm.", machte ich nur und sah nun ebenfalls auf den Desktop, auf den der Startbildschirm von Minecraft zu sehen war, "Na dann erklär mal."

"Das ist ein Haus!", erklärte ich einige Stunden später, während Marius sich vor Lachen fast auf dem Boden kugelte. "Das ist ein Block.", erklärte er japsend.
Anscheinend fand er es super witzig, dass mein Gebäude eher wie ein überdimensionaler Karton, als ein Haus, aussah.
Und ich konnte das echt nicht verstehen.
Schließlich war das ganze Spiel ein einziger Block.
Während ich immer noch beleidigt Marius anstarrte, machte das Spiel hinter mir einige klappernde Geräusche und im nächsten Moment sprang das Bild merkwürdig hin und her.
"Marius, was passiert da?", fragte ich leicht panisch, was ihn nur dazu veranlasste, wieder loszulachen.

"Du stirbst gerade."

Panisch schwenkte ich die Mouse hin und her: "Was?! Wo denn?"
Dumm nur, dass ich dadurch nicht viel mehr sah, während meine Herzleiste immer weiter Richtung Tod sank.
"Jetzt bleib doch mal ruhig stehen.", fasste sich Marius wieder und rollte neben mich, bevor er seine Hand auf meine Mousehand legte, damit ich endlich mal still hielt.
Geübt sah er sich um, bevor er schließlich nach oben auf einen Baum sah, wo im nächsten Moment irgendetwas herunterfiel und der Bildschirm rot wurde.
Das war's dann wohl mit dem Leben.
"Du hättest mich ruhig retten können.", erklärte ich grinsend, bevor ich meinen Kopf drehte.
Und mich im nächsten Moment ziemlich erschrak, denn Marius' Gesicht war direkt vor meinem.
Und damit meine ich wirklich sehr direkt und nahe.
Ich wagte kaum zu atmen, so nahe war er mir, während ich ihn einfach nur anstarrte.
Seine Hand lag immer noch auf meiner und auch er sagte nichts, sondern sah mich einfach nur an.
Kennt ihr diese kitschigen Romanzen, wo sich die Protagonisten jetzt küssen würden?
Irgendwie so kam ich mir gerade vor.
Und Marius sah so aus, als würde es ihm nicht wirklich anders gehen.
Verlegend räusperte er sich kurz, bevor er seine Hand schnell zurückzog und einigen Abstand zwischen unsere Gesichter brachte.
Verlegend sah ich auf den Boden und eine peinliche Stille entstand.
Das war nicht gut...
Lösung, Nina, du brauchst eine Lösung.
"Ich bin wohl ziemlich schlecht in Minecraft...", sprach ich das Erste aus, was mir einfiel.
"Ja, bist du.", murmelte Marius und sah mich wieder an, ein leichtes Schmunzeln auf dem Gesicht, "Aber es macht Spaß dir beim Sterben zuzusehen."
"Na danke auch.", verdrehte ich die Augen und seufzte leicht, "Aber jetzt weiß ich wenigstens warum du so abgedreht bist. Du hast wahrscheinlich deutlich zu viel gespielt."

"Willst du damit etwa sagen, dass ich verrückt bin?"

"Beweis mir das Gegenteil."

Immer wieder duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt