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Langsam schleppte sich der junge Mann durch die schon etwas dunkleren Straßen. Sein schwarzes Haar hing ihm in sein Gesicht und verdeckte dieses fast vollständig. Sein ebenfalls schwarzer Mantel offenbarte ebenfalls nur seine Größe und auf seine Statur konnte man nur schließen. Von weitem schien er einen eher bedrohlichen Eindruck zu machen, doch war man im näher, so sah man wie zerschlissen sein weiter Mantel war und wie niedergeschlagen sein Gang war.

Seine schmächtige Gestalt schleppte sich langsam durch die Straße ohne ein Ziel vor Augen. Nicht darauf achtend, dass der Schwarm jeden Moment aufkreuzen könnte und sein Leben beenden könnte. Aber vielleicht war auch genau das, was er sich insgeheim erhoffte, auch wenn er diesen Gedanken noch nie bewusst gedacht hatte.

Er wusste nicht wie lange er schon sich durch die Straßen schleppte. Doch irgendwann blieb er stehen. Er war zu müde zum weitergehen.

Langsam hob er seinen Blick von dem Asphalt und sah sich um. Seine Beine hatten ihn zum Rand der Stadt getragen. In ein Gebiet, in dem er bisher nur selten war. Und auch die Straße auf der er stand, schien ihm unbekannt zu sein. Auch wenn es eigentlich eine sehr belebte Straße zu sein schien.

Noch reihte sich Hauswand an Hauswand, bis die Abstände immer größer wurden und am Ende der Straße einige Häuser mit gewaltigen Gärten standen, bis die Straße an einem Feld endete, auf dem sich die golden Ähren des Getreides sanft in dem Dämmerlicht wiegten.

Die Straße wirkte lebendig, auch wenn sie menschenleer war. Vermutlich lag das allein an den Blumen und Blumenkästen, die jedes einzelne Haus schmückten.

Das Einzige, was nicht so Recht in dieses Bild passen wollte, war das Gebäude direkt vor dem jungen Mann. Er konnte nicht sagen woran das lag, aber es strahlte etwas Wildes, Unbezähmbares aus. Es war nicht so brav und edel wie die anderen Häuser, obwohl es eigentlich denselben Baustil hatte.

Im untersten Stockwerk war eine Bar, in die man nur durch ein kleines Fenster hätte sehen können, wäre dieses nicht auch verdeckt gewesen. Lediglich eine Leuchtreklame versicherte dem jungen Mann, dass die Bar noch geöffnet sein musste.

Zögerlich steckte der Schwarzhaarige seine Hand in seine Manteltasche und tastete nach seiner Geldbörse. Schnell warf er einen Blick hinein und seufzte tief und frustriert. Er sah wieder zum Lokalschild auf. 'Zum Krähennest', stand dort in geschwungender Schrift.

Über der Schrift flatterte eine schwarze Krähe, die in ihren Krallen eine Weinranke mit einer fetten Traube trug. Und auch weitere Ranken umschlangen die Schrift und bildeten eine Art Nest. Wer auch immer dieses Schild entworfen hatte, er hatte sich damit ausreichend Mühe gegeben.

Nachdenklich betrachtete der junge Mann die Inschrift. Es schien ihm mutig in solcher Zeit sein Lokalnamen so zu belassen und nicht zu ändern. Schließlich hatten die Menschen mittlerweile Angst vor allem was schwarz war und Federn hatte. Dennoch war der Name vielleicht genau aus diesem Grund auch einfach passend.

Der junge Mann blickte zur Tür, die oberhalb ein paar Stufen thronte. Die Tür war grün- braun und erinnerte ihn an den Wald. An eine saftige Lichtung, auf der man sich so frei und mit der Natur verbunden fühlte, wie man es sonst nirgends tat. Die Messingklinke glänzte sanft in dem Schein der Laterne direkt neben der Tür, die soeben angesprungen war. Es lockte ihn diese zu benutzen und zu sehen, was sich hinter der Tür für ein Lokal verbarg.

Prüfend wog er doch etwas unsicher seinen Geldbeutel in der Hand. Er warf einen Blick zurück auf die Straße. Menschenleer und verlassen. Sofort wog sein Herz wieder schwerer und sein Blick flog zurück zu der Tür.

Er hatte die Wahl. Entweder blieb er auf der Straße und tat das weiter, was er bis eben getan hatte, oder er gab seinem Drang nach in dieses Lokal zu gehen.

Er warf einen letzten Blick auf seinen Geldbeutel, bevor er ihn wieder in seine Taschen gleiten und ihn mit einem frustrierten Seufzen dort bis zum Taschenboden fallen ließ. Was hatte er schon zu verlieren? Vielleicht half der Alkohol ihm ja endlich sein Leben zumindest für eine kurze Zeit zu vergessen.

Dass er dadurch am nächsten Tag wohl noch mehr Probleme als jetzt schon haben würde, war ihm allerdings auch klar. Doch der Wunsch für einen Moment zu vergessen, überwog in genau diesem Moment und so lief er nun die wenigen Stufen zur Tür hoch, um diese zu öffnen und ins 'Krähennest' einzutreten.

KrayenzeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt