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"... du bist also jetzt arbeitslos, hast keine Wohnung mehr, keinen Menschen an du dich wenden kannst und weißt erst recht nicht, wie du weitermachen sollst?", fasste Jimin die ganze Situation die sein Gast ihm soeben geschildert hatte zusammen.

Stumm nickte sein Gast und starrte auf den Tresen vor sich. Das kleine Shotglas stand nun zum dritten Mal geleert wieder vor ihm und glänzte still im schummrigen Licht vor sich hin.

Nachdenklich sah der junge Barkeeper seinen Gast an, der immer noch seinen Mantel trug und dessen Gesicht er durch die langen Fransen nur erahnen konnte. Seufzend lehnte er sich ein Stück vor, um vielleicht so einen kleinen Blick auf das Gesicht zu erhaschen.

"Jetzt hast du mir deine ganze Lebensgeschichte erzählt. Aber du hast mir immer noch nicht deinen Namen genannt...", stellte er fest und sah seinen Gast interessiert an.

"Warum sollte ich dir den nennen? Ich bin doch eh ein Niemand... Was bringt dir mein Namen, wenn ich vermutlich eh nicht mehr lange hier sein werde. Sieh mich doch an! Es ist egal, ob ich sterbe, oder nicht! Würden mich die Krähen verschleppen, würde es doch auch niemanden stören. Vielleicht sollte ich einfach nach draußen gehen und dort auf die Vögel warten... Dann diene ich wenigstens denen noch zum Essen und tu doch noch jemand etwas Gutes...", entkam es dem Vermummten rau.

Als der junge Barkeeper das hörte, schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht. Doch hätte der Fremde dieses Lächeln gesehen, wäre es ihm kalt den Rücken hinuntergelaufen. So viel Böses lag in diesem Blick drinnen...

Er wäre sogar bereit sich den Krähen zu opfern? Er wäre sofort ein gefundenes Fressen für diese. Ihm war schon längst eine Idee gekommen.

"Also...", Jimin lehnte sich weiter nach vorne und lächelte den Fremden an. "... ich habe einen Vorschlag für dich."

Fast unmerklich bewegte sich der Kopf des Fremden nach oben. Er zeigte schon mal Interesse, sehr gut...

"Du verrätst mir deinen Namen und dafür...", er ließ eine dramatische Pause, "... dafür verrate ich dir, wie du deinem Elend ein Ende bereiten kannst und dieser Stadt helfen kannst die ganzen Krähenschwärme loszuwerden."

"WAS?!" Der Kopf des Fremden flog nach oben und starrte den Barkeeper geschockt an.

Überrascht wich dieser zurück. Nun sah sein Gast ihn zum ersten Mal wirklich an.

Die Haare waren aus dem Gesicht gerutscht und offenbarten ein wunderschönes junges, aber auch bleiches Gesicht. Wunderschöne schwarze Augen starrten ihn an, die allerdings schon viel zu viel Leid gesehen hatten und dadurch auch gezeichnet waren. Jimin musste schlucken. Das was dieser Fremde bei ihm auslöste, hatte er noch bei keinem anderen gespürt. Es war viel mehr als Mitleid... Er konnte es nicht in Worte fassen, aber es zerriss sein Herz das Leid in den Augen des Fremden zu sehen.

"Wie kannst du durch mich dafür sorgen, dass die Stadt von dem Schwarm befreit wird?" Die Frage seines Gastes brachte ihn wieder in die Realität zurück.

"Ich... ähm... ich kenne...", er unterbrach sich selbst, da er wusste, wie unglaubwürdig er selbst klang. Er seufzte einmal.

"Also gut. Ich weiß, dass die Krähen nur wegen einer einzigen Sache hier sind. Es gibt Mythen darüber, dass die Krähen eine Königin haben und dieser treu ergeben sind. Sollte diese Königin sich irgendwo zeigen, sammeln sich die Krähen an eben jenem Ort, um der Königin zu helfen ihren unsäglichen Durst zu stillen. Ihren Durst nach Blut.", dramatisierte der junge Barkeeper geheimnisvoll.

"Und offenbar, hat sich eben diese Königin hier in der Gegend niedergelassen und giert eben nach Blut."

Mit großen Augen starrte der Fremde ihn an. "Und wann ist sie satt?"

Jimin musste schmunzeln, als er die kindliche Interesse in den Augen seines Gastes erblickte. Er beugte sich wieder zu seinem Gast vor.

"Es gibt zwei Wege wie sie gesättigt wird. Der eine Weg ist der durch das Blut, aber das ist ein langer Prozess, denn ihr Hunger nach Blut wird nie gestillt sein. Aber der zweite Weg, ist um einiges aufopferungsvoller... Eine reine Seele muss sich opfern und diese wird sie zu sich nehmen. Dann ist ihr Hunger für einige Zeit gestillt und der Schwarm wird sich auflösen."

Nach dieser Erklärung sah sein Gast nachdenklich auf den Tresen. "Du meinst, wenn ich mich dieser Königin ausliefere, könnte ich vielleicht das Dorf von der Plage befreien?"

Der Barkeeper begann zu grinsen. Der Fremde hat es verstanden. Und wenn es nicht so war, dann war er immer noch ein gefundenes Fressen für den Schwarm.

"Aber woher weißt du das? Zudem ist das so abstrus...", murmelte der Gast und sah wieder direkt seinen Gastgeber an.

Dieser musste jedoch seinen Blick senken, da dieser Hundeblick mit ihm irgendetwas anstellte, womit er selbst nicht umzugehen wusste.

"Ich... ich interessiere mich für solche Mythologie und folge dem Schwarm. Folge ihm zu den Orten, wo die Königin offenbar auftaucht, auf dass ich sie mal mit meinen eigenen Augen sehen kann. Bisher habe ich sie kein einziges Mal sehen können. Und man kann nur daran glauben. Aber warum sonst, sollten sich die Krähen in solch einer Schar sammeln?", antwortete er ausweichend.

Nachdenklich sah der Gast wieder auf den Tresen und blieb wieder stumm. Unsicher sah Jimin ihn an. Was war jetzt...?

"Also gut!" Verwirrt sah der junge Barkeeper den jungen Mann vor sich an.

"Sei es drum, ob es diese Königin gibt, oder nicht. Ich will nicht mehr so weiter machen und wenn es vielleicht hilft...", entschlossen sah dieser nun auf.

Ein wenig Unsicherheit lag dennoch in seinem Blick, aber die schien immer weiter in den Hintergrund zu treten. Jimin begann wieder zu lächeln. So naiv...

Er nahm wieder das Glas und füllte es erneut auf. Diesmal gab er unbemerkt einige Tropfen von einem Serum in den Alkohol, der diesen komplett schwarz färbte.

"Spezialdrink des Hauses gegen deinen Namen.", zwinkerte er seinem Gegenüber zu, der das Glas ohne zu Denken annahm.

"Min Yoongi...", antwortete er leise bevor er sich das Schwarze in den Rachen stürzte.

Es dauerte nur wenige Momente, bevor er zu wanken begann und von seinem Stuhl kippte. Emotionslos lief Jimin, um den Tresen und kniete sich neben ihn.

Er strich ihm die Haare aus der Stirn und betrachtete das wunderschöne, nun entspannte Gesicht. "

Hugin, Munin! Bringt ihn zum Nest!", befahl er kalt, stand wieder auf und lief durch die nächste Tür aus der Stube.

Aus einer der vielen Ecken lösten sich zwei gefiederte Schatten, die nur wenige Sekunden später neben dem Bewusstlosen landeten und sich um ihn kümmerten.

KrayenzeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt