Schweigend saßen die zwei Krähen jeweils links und rechts neben dem leblosen Körper und starrten diesen an.
"Warst du dir wirklich so sicher, dass er es ist? Jetzt siehst du, was wir davon haben!", schimpfte Hugin mit seinem Bruder.
Von dem einst attraktiven jungen Mann war nichts mehr zu erkennen. Nur noch wenige Fleischfetzen hingen an den Knochen dran und zogen sämtliche Fliegen aus der Umgebung an. Denn kaum hatte ihr König den Kreis verlassen und den toten seelenlosen Körper Yoongis zurück gelassen, hatten sich die Krähen auf diesen gestürzt und sich um das Fleisch gestritten. So sah nun auch der Boden der Lichtung am nächsten Morgen aus.
Die Glut des Feuers schwelte noch ein bisschen und der Boden war zusätzlich noch übersät von Blutflecken, Stofffetzen und ein paar wenige Fleischreste.
"Wenn ein Mensch jemals diese Lichtung sehen sollte, würde der sich auch was weiß ich denken...", murmelte Munin in Gedanken vor sich hin.
Ein wütendes Schnauben unterbrach ihn in seinen Überlegungen. "Ernsthaft? Der Mensch ist tot und du überlegst, wie dieses Bild hier auf andere wirken würde?! Was ist falsch bei dir?! Du machst dir keinen Kopf, dass er jetzt tot ist?! Ich hab gedacht, dass du auch Mitleid mit ihm hast und ihm helfen willst! Wie kann es dir jetzt egal sein, dass er jetzt tot und zerfleischt vor dir liegt?! Ach weißt du was? Du kannst dich diesmal selber darum kümmern das "Mahl" des Königs zu beseitigen! Ich verschwinde hier!"
Aufgebracht erhob sich Hugin und flatterte davon. Wortlos sah sein Bruder ihm hinterher.
Als dieser verschwunden war, sah die Krähe ein letztes Mal zu den Überresten, ehe er seufzte und sich ebenfalls in die Lüfte schwang. Doch anders als sein Bruder, schlug er die entgegen gesetzte Richtung ein.
Nach wenigen Minuten tauchte vor ihm eine Felsenwand auf, in der sich ein schmaler Spalt auftat. Ohne zu zögern flatterte er in die Dunkelheit. Aber kaum war er in dem Spalt, war er auch schon wieder draußen.
Auf der anderen Seite des Felsens offenbarte sich ein kleines verstecktes Tal, das von uralten knorrigen Eichen durchwachsen war.
Zielstrebig flog er auf den dicksten und somit ältesten Baum zu, wo er schon erwartet wurde. Seine Schwester wartete bis Munin neben ihr auf dem Ast gelandet war und sie fragend ansah.
"Wie erwartet. Er hatte die letzte Nacht kein Auge zugetan.", gab sie ihm die Auskunft.
Zögernd nickte er und warf einen Blick in Richtung Wurzelwerk.
"Und sonst?", hakte er nach und sah wieder zu seiner Schwester.
"Wir brauchen nur noch Ihn und seine Bestätigung, dass er das auch will. Ansonsten ist alles bereitet.", krächzte sie.
Munin nickte langsam. "Sehr gut..."
Er schüttelte sich und machte sich auf den Weg zu den Wurzeln des Baumes um seinem Herrn die nun wichtige Frage zu stellen, die ihm auf dem Herzen lag. "Dann mal los..."
.............
Langsam begann es im Wald zu dämmern. Die schwarzen Schatten wichen grauen, die sich auch immer mehr erhellten. Und auch die Tierwelt erwachte so langsam. Hasen hoppelten aus ihren Verstecken und auch die Rehe machten sich auf ihren Weg um Nahrung zu suchen. Der Tau benetzte ihre Felle und ließ sie trotz ihrem Fell erschaudern. Kaum eine Wolke war am Himmel zu sehen und die Verfärbung am Horizont ließ erahnen, dass schon bald die Sonne erscheinen würde.
In dem blassen Dämmerlicht flatterte ein schwarzer Vogel, eigentlich etwas zu groß für eine Krähe, zu einem gewaltigen knorrigen Eichenbaum, zu dessen Füßen eine kleine felsige Lichtung lag, durch die sich ein kleiner Rinnsal schlängelte.
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Krayenzeit
RandomShortstory~ In der Stadt geht es drunter und drüber. Krähen tauchen wie aus dem Nichts auf und greifen Menschen an. Von leichten Verletzungen bis zum Tod war alles schon dabei. Als Yoongi in diesem Chaos ein neues Lokal in einer Seitengasse entdeckt...