KAPITEL 34

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„Willst du nicht doch den Film mit schauen?", fragte mich mein Bruder, der im Türrahmen stand und mich musterte. Mit vorgeschobener Unterlippe sah ich ihn an und schüttelte mit dem Kopf. „Nein, nicht wirklich. Ich will eigentlich nur hier liegen und ..." Ich verstummte. Was genau wollte ich eigentlich damit bezwecken das ich hier nur rumlag und nichts tat?

„Komm schon, du musst dich nur auf die Couch setzen, Wein trinken und auf den Bildschirm schauen. Du musst dich nicht mit ihr unterhalten oder mit mir", versuchte es mein Bruder und näherte sich langsam meinem Bett. Es war ja nicht so dass ich heute den ganzen Tag schon nichts tue, ich war durchaus produktiv gewesen und habe all meine Schmutzwäsche in den Wäschekorb gesteckt und den ganzen rumliegenden Müll nach unten in die Küche entsorgt. Das Fenster war auf zum Lüften auf und hatte schon zwei Wespen Einlass geboten.

Morgen hatte ich geplant die Wäsche in die Waschmaschine zu stecken und vielleicht auch noch aufzuhängen.

Mir war bewusst dass es so nicht weitergehen konnte. Ich war momentan wirklich nur nutzlos und tat mir damit selber nicht gut, scheiß auf die anderen. Scheiß auf meinen Vater dessen Meinung sich über mich sowieso nicht ändern wird, scheiß auf Perry, auf Antonia. Aber ich sollte verdammt noch mal nicht auf mich scheißen.

Aber nun hatte ich damit schon angefangen und es war schwer einfach so damit aufzuhören.

„Sie hat mir versprochen dass sie dich nicht auf Perry anspricht. Oder dich überhaupt anspricht", sprach mein Bruder weiter, stand nun vor meinem Bett und schaute auf mich herunter. Warum war ihm das so verdammt wichtig? Was hatte er davon dass ich dort mit unten saß? „Das klingt so komplett strange, weißt du? Was soll sie von mir denken?", murmelte ich und schloss die Augen.

„Was soll sie schon von dir denken? Sie weiß dass es dir beschissen geht, meinst du dass es ihr niemals beschissen ging? Ich will dich nicht eines Tages aus dem Bett rauschneiden müssen weil deine Haut mit der Bettdecke verwachsen ist, okay? Komm schon." Er griff nach meiner Decke und zog sie mir weg.

Genervt stöhnend ließ ich es zu. Langsam rollte ich mich auf die Seite und schob meine Beine raus aus dem Bett, meine nackten Füße suchten Bodenkontakt und als sie den Hatten drückte ich meinen Oberkörper hoch. Mit einem ächzenden Seufzer und knackenden Knochen stellte ich mich hin, sofort hatte ich die Arme meines Bruders um mich der mich in eine Umarmung zog.

„Diese Zuneigung ist einfach widerlich", murmelte ich. Mein Bruder und ich waren uns schon immer nah, verstanden uns immer gut. Aber wenn es emotional wurde, dann wurden wir unbeholfen und wussten meist nicht wie wir miteinander umgehen sollten. Umarmungen waren Gesten die es unter uns nie wirklich gab. Mein Bruder hatte aber beschlossen das zu ändern und umarmte mich bei fast jeder Gelegenheit.

„Ich kann auch damit aufhören", schlug er vor und wollte seine Arme gerade von mir lösen, als ich schnaubte und meine Arme um ihn legte. „Nein, ist schon in Ordnung so", gab ich leise zu. Unser Vater war damals immer streng gewesen, ich wusste nicht wie es bei Kit war, aber mich hat er immer zu Recht gewiesen wenn ich zu viel an meiner Mutter geklammert hatte, wenn ich zu oft auf ihren Schoß saß. Auch hat er nie verstanden was ich immer mit diesen ganzen Blumen wollte, Jungs sollten nicht wissen wie welche Blume riecht.

Schließlich löste sich mein Bruder von mir und wuschelte mit seiner Hand durch mein Haar.

Zusammen verließen wir mein Zimmer, gingen den Flur entlang und die Treppe herunter.

Bevor wir das Wohnzimmer betraten klopfte mir mein Bruder kurz auf die Schulter und steuerte dann den Sessel an, in den er es sich gemütlich machte und seine Füße auf den Couchtisch legte, wohl bedacht darauf nicht die leeren Weingläser und die vollen Flaschen die dort standen umzustoßen.

You've been poisoned [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt