Das (unschöne) Wiedersehen

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Sie bahnten sich ihren Weg durch die engen Straßen von Paris, hielten ihre Blicke immer aufrecht. Plötzlich, wie aus dem Nichts, sah Athos eine weibliche Statur die ihm sehr bekannt vor kam. Er versuchte genauer zu erkennen, wer diese Frau war, ob er sie kennt, doch im nächsten Moment bog sie in eine Gasse ab. Ohne weiter darüber nachzudenken, gab er seinem Pferd die Sporen und ritt der Frau hinterher. Porthos war sichtlich verwundert über das unerwartete Handeln und rief seinem Freund nach, aber dieser war schneller und schon um die nächste Ecke verschwunden. Athos hatte eine schlimme Vermutung und hoffte inständig, dass diese nicht stimmte. Er ritt durch verschiedene Straßen, schaute sich um, jedoch fand er die Gesuchte nicht mehr. Nach kurzer Zeit war er in einem Hinterhof gelandet, er hatte selber keine genaue Ahnung, wie er dorthin gelangt war. Gerade als er wieder zurück reiten wollte, verschloss ihm die Frau, hinter der er eigentlich her war, den Weg. Sie stand seitlich zu ihm, hatte ein prächtiges dunkelrotes Kleid an und einen passenden Mantel in der selben Farbe, darüber gelegt. Langsam drehte sie den Kopf und Athos dachte, sein Herz würde stehenbleiben. Vor ihm stand sie. Sie. Die Frau mit tausend Gesichtern, die Frau die Menschen tötete, wie andere Fliegen, die Frau die er damals aus Paris verbannt hatte und ihr schwor sie zu ermorden, wenn sie sich hier wieder zeigen sollte... seine Frau, Milady de Winter! Der Schock war ihm ins Gesicht geschrieben und er konnte nichts sagen oder tun. Er starrte sie nur an. „Athos, welch eine Freude dich wiederzusehen." sagte Milady und drehte sich in seine Richtung. Athos war weiterhin unfähig etwas zu sagen, doch er stieg langsam von seinem Pferd, den Blick stur auf seine Frau gerichtet. „Ich merke schon, du freust dich anscheinend genauso mich zu sehen wie ich dich." erhob sie erneut das Wort und lächelte ihm Charmant zu. „Was willst du hier? Ich hatte dir gesagt, dass ich dich umbringen würde, wenn du zurück nach Paris kommst." brachte Athos nur hervor. Er war völlig aufgewühlt und ratlos, hatte gedacht, er hätte das Kapitel mit seiner Frau endgültig abgeschlossen. Er hatte sie ziehen lassen, ins Exil geschickt, ihr gesagt, sie solle Paris nie wieder betreten. Und jetzt stand sie hier vor ihm. Genauso wunderschön wie damals, aber mit genau dem gleichen falschen und hinterhältigen Blick. „Dann tu's doch. Na los, wir sind hier ganz alleine, niemand wird merken, dass du es getan hast." sagte Milady leise, während sie mit kleinen Schritten weiter auf Athos zuging. Ihr Blick schien leicht amüsiert und auch ihr Lächeln verschwand nicht aus ihrem Gesicht. Athos rang mit sich. Er konnte seine Augen nicht von ihr nehmen. Diese Frau hatte er einst mehr als alles andere auf dieser Welt geliebt und nun waren sie Feinde. Tief im inneren – auch wenn Athos dies nie zugeben wollte – liebte er sie immer noch. Ein Teil von ihm würde dies vermutlich auch immer tun, egal wer und was sie war. Und genau aus diesem Grund konnte er sie nicht umbringen. Damals nach Constance's Rettung konnte er es nicht, genauso wenig wie heute und das merkte Milady. Sie trat einige Schritte näher an ihn ran, bis sie vor ihm stand. Athos roch ihren so vertrauten Duft und seine Gedanken schwelgten kurz an die Zeit zurück, als sie glücklich in seinem Anwesen wohnten, als Comte und Comtesse de la Fére. „Du kannst es nicht." sagte Milady leise. „Du kannst mich nicht töten Athos, weil du mich liebst. Ich seh's in deinen Augen." Im selben Moment wo Milady die Worte sprach, zog Athos seinen Dolch. Sie schien leicht überrascht, wollte ihm dies aber nicht zeigen. Athos wiederum brachte kein Wort raus. Er hielt den Dolch fest in seiner Hand, welcher jedoch nicht auf sie gerichtet war. Miladys Blick wanderte von der Klinge zurück in Athos Gesicht. Ihr Blick wurde ernster. „Ich an eurer Stelle würde es nicht tun, es gibt ja einige Fragen zu beantworten, nicht wahr? Jetzt wo Noyon wieder so präsent ist." sagte sie leise. Athos Gedanken überschlugen sich. Er brauchte eine kurze Zeit um die Information zu verarbeiten, fand dann seine Stimme wieder und zischte „Was weißt du darüber?"
Milady schien dies weiterhin nicht zu stören, denn sie drehte sich galant um und antwortete nur ein charmantes „das werdet ihr noch früh genug erfahren. Aber ihr solltet mich gehen lassen, soviel steht fest." Sie lächelte ihm zu, während Athos sich keinen Millimeter bewegte und ihr nur hinterher starrte. „Bis bald Athos." sagte Milady, während sie im nächsten Moment hinter der Ecke verschwunden war. Auch Minuten später blieb Athos an genau der Stelle stehen und blickte zum Ende des Hinterhofes. Er wusste es, er wusste von Anfang an, dass Milady nicht Paris verlassen hatte und hier weiter ihr Unwesen trieb. Und je mehr er darüber nachdachte, desto sicherer war er, dass sie etwas mit Fleur zu tun haben musste. Wer weiß, welchen Floh sie ihr ins Ohr gesetzt hatte, dass Fleur jetzt so reagierte. Gerade als Athos Hirn wieder funktionierte, um Signale an seine Füße weiterzuleiten, kam Porthos um die Ecke geritten. „Herr Gott hier steckst du. Kannst du mir mal bitte sagen, was das eben war? Warum bist du einfach weg geritten?" fragte dieser und stieg von seinem Hengst ab, um näher zu Athos zu gehen. Als dieser seinen leicht schockierten Ausdruck im Gesicht beibehielt, wusste Porthos, dass etwas geschehen war. „Athos, was ist passiert?" sprach er seinen Gedanken direkt laut aus und Athos schaute ihm in die Augen. „Milady.. sie ist zurück in Paris.. und sie hat von Noyon gesprochen." sagte er leise. „Was??" rief Porthos laut aus, sodass es vermutlich die nächsten fünf Straßen mithören konnten. Athos nickte derweil nur und meinte „wenn ich mich nicht komplett täusche, hat sie auch sicherlich etwas mit Fleur zu tun. Wir müssen unbedingt zurück in die Garnison, um den anderen davon zu berichten." Somit machten sich die Beiden auf den Weg und warteten verzweifelt auf die Rückkehr von Aramis und d'Artagnan.

Im Wandel der Zeit  ||  Musketiere / MusketeersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt