Zeitdruck

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Es dauerte nicht lange, als die zwei fehlenden Musketiere durch das Tor der Garnison geritten kamen. Athos und Porthos saßen derweil im Hof am Holztisch und drehten ihre Köpfe, als sie die ihnen vertrauten Stimmen hörten. „Und?" fragte Porthos und machte seinem Freund Platz. Aramis setzte sich zu ihm und nahm ein Stück Brot von Porthos Teller, dem dies kaum zu stören schien. D'Artagnan setzte sich an die Seite von Athos und erhob das Wort. „Sie war nicht zu Hause. Zwei Damen sagten, sie sei mit ihrem Mann für ein paar Tage geschäftlich unterwegs." Jeder von ihnen merkte, wie schwer es d'Artagnan fiel, diese Worte auszusprechen. Er liebte Constance, dass wusste wohl mittlerweile ganz Paris und auch Constance selber. Nur leider war sie verheiratet und für sie funktionierte es nicht, ihr gesichertes Leben für ein unsicheres abenteuerliches Leben – wie sie es immer nannte – mit einem Musketier wegzuwerfen. Dies schmerzte d'Artagnan sehr, aber er würde um sie kämpfen. „Na wunderbar" sagte Porthos und blickte in die Runde. Aramis und d'Artagnan dachten nach, während bei Athos keinerlei Regung oder Gefühle im Gesicht zu erkennen waren. Er schien wie ausgeschaltet zu sein. Nach kurzer Zeit bemerkte Aramis den Unbeteiligten. „Ist alles okay bei dir?" fragte er diesen nun gezielt. Der Angesprochene erhob in Zeitlupe seinen Blick und schaute Aramis in die Augen. „Ist eben etwas passiert?" richtete sich d'Artagnan an ihn und drehte sich auf der Bank in seine Richtung. Auch Porthos blickte zu Athos. Als dieser immer noch nichts über seine Lippen bekam, brachte Porthos die Worte heraus: „Milady ist zurück in Paris!" Aramis und d'Artagnan verloren jegliche Gesichtsfarbe und blickten ungläubig zwischen Athos und Porthos hin und her. „Bitte sag, dass das nur ein ganz schlechter Scherz ist." erwiderte d'Artagnan und guckte zu Athos. Dieser schüttelte leicht mit dem Kopf. „Leider nicht. Ich habe sie eben in der Menge gesehen und bin ihr hinterher geritten. Irgendwann bin ich an einem Hinterhof angekommen und dort stand sie dann. Als ich ihr drohte, sagte sie, dass ich es lassen soll, da wir viele Fragen zu beantworten hätten, jetzt wo Noyon wieder so präsent ist." Die Blicke von d'Artagnan und Aramis weiteten sich. „Noyon? Jetzt fängt sie auch noch davon an." sagte ersterer kopfschüttelnd, während Aramis nachdachte. „Aber wir kennen alle Milady und wissen wozu sie in der Lage ist. Ich möchte nichts heraufbeschwören aber ich habe das dumpfe Gefühl, dass sie etwas mit Fleur zu tun hat." Athos und Porthos guckten sich nach Aramis' Aussage an, dann wieder zurück zu ihm. „Das haben wir uns eben auch überlegt. Wir müssen Fleur von ihr erzählen und sie warnen, bevor es endgültig zu spät ist." antwortete Porthos seinem Musketier Kollegen. „Ich weiß schon, wer gleich hoch erfreut sein wird, uns wieder im Gasthaus willkommen zu heißen." sagte d'Artagnan und konnte sich ein leichtes grinsen nach seiner ironischen Aussage nicht verkneifen.

Währenddessen ritt Milady zu Fleurs Gasthaus. Sie wusste, dass die Zeit nun drängte. Die Musketiere würden eins und eins zusammenzählen und ihr bald auf die Schliche kommen. Als sie das Gasthaus betrat, erblickte sie Fleur an einem der hinteren Tische, den sie gerade putzte. Sie grüßte die Gastfrau und begab sich dann zu ihrer Scheintochter. „Mama, da seid ihr ja schon wieder." sagte Fleur und ein Grinsen zog sich über ihr Gesicht. „Das stimmt, Liebling. Ich habe eben die Musketiere in der Nähe gesehen und habe ein ungutes Gefühl gehabt. Ich wollte wissen, ob es dir gut geht!" antwortete Milady. Fleur atmete tief durch, während sie ihren Lappen erneut in das mittlerweile schmutzige Wasser tränkte, auswrang und begann, damit den Tisch zu säubern. „Sie waren hier. Sie wollen unbedingt wissen, woher ich von den Geschehnissen in Noyon weiß und was meine Aussage ihnen gegenüber zu bedeuten hatte." erklärte Fleur, doch wurde von Milady unterbrochen. „Welche Aussage?" fragte sie. „Ich sagte ihnen, dass meine Rettung wohl nur eine Art Wiedergutmachung war, für das, was sie mir angetan haben." antwortete sie leiser. „Ich war eben so wütend Mama, ich habe ihnen gedroht. Ich weiß, dass das keine wohlbedachte Handlung von mir war, aber ich konnte nicht anders. Sie sagten, wenn ich ihnen nicht antworte, werfen sie mich in den Kerker und wollen dort meine Antworten." Fleur stoppte nicht mit ihrer Arbeit, sondern schrubbte weiter den Tisch sauber, währenddessen Milady neben ihr stand. „Sie wollen was? Diese Musketiere kennen vor nichts und niemandem erbarmen. Das werde ich nicht zulassen!" erwiderte sie bestimmt und in ihrer Stimme war die Wut klar herauszuhören. „Mama, ich will die Musketiere leiden sehen. Sie sind nicht die, für die ich sie gehalten hab. Ich bin mir nun sicher!" Fleur wurde, während sie die Worte leise aussprach, immer langsamer in ihrer Handlung, bis sie am Ende aufhörte. Sie starrte auf ihre Hand, welche den alten Lappen fest hielt, so fest, dass das überschüssige Wasser aus ihm herausgedrückt wurde. Milady beobachtete Fleur und konnte sich ein leichtes verschmitztes Siegeslächeln nicht verbergen. Sie hatte sie endlich soweit. „Mein Kind, wenn dies dein Wunsch ist. Los, zieh dich um, ich spreche mit deiner Gastfrau, dass du heute Abend frei bekommst, dann werden wir unseren Plan herausarbeiten." erklärte Milady so unschuldig wie sie konnte. Das sie genug Hintergedanken hatte, wusste wohl wieder nur sie selber. Während Fleur nach oben lief und ihrer angeblichen Mutter vertraute, machte diese sich auf dem Weg zur Gastfrau. „Kann ich euch helfen?" fragte diese und schaute ihren Gegenüber an. „Ihr gebt meiner Tochter heute Abend frei, ich werde für Ersatz sorgen." Die Frau beäugte Milady mit mürrischem Blick und sagte „Aha, und das soll ich euch also glauben? Eure Tochter ist hier bei mir angestellt und ich werde ihr heute nicht freigeben, sie kann nicht kommen und gehen wann sie will." Doch während die Gastfrau sich noch entrüstete, erhob Milady einen kleinen Dolch und hielt ihn der Frau kaum sichtbar vor den Bauch. „Ihr werdet meine Tochter gehen lassen. Ich komme euch sogar entgegen, indem ich euch Ersatz besorge. Also tut besser was ich sage, bevor ihr bald völlig unfähig seid das Gasthaus zu führen." erwiderte sie verdächtig leise und schaute die Frau mit eiskaltem Blick an. Diese nickte nur leicht und atmete erleichtert aus, als Milady den Dolch wegsteckte und Fleur erneut im Raum erschien. „Komm Fleur, es ist alles geklärt." lächelte Milady ihr zu und Fleur nickte leicht. „Vielen Dank Madame, ich werde meine Pflichten morgen wieder wie gewohnt entgegen nehmen." sagte sie an ihre Gastfrau gerichtet und knickste ihr leicht zu. Diese nickte nur gezwungen und machte eine abweichende Handbewegung. Man merkte ihr an, dass sie einfach wollte, dass Fleur und Milady verschwinden, damit sie nicht mehr anrichteten. Die beiden gingen durch Paris und entschieden sich, außerhalb der Stadt einen Plan zu überlegen, so mussten sie keine Angst haben, von den Musketieren überrascht zu werden. 

Im Wandel der Zeit  ||  Musketiere / MusketeersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt