Erkenntnisse und Überlegungen

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Die beiden mochten eine halbe Stunde weg gewesen sein, da tauchten die vier Musketiere bei dem Gasthaus auf. Als sie es betraten, wirkte alles normal, nur die Gastfrau schien etwas durcheinander. „Seid gegrüßt Madame, tut uns leid, dass wir euch erneut stören, aber könnten wir bitte noch einmal mit Fleur sprechen, es ist von enormer Wichtigkeit." rasselte Athos runter. Die ältere Dame schaute ihn nur an. „Sie ist nicht hier. Sie hat heute den Rest des Abends frei bekommen, auf Wunsch ihrer Mutter." antwortete sie und fügte in leiserem Tonfall bei „seitdem dieses Kind hier ist, gibt es nur Stress." Bei allen Vier begann es im Kopf zu rotieren. Mutter? Fleur hatte seitdem sie hier war, kein einziges Wort über ihre Mutter verloren. Jetzt kreuzte Milady auf und erzählte, wie Fleur davor, von Noyon. Kaum einer konnte manipulativer sein. Den Musketieren wurde es immer klarer. „Wir hatten recht. Milady hat Fleur auf ihre Seite gezogen. Sie benutzt sie für sich." sprach Aramis den Gedanken aus, den wohl jeder hatte. Die anderen drei nickten auf seine Aussage. „Habt Dank Madame, ihr habt uns gerade wirklich sehr weitergeholfen." sagte Porthos der Gastfrau und die Vier verließen die Stube so schnell, wie sie diese zuvor betreten hatten.
„Wir müssen sie suchen, sie finden bevor es zu spät ist!" meinte d'Artagnan und wollte sich auf sein Pferd setzen als Athos ihn aufhielt. „Halt, warte. Es bringt nichts sie in ganz Paris zu suchen. Selbst wenn wir sie finden sollten, hat Milady sie mittlerweile so manipuliert, dass sie uns nicht mehr glauben wird. Wer weiß, welche Flausen sie ihr noch in den Kopf gesetzt hat. Sie wollen uns leiden sehen, aus welchen Gründe auch immer. Aber wir werden vorbereitet sein. Das Einzige was wir jetzt machen müssen, ist uns auch einen Angriffsplan zu überlegen, zu warten bis wir von ihnen gerufen werden und dann zu hoffen, dass alles für uns positiv verläuft." Die Musketiere schienen zu überlegen, doch gaben Athos recht. Es war sehr plausibel was er erzählte, so hätten sie die besten Chancen. Sie könnten sich nur vorbereiten, denn im Endeffekt wussten sie nicht, was Milady und Fleur vor hatten. Waren sie nur zu zweit oder hatten sie mehr Männer zur Verfügung? Wen hatten sie alles eingeweiht? Vermutlich wieder den Kardinal, der die Musketiere schon seit langem tot sehen wollte? Es waren alles Fragen, die sie jetzt nicht beantworten konnten, aber hoffentlich in naher Zukunft. So ritten sie im Schweigen zurück zur Garnison.

Der Abend war mittlerweile angebrochen und die Kadetten saßen im Hof und aßen ihr Mahl. Athos, Porthos, Aramis und d'Artagnan hingegen, liefen, nachdem sie angekommen waren, zu Trevilles Arbeitszimmer hoch, um ihm die neuen Erkenntnisse mitzuteilen. Als sie den Raum betraten, saß er hinter seinem Schreibtisch und las einen Brief durch. Es schien kein besonderer zu sein, denn Trevilles Blick war eher gelangweilt als interessiert. Nachdem seine Musketiere sich vor seinen Schreibtisch gestellt hatten, legte er den Schriftzug weg und schaute die Männer an. „Und?" fragte er und hoffte auf eine erfreuliche Antwort. „Wir vermuten zu wissen, was mit Fleur geschehen ist und was als nächstes passieren wird." antwortete Aramis und blickte seinem Hauptmann in die Augen. „Ja und weiter?" fragte er erneut, etwas ungeduldiger. Er wollte ihnen schließlich nicht alles aus der Nase ziehen. „Wir waren bei Fleur im Gasthaus. Sie wurde unverschämt und hat uns sogar gedroht. Als wir gegangen sind, habe ich Milady de Winter gesehen. Sie machte Anspielungen auf Noyon und dass ich sie nicht umbringen sollte, da es noch Fragen zu beantworten gibt. Als wir daraufhin erneut zu Fleur ritten, erzählte uns die Gastfrau, dass ihre Mutter dort war und Fleur für den Rest des Abends freibekommen hat." erklärte Athos. Treville hörte gebannt zu und ging sich dabei leicht durch den Bart. „Fleur hat in unserem Beisein allerdings nie etwas von ihrer Mutter erzählt. Deshalb haben wir nach einigen Überlegungen für uns festgestellt, dass Fleurs angebliche Mutter Milady sein muss, die sie manipuliert hat, um uns ein für alle mal auszuschalten." beendete Porthos die Erklärung. Treville strich sich weiter über seinen Bart und sagte erst einmal nichts. Mit diesen Informationen hatte er nicht gerechnet, vor allem nicht mit der, dass Milady de Winter wieder in Paris sei. Er wusste was beim letzten Mal geschehen war und er wusste auch, dass Athos ihr das Ultimatum gestellt hatte, sie zu töten, wenn sie wieder in hier erscheinen würde. Und nun war sie zurück, brachte Athos Welt damit ins Wanken und stachelte ein unschuldiges junges Mädchen gegen eine ganze Garnison an, gegen die Musketiere des Königs. „Denkt ihr, der Kardinal weiß etwas von den Plänen? Immerhin hat sie damals mit ihm zusammengearbeitet?" fand Treville nach einer gefühlten Ewigkeit seine Stimme wieder. „Ich denke nicht, dass der Kardinal sich noch einmal auf Milady einlassen wird, vor allem nicht nachdem, was damals passiert ist. Er ist wohl fertig mit ihr." antwortete d'Artagnan darauf und hatte selber Szenen vor seinen Augen ablaufen, als Milady ihn, als er gerade in Paris ankam, für ihre Zwecke manipulieren und ihn dazu bringen wollte, die Musketiere zu töten. Er wurde jedoch aus seiner Gedankenwelt gerissen, als Treville wieder das Wort erhob. „Wo ihr Recht habt. Es wird wohl niemand wissen, was Milady geplant hat. Was habt ihr nun vor?" fragte er. „Wir werden warten. Wir gehen davon aus, dass wir irgendwann ein Zeichen bekommen werden, dass es soweit ist und dann müssen wir bereit sein. Ob wir wollen oder nicht." antwortete Athos und schaute seinen Hauptmann an. Dieser nickte daraufhin und stand von seinem Stuhl auf. Er stützte sich auf seinem Schreibtisch ab und schaute die Musketiere an. „Braucht ihr Unterstützung?" stellte er eine erneute Frage an seine Männer gerichtet. „Ich denke, wir werden es allein schaffen. Es wäre außerdem nicht gut, die Anderen unschuldig mit in diese Misere zu ziehen, wenn sie offensichtlich nur uns haben wollen. Es wäre aber wohl vermutlich von Vorteil, wenn wir zwei bis drei Kadetten dabei hätten, die die Lage von außerhalb überwachen. Sollten es doch zu viele Männer sein oder die Lage aussichtslos erscheinen, könnte einer die restlichen zur Hilfe holen." erklärte Athos, worauf Treville nickte, sich vor seinem Schreibtisch hinstellte und nun auf Augenhöhe mit seinen Musketieren war. „Vermutlich habt ihr Recht." erwiderte er. „Ich würde sagen, dass ihr jetzt runter geht und mit den anderen esst, damit es nicht ganz auffällig ist, dass ihr nur eure eigenen Aufgaben macht und euch bei mir rück meldet. Danach überlegt ihr euch einen Plan und geht schlafen. Wenn morgen wirklich schon etwas kommen sollte, möchte ich euch nicht im Kampf wegen Müdigkeit verlieren." erklärte er weiter und konnte sich am Ende sogar ein leichtes Lächeln abringen, was ihm die vier Gegenüber gleich taten. Danach verließen sie den Raum und begaben sich, wie Treville es ihnen angeordnet hatte, zu den Musketieren und Kadetten an den Tisch zum Abendbrot. Viel gegessen hatten sie nicht. Eher gingen sie ihren Gedankengängen nach oder sprachen über mögliche Ideen. Aber auch das konnten sie nicht zu auffällig machen, damit sie die Anderen nicht hörten und mögliche Konsequenzen davon trugen. Es dauerte nicht lange, bevor sich die vier in ihre Zimmer verabschiedeten.

Im Wandel der Zeit  ||  Musketiere / MusketeersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt