Kennenlernen

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Kurze Anmerkung: Diese FF handelt von der Serie und spielt nach der ersten Staffel. Jedoch habe ich einiges an den Zeiten verändert, wie man hier in dem Kapitel merken wird.
Nehmt mir meine Freiheiten bitte nicht zu übel ;)

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Fleur hatte sich mittlerweile gut im Gasthaus eingearbeitet. Die Atmosphäre war zwar etwas steinig, doch es erging ihr hier tausendmal besser als bei Madame Dupois. Sie hatte für ihre Verhältnisse ein großes Zimmer, welches im ersten Stock, am Ende des Flures war. Es beinhaltete ein Bett, mit weicher Decke und ebenso weichem Kissen, einem Tisch, auf dem sie die Kette ihrer Mutter und den Rosenkranz legte und einem Schrank, indem sie ihre Kleidung aufbewahren konnte. Sie bekam Frühstück und Abendessen und durfte am Wochenende sogar das Gasthaus für ein paar Stunden verlassen. Zu dieser Zeit schwirrte sie meistens durch die Straßen von Paris und schaute sich die große Stadt genau an. Am Louvre hatte sie eines Tages Porthos und d'Artagnan getroffen und einige Worte mit ihnen gewechselt. Sie konnte nicht leugnen, dass sie die Vier manchmal vermisste.

An einem sonnigen Samstagnachmittag, hatte sich Fleur auf den Weg zum großen Marktplatz gemacht. Sie wollte sich dort umschauen und ein paar Besorgungen für das Gasthaus erledigen. Fleur war wie in Trance, als sie plötzlich gegen jemanden lief. Sie erschrak und wandte sich direkt zu der Person. Es war eine Dame, Mitte bis Ende dreißig mochte sie gewesen sein. Lockige Strähnen umrahmten ihr Gesicht, während der Rest ihrer Haare zu einem Zopf gebunden waren. Ihr Kleid war in einem dunklen grün versehen, welches perfekt zu ihren braunen Augen passte. Es schien viel Wert zu sein, denn es war mit kleinen Perlen an der Korsage und den Ärmeln bestickt. Fleurs Blick glitt wieder nach oben und sie merkte, dass die Dame sie ungläubig anschaute. „Entschuldigt Madame, ich habe euch nicht gesehen. Ich hoffe ihr verzeiht mir mein unangenehmes Benehmen." brachte Fleur kleinlaut heraus. Aber die Frau schien ihre Worte gar nicht mitbekommen zu haben, denn sie starrte sie weiter an. „Fleur? Bist du es?" fragte die Dame nach kurzer Stille leise. Fleur wusste nicht mit dieser Direktheit umzugehen und war unsicher was sie sagen sollte. „Ja, die bin ich. Und mit wem hab ich es zu tun?" antwortete sie und stellte im selben Atemzug die Gegenfrage. Sie blickte eindringlich in die Richtung der Angesprochenen. Diese machte, wie aus dem Nichts, einen Satz nach vorne und fiel ihrer Gegenüber um den Hals. Fleur war völlig durcheinander und wusste nicht was sie tun sollte. Sie vernahm ein leises Schluchzen und eine heisere Stimme die einen Satz hervorbrachte, den Fleur nie gedacht hätte zu hören. „Fleur ich..ich bin Viviane..deine Mutter!"
Fleur schien jegliche Farbe aus dem Gesicht zu verlieren und auch ihre Gesichtszüge fingen an, komplett zu entgleiten. Viviane ließ sie los und postierte sich wieder vor ihr. Fleur stand dort mit offenem Mund und betrachtete die Frau vor sich noch genauer. Wie konnte sie einfach solch eine Aussage tätigen? Wusste sie denn gar nicht, was sie für ein Gefühlschaos in ihr los trat? Sie merkte, wie sich ihre Augen langsam mit Tränen füllten. „Ich weiß, dass mag für dich jetzt sehr ungläubig wirken, aber ich bin es wirklich!" riss sie Fleur aus ihren Gedanken. „Hört auf so etwas zu behaupten! Meine Mutter ist tot!" erwiderte diese und ihre Mimik war steinern, während sie Viviane weiterhin musterte. „Bitte Fleur. Mein wunderschönes Kind, du musst mir glauben." versuchte diese zu drängen. „Wollen wir uns dort zu dem Brunnen setzen? Ich kann dir das alles erklären, versprochen." sprach sie und schaute Fleur mit sanftem Blick an. Diese willigte, trotz innerer Skepsis, nach kurzer Bedenkzeit ein und die beiden verließen den Marktplatz. Sie gingen ein paar Meter, bis sie an dem Brunnen angekommen waren und setzten sich auf den Rand. Eine Zeit lang sagten sie gar nichts. Viviane wollte Fleur etwas Raum für ihre Gedanken geben, da sie wusste, wie sehr sie das Mädchen überrumpelt haben musste. „Ihr seid also meine Mutter. Warum sollte ich euch glauben, dass ihr es wirklich seid? Und wo wart ihr die ganzen Jahre? Ich dachte ihr seid tot. Ihr habt mich jahrelang hängen lassen, warum meldet ihr euch jetzt erst? Woher wisst ihr überhaupt, dass ich es bin?" sprudelte es nur so aus Fleur heraus und damit durchbrach sie die Stille. Viviane neben ihr schaute sie an, erwiderte nichts. Sie betrachtete jede Gestik, jede Mimik von Fleur und man sah, dass sich ab und zu leichtes Glück in ihren Augen widerspiegelte. Sie wartete bis die Fragen beendet waren und nahm tief Luft. „Nun, erstens musst du wissen, dass ich keinerlei Ahnung hatte, dass du noch lebst. Aber ich hatte immer die Hoffnung und habe jeden Tag gebetet, dass ich dich irgendwann finde." Viviane nahm ihre Hände, was Fleur kritisch beäugte. „Es tut mir leid, dass ich dich eben so bloßgestellt habe, aber ich wusste direkt dass du es bist. Dein Gesicht, du siehst genauso wunderschön aus wie damals." beendete Viviane ihre Erzählung, während sie mit zwei Fingern über Fleurs Wange strich. Trotzdem schien Fleur weiterhin Misstrauen in sich zu tragen und nicht überzeugt zu sein. „Ihr habt meine Fragen nicht beantwortet." erwiderte sie auf das Gesagte und ihr Blick war weiterhin starr. Viviane sah Fleur mit einem Lächeln an, welches diese nicht recht zu deuten wusste. „Dein Name ist Fleur Fournier. Du bist am 17 Juli, an einem wundervollen Sommertag zur Welt gekommen. Die ersten drei Jahre mit dir waren die Schönsten die ich je erleben durfte. Auch wenn die Zeit nach dem Tod deines Vaters hart war, warst du mein Wille zu kämpfen, du hast immer wieder Licht ins Dunkle gebracht. Auch die Zeit bei Madame Mallaury war eine gesegnete." erklärte Viviane. Fleur beobachtete sie weiter, ihre Skepsis schwand von Wort zu Wort. „Am Bauchnabel hast du ein Muttermal. Es ist Erbsengroß. Genau so eins hatte dein Vater auch." Fleurs harte Mimik wandelte in eine geschockte um. Es stimmte. Sie hatte ein Muttermal direkt am Bauchnabel und dies hatte kaum jemand gesehen. Fleur merkte, wie sich in ihren Augen erneut Tränen sammelten. Trotzdem hatte sie Restzweifel. Sie wuchs in der Meinung auf, dass ihre Mutter starb, als sie 3 Jahre alt war und jetzt stand sie hier angeblich vor ihr. „Ich weiß, dass du das hier alles bestimmt nicht wirklich glauben kannst. Aber Fleur, ich gebe dir alle Zeit die du brauchst. Du kannst mich alles fragen, alles was du wissen willst. Wir können es ganz langsam angehen. Nur sollst du wissen, dass ich der glücklichste Mensch der Welt bin, dich endlich wieder gefunden zu haben." versuchte ihr Viviane noch einmal ins Gewissen zu reden. Fleur merkte, dass ihr bei diesen Worten eine Träne über die Wange lief. Ihre Zweifel verflogen immer mehr. Mittlerweile war sie fast überzeugt, dass wahrhaftig ihre Mutter vor ihr saß. Doch auch wenn sie Glücksgefühle verspürte, stellte sie sich noch eine Frage. „Was ist damals mit dir passiert? Meine Gastfrau erzählte mir du seist tot. Warum bist du es nicht?" Viviane blickte Fleur an, wandte ihren Blick dann nach vorne und sie schaute auf den Boden. Sie holte Luft und begann zu erzählen. „Ich war damals damit beauftragt worden, in den Wäldern von Noyon frische Lebensmittel an die Bürger zu verteilen, die sich gegen den König stellten und somit im Krieg gegen die Musketiere und auch der roten Garde waren. Diese sahen mich anscheinend als einen ihrer Feinde und nahmen mich gefangen. Sie brachten mich und viele Andere an einen Ort den ich nicht kannte und wollten uns alle umbringen, aber ich habe es geschafft zu entfliehen. Ich war schwer verwundet und wurde in einem Kloster aufgenommen. Sie brauchten lange um mich wieder gesund zu pflegen. Das schlimmste war, dass ich anfangs keinerlei Erinnerungen hatte. Diese kamen erst über Monate zurück. Als ich endlich klar und gesund war, machte ich mich sofort auf den Weg zu dir. Aber als ich ankam war Madame Mallaury tot und du verschwunden. Ich hatte keinen Anhaltspunkt mehr, suchte zwar überall, aber fand dich nirgendwo." Von Viviane's Auge löste sich eine Träne und sie schaute zu Fleur hoch. Diese hatte in ihrem Kopf ein großes Durcheinander. Die Musketiere hatten vielleicht ihre Mutter entführt, versucht sie umzubringen und waren es somit Schuld, dass sie in diesen Qualen aufwachsen musste? Nach kurzer Zeit erhob Fleur die Stimme erneut und fragte leise „Und mein Vater? Ist er wirklich kurz nach der Geburt gestorben?" Viviane nickte leicht. „Ja, er war damals auf einem Ausritt in ein anderes Dorf. Dort geriet er, wie mir erzählt wurde, in einen Streit. Er wurde erschossen, vom Hauptmann der Musketiere!" Fleur hatte das Gefühl jemand ziehe ihr den Boden unter den Füßen weg. Das konnte nicht sein, sie hatte die Musketiere kennengelernt. Jeder Einzelne von ihnen war nett auf seine eigene Art und Weise und nun sollte jemand von ihnen ihren Vater ermordet haben? Und ihre Mutter entführt und den Versuch unternommen zu haben, sie umzubringen? Bevor Fleur sich weiter darüber den Kopf zerbrechen konnte, wollte sie sich vorher vergewissern, ob es wirklich Musketiere waren und wenn ja, wer diese Männer waren. Vielleicht waren diese Übeltäter mittlerweile gar nicht mehr im Regiment. Sie hatte große Hoffnung bestimmte Namen nicht zu hören. „Du weißt nicht zufällig wer dir dies angetan hat?" fragte sie zögerlich, ihr Inneres mit Angst gefüllt. Viviane's Blick senkte sich wieder langsam Richtung Boden. „Es waren die Unzertrennlichen der Musketiergarde, Athos, Porthos und Aramis." Fleur hatte das Gefühl, ihr Herz zersprang in tausend Teile. Das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht wahr sein. Sie hatte die drei Musketiere gern, sie hatten sie gerettet und jetzt sollten sie ernsthaft ihrer Mutter solche Qualen angetan und ihr selbst damit das schlimmste Leben bereitet haben? Nein, das konnte sie nicht glauben und wenn es so war, musste sie es von ihnen hören. Sie brauchte Antworten und das von den dreien höchstpersönlich. Mit einem Schwung sprang sie vom Brunnenrand und drehte sich zu Viviane. Diese schaute Fleur fragend an. „Ich werde zu ihnen gehen. Ich will es aus ihrem Mund hören. Ich will von ihnen hören, dass sie dir so etwas angetan haben." presste Fleur mit zusammengebissenen Zähnen heraus. „Kennst du sie etwa?" hakte Viviane nach und Fleur nickte leicht. Sie war im Begriff zu gehen, doch Viviane hielt sie fest. „Sie werden es dir nicht sagen. Es sind damals sehr viele Musketiere, Rotgardisten und Aufständische ums Leben gekommen. Niemand redet über dieses Ereignis, es wird tot geschwiegen. Wenn du es wissen willst, musst du das Ganze anders angehen. Und du darfst ihnen nicht sagen, dass du es von mir weißt. Wenn sie wissen, dass ich lebe, nachdem ich damals geflohen bin, lande ich womöglich noch am Galgen." erklärte sie ihr. Viviane erntete einen frusteten Blick von Fleur. Sie wollte das Ganze aber nicht anders angehen. Sie wollte Antworten und das so schnell wie möglich und das sah Viviane. Sie wusste, dass sie es ihrer Gegenüber nicht ausreden konnte. Trotz allem konnte Fleur nicht einfach in die Garnison platzen und den Musketieren eine solche Tat unterstellen und dies erklärte sie ihr auch. Trotzdem brannte Fleur diese Frage auf den Lippen und sie musste sie so schnell wie möglich loswerden. Ob sie es nun durfte oder nicht.

Im Wandel der Zeit  ||  Musketiere / MusketeersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt