mental Breakdowns

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Okay ab hier hat eigentlich nichts mehr mit dem Trauma zu tun, allerdings habe ich es rausgefunden, während ich wegen meines Traums in Therapie war.

Schon als ich klein war bin ich, nachdem wir über einen längeren Zeitraum Besuch hatten, irgendwann heulend zusammen gebrochen. Das blieb auch weiterhin bis heute so. Ich habe einen älteren Bruder (nur eineinhalb Jahre), der so extrovertiert ist, dass man gar nicht glauben kann, dass so ein Mensch existiert. Er ist der absolute Hammer, ich liebe ihn wirklich vom ganzen Herzen und er war immer eine Art Vorbild für mich. 

Durch ihn habe ich bemerkt, dass man es im Leben viel einfacher hat, wenn man extrovertiert und einfach immer gut drauf ist. Ich war immer ein Mensch der versucht hat, Eigenschaften, die ich an anderen Menschen beeindruckend fand, zu übernehmen. 

Ich wurde aufgeschlossener, fröhlicher, redete mir Selbstbewusstsein ein und wurde so auch zu einem Menschen, der mit allen gut klarkam. Allerdings wurde auch meine Breakdowns immer häufiger. Ich nahm das alles nicht Ernst und dachte, dass das alles an der Pubertät und den Hormonen liegt. Irgendwann gehörten diese Breakdowns, die ich vielleicht so alle 3-4 Wochen einmal hatte, einfach zu mir und ich akzeptierte als ein Teil von mir. 
Ich suchte mir Freunde, die genau so aufgedreht waren wie ich und hatte irgendwann, dass Gefühl endlich zu wissen wer ich bin. 

Mein Bruder machte ein Jahr vor mir sein Abitur und ging dann ins Ausland. Als er weg war bemerkte ich die Stille die er zu Hause hinterlassen hatte und versuchte automatisch und vor allem unterbewusst diese Stille sofort zu füllen. Normalerweise, konnte ich mich zu Hause immer zurück ziehen und so Energie tanken, doch plötzlich musste ich auch zu Hause die aufgedrehte Lisi sein, die ich auch mit meinen Freunden war. 

Die Breakdowns wurden immer mehr. Ich brach auch in der Schule, mitten im Unterricht plötzlich zusammen, ging dann aber immer schnell auf die Toilette, sodass es keiner mitbekam. Die Breakdowns wurden aber nicht nur von der Häufigkeit (mind. einmal pro Woche), sondern auch von den Gedanken immer schlimmer. Früher war es nur der Gedanke daran, wie schwach ich mich fühlte, dass ich einfach keine Kraft mehr hatte. 
Nun bekam ich auch Gedanken in denen ich mich selber fertig machte. Ich sagte mir immer wieder, dass ich doch gar kein Recht hätte mich so zu fühlen. Dass ich eine tolle Familie habe und es anderen Menschen viel schlimmer ginge. Ich verletzte mich auch häufig selber, hatte sogar Suizid Gedanken. Wann immer ich im Bus stand, nach der Schule nach Hause fuhr und wir wie jeden Tag dieselbe Brücke überquerten, wollte ich einfach nur springen und allem entkommen. Allerdings hielt mich der Gedanke an meine Familie zurück. 

Irgendwann war es so weit, dass ich Angst vor mir selbst hatte. Ich verstand zu dem Zeitpunkt noch nicht, warum ich mich so fühlte. Alles was ich oben bereits geschrieben habe, wusste ich in dem Moment noch nicht. 

Zu meinem Glück, war ich zu dieser Zeit wegen meines Traumas sowieso in Therapie also sprach ich das Thema an. So fand ich raus wie all diese Gedanken und diese Breakdowns zustande kamen. Ich dachte auch nach den Therapiestunden viel darüber nach und bemerkte, dass meine beiden besten Freunde auch einer der Gründe waren, warum ich mich so fühlte. 

Ich beschloss zu versuchen mich zu verändern. Darauf zu hören, was ich brauche, was mir gut tut. Ich wollte allerdings nicht einfach meine Freunde vor den Kopf stoßen.

Ich verabredete mich also mit ihnen und sagte, dass ich mit ihnen reden müsste. Wir hatten uns kurz davor schon wegen eines Missverständnisses gestritten und ich wollte einfach nicht, dass sich das wiederholt. Also erklärte ich ihnen alles und stellte klar, dass wann immer ich still sein würde oder ich mich veränderte oder einfach nur anders verhielt, dass es nichts mit ihnen zu tun hatte. In dem Moment hatte ich, dass Gefühl als ob sie mich nicht wirklich ernst nehmen würden aber ich hatte alles getan um unsere Freundschaft in dieser Sache zu beschützen, also dachte ich nicht weiter darüber nach. Die nächste Zeit war und ist immer noch sehr anstrengend. Ich muss mich ständig selbst beobachten, mich selbst zurückhalten.

Mit der Zeit bemerkte ich, dass ich nicht mehr wirklich zu meinen Freunden passte. Ich war immer diejenige gewesen, die irgendwelche Ideen gehabt hatte, diejenige, die die anderen aktiviert hatte dies oder jenes zu tun. Ich bemerkte sehr schnell dass das einer der Hauptgründe war, warum ich so schnell wieder Breakdowns bekam, also hielt ich mich dementsprechend zurück. Man konnte förmlich sehen wie unsere Freundschaft plötzlich auseinander brach. Die beiden konnte gefühlt nichts alleine auf die Beine stellen und da ich mich nach wie vor aus Selbstschutz zurückhielt, hockten wir nur nutzlos aufeinander rum. Meine eine Freundin (ich nenne sie jetzt mal Lisa) stritt sich plötzlich mit der anderen (Samira). Samira und ich waren immer die allerbesten Freunde gewesen aber plötzlich bemerkten Lisa und ich, dass Samira uns die ganze Zeit gegeneinander ausgespielt hatte. Der einen erzählte sie Lügen über die andere und sorgte dafür, dass wir niemals soooo gut miteinander befreundet waren wie wir es beide mit Samira waren. Wir versuchten mit Samira zu reden, wobei aber Lisa nicht so bemüht um die Freundschaft mit Samira war, wie ich. Im Endeffekt ging unsere Freundschaft mit Samira in die Brüche und nur noch Lisa und ich waren übrig. 

Lisa ist ein Mensch der immer so tut als würde er nichts alleine hinkriegen und im Endeffekt ist er der beste von allen. Sie ist immer so, dass sie sich selbst runter macht und ich wahnsinnig viel Energie da reingesteckt habe, dass sie sich besser fühlt, obwohl ich immer dass Gefühl hatte, als ob sie mir nicht zuhört. Das habe ich am Anfang nicht verstanden und erkannt, doch das hat sich diesen Sommer geändert. Lisa und ich haben viel Zeit miteinander verbracht. Obwohl meine Breakdowns eine zeitlang immer weniger wurden, häuften sie sich wieder an.

Lisa und ich waren im Sommer mit einer Freundin von ihr auf einem Festival. Dort kam bei mir alles hoch. Lisa wollte eigentlich immer Linguistik studieren, ich tendierten zu Psychologie, wo ich später in die Forschung gehen wollte. Immer wenn ich Lisa irgendwas zu dem Thema erzählte, war sie noch nicht mal im Ansatz interessiert und man merkte noch während man redete, dass sie über irgendwas anderen nachdachte und gar nicht zuhörte. 

Ich habe im Endeffekt, trotz meines Traumas und allem was drum herum in der Abitur Zeit passierte ein 1,4 Abi bekommen, worauf ich wirklich stolz bin. Dennoch wird es schwierig sein mit diesem Schnitt einen Studienplatz zu bekomme, vorallem wenn ich in Berlin studieren möchte, was schon immer mein Traum war. 

Lisa hingegen hat, obwohl man während der Schulzeit fast schon das Gefühl hatte dass sie durchfällt, da sie immer so ein Drama um alles gemacht hat ein 1,1 Abi.

Ich habe ihr oft erzählt wie gerne ich in Berlin studieren würde und wie sehr ich Angst habe mit meinem Schnitt nicht für Psychologie angenommen zu werden. Sie sagte nie etwas dazu.

Dann auf dem Festival erwähnt sie plötzlich gegenüber ihrer anderen Freundin, dass sie ja in Berlin für Linguistik und Psychologie angenommen wurde. Ich war komplett verwirrt.

1. hatte sie nie erwähnt, dass sie sich überhaupt beworben hat
2. sowas erzählt man doch seiner angeblich besten Freundin
3. seit wann Psychologie? Sie hatte mir sogar mal davon abgeraten das in Berlin zu studieren, da nach ihren Aussagen die Fakultät dafür nicht gut sein.

Tja Verwirrung wurde zu Wut, Wut wurde zu Enttäuschung und Enttäuschung wurde wiederum zu Selbsthass. Es war als würde es mir wie Schuppen von den Augen fallen.

Plötzlich bemerkte ich, dass ich ihr die ganze Zeit eigentlich egal war, dass sie mich nie fragte wie es mir ging, auch wenn es offensichtlich war dass es mir scheiße ging. Ich war ihr einfach komplett egal.

An dem Abend hatte ich wieder so ein extremes mental Breakdown wie ich es schon lange nicht mehr hatte. Ich entfernte mich schnell von Lisa und ihrer Freundin und brach komplett mitten auf einem Platz zusammen. Irgendwann wurde ich einfach von beiden Seiten umarmt. Es waren eine junge Frau und ein junger Mann die mich davor noch nie zuvor gesehen hatten, aber dennoch für mich da sein wollten. Ich den beiden wichtiger als meiner eigentlichen besten Freundin. 

Als ich wieder zu Hause war, brach ich den Kontakt zu Lisa komplett ab und ich fing an mich zu fragen ob alles, was sie über Samira gesagt hatte wahr war. Ich weiß es immer noch nicht.

Fakt ist, dass ich gerade komplett alleine bin. Ich habe niemanden mehr außer meiner Familie.
Tut mir echt leid, dass das hier eigentlich nur ein Kapitel über meine kaputte Freundschaft ist aber im Endeffekt, wäre es wahrscheinlich gar nicht so weit gekommen, wenn ich nicht beschlossen hätte, alles um mich herum bewusster wahrzunehmen. Darauf zu achten was mir gut tut, wovon ich mich besser fernhalten sollte.

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