Innerlich brodelte ich vor Wut, während ich Nellys Gemächer verlies. Den Abend hatte ich so schön geplant gehabt, um mich bei Nelly wieder gut zu stellen. Doch das alles war jetzt umsonst gewesen. Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte ich meinen Frust an einer Wand ausgelassen. Nur ein Schlag mit voller Wucht würde genügen, um mich wieder halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. Doch damit würde ich vermutlich die kleine Hexe verängstigen, die mir auf den Fuß folgte und dass wollte ich auf jeden Fall vermeiden. So musste ich mich wohl oder übel mit dem rückmischen ballen meiner Fäuste abreagieren.
Kurz bevor wir den Abstieg zur Eingangshalle erreichten, umfassten zarte Finger meine Hand und zogen an ihr. Verwundert bleib ich stehen und schaute nach unten und dann hinauf in die wunderschönen silbernen Augen der kleinen Hexe. Ein besorgter Ausdruck lag in ihnen, während sie sanft meine Finger löste und danach über meine Handfläche fuhr. Ich senkte meinen Blick wieder und beobachtete, wie sie über die kleinen, roten Halbmonde fuhr, die meine Fingernägel in der Haut hinterlassen haben. Meine Wut war auf ein Schlag vergessen und machte anderen Gefühlen platz – Dankbarkeit und Begehren. Ich wollten Nelly – unbedingt!
Vorsichtig umschloss ich ihre zarten Finger und hob sie an meine Lippen. Als ich einen Kuss auf ihren Handrücken hauchte, färbten sich Nellys Wangen rot und sie schaute schnell weg. Auf meine Lippen stahl sich ein kleines Lächeln. Es war so süß wie sie rot wurde und es stand ihr prächtig.
„Du leidest ganz schön unter Stimmungsschwankungen, dass ist doch nicht normal. Warst du deswegen schon mal beim Arzt?" fragte die Hexe abrupt und entzog mir meine Hand. Überrascht lachte ich auf und schüttelte den Kopf über diese sinnlose Frage.
„Dämonen gehen nicht zum Arzt, Kleine." Hauchte ich ihr ins Ohr und beobachtete zufrieden, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen zeigte. Leider konnte ich diesen Moment nicht weiter ausnutzen, denn es gab da noch etwas zu erledigen, woran mich das laute krächzen eines Raben erinnerte – Leider! Daher ergriff ich erneut die Hand der kleinen Hexe und zog sie mit mir. „Komm, wir bekommen Gäste und die mögen es überhaupt nicht, wenn man sie warten lässt."
***
Still stand ich vor dem großen Eingangsportal und schaute die Einfahrt hinunter. Gerade hatte sich das große, gusseiserne Tor geöffnet, um einer schwarzen Limousine die Einfahrt zu gewähren.
„Protziger geht's wohl nicht mehr." Hörte ich Hektor brummen, der sich links hinter mir neben dem Eingangsportal an die Hausmauer gelehnt hatte. Innerlich gab ich ihm recht. Die zwei Ladys übertrieben es mal wieder. Was wunderte's mich eigentlich noch?
Unruhig bewegte sich die kleine Hexe neben mir. Beruhigend drückte ich ihre Hand und schenkte ihr ein kurzes und hoffentlich beruhigendes Lächeln. Ihre Erwiderung viel etwas zittrig aus. Naja, ich hatte es wenigstens versucht.
Als ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Wagen vor uns richtete, sah ich ihn mit Vollgas auf uns zu brettern und dann mit quietschenden Bremsen halten. Als sich der aufgewirbelte Staub endlich wieder gelegt hatte, stieg ein mittlerer Dämon auf der Fahrerseite aus und ging um den langen Wagen herum. Mit einer tiefen Verbeugung öffnete er die hintere Tür. Ein leuchtender, eisblauer Schopf kam zum Vorschein, der zu einer schlanken, hochgewachsenen Frau gehörte, die ebenso blaue Augen hatte. Als sie festen Boden unter den Füßen hatte, begann sie sich graziös zu strecken und schaute sich dabei verwundert um. Als ihr Blick auf mich viel, breitete sich ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
„Oh Corvin, Darling, was hast du nur mit der Müllhalde gemacht?" rief sie begeistert und marschierte auf mich zu. „Die ist ja bezaubernd geworden."
„So was nennt man Gartengestaltung, Caro." Entgegnete ich Augenverdrehend und erwiderte ihre stürmische Umarmung.
„Ich wusste bisher noch nicht mal, dass du diesen Begriff überhaupt kanntest, bei dem Zustand der hier die letzten Jahre herrschte." Konterte sie augenblicklich, bevor ihre Aufmerksamkeit von meiner Nachbarin in Beschlag genommen wurde. „Wer ist denn die Dame an deiner Seite, Darling?" fragte Caro, während sie die kleine Hexe einer genauen Musterung unterzog. Bei unseren verschränkten Händen stutzte sie kurz und runzelte ihre Stirn, ehe sie mich fragend ansah.
Etwas verkrampft zwang ich mich zu antworten. Ich hasste Vorstellungsrunden. „Caro, das ist die Hexe Nelly Gronau. Sie wohnt eine Zeitlang hier und steht unter meinem persönlichen Schutz." Die letzten Worte betonte ich besonders, dann wand ich mich der kleinen Hexe zu. „Nelly, die wehrte Lady dir gegenüber heißt Carola und ist eine Botin vom Boss."
Kurzes Schweigen und dann brach es aus Caro heraus. „Du bist eine Hexe? Das ist ja voll krass! Es ist lange her, dass ich mit jemanden von deinem Schlag etwas zu tun hatte. Ich glaube das letzte Mal war ..." Ich blendete sie aus und wand mich an die andere Frau, die ruhig an uns herangetreten war.
Sie war Klein – gerade so ein Meter sechzig – hatte schulterlange, strahlendweiße, gelockte Haare und violettfarbene Augen. Im Verhalten war sie das genaue Gegenteil von Caro – ruhig, überlegt und wortkarg. Ein leichtes Lächeln lag um ihren Mund, als sie vor mir in einen tiefen Knicks versank. „Meister Corvin." Begrüßte sie mich leise.
Als Antwort neigte ich leicht meinen Kopf. „Ana."
„Der Garten ist wirklich hübsch geworden." Ana schaute sich bewundert um. „Wen hast du dafür arrangiert?"
Mit meiner freien Hand deutete ich nach hinten zu Hektor.
„Wirklich?" fragte die kleine Dämonin etwas überrascht.
Ich schmunzelte. „Er hat mehr Qualitäten, als man denken mag."
Cora schnaubte abwertend und deutete mit dem Finger auf Hektor. „Der hat das garantiert nicht gemacht. Der Blondie würde es ja noch nicht mal schaffen, einen Höllenhund von einem normalen Hund zu unterscheiden, wenn es denen auf die Stirn geschrieben wäre!"
Genervt schloss ich die Augen. Fünf Minuten! Gerade mal fünf Minuten hatte Caro Hektor in Ruhe gelassen, ehe sie wieder auf ihm Rumhackte und ihn zur Weißglut trieb. Hoffentlich blieben die beiden Ladys nicht lange. Mehr als eine Woche konnte ich dieses Gezanke nicht aushalten.
„Nelly, warum gehst du nicht schon mal mit Ana ins Haus?" fragte ich und löste meine Hand aus ihrem Griff. „Ich hab hier noch was zu erledigen." Ohne auf eine Antwort zu warten, ging ich auf die beiden Streithähne zu. Hektor hatte sich von seiner Wand gelöst und jetzt standen sie Nase an Nase und funkelten sich gegenseitig zornig an. Ein tiefes Grollen ließ meine Brust vibrieren und meine Finger wurden zu Klauen. Ich packte Hektor und Caro jeweils im Nacken und hob sie hoch. Entsetzt schrie Caro auf und Hektor fauchte wütend. Beide ignorierend sah ich sie nur ausdruckslos an und wartete bis das Gezappel aufhörte. Erst dann ließ ich sie los und sie plumpsten beiden unsanft auf den Boden.
„Ihr Beiden hört mir jetzt genau zu." Knurrte ich. „Ihr werdet mit euren Streitigkeiten in die hinterste Ecke dieses Anwesens verschwinden. Bekomme ich etwas davon mit, werdet ihr euch die Erlösung des Fegefeuers nur wünschen. Verstanden?"
Beide wichen meinem Blick aus, als ich sie von oben herab mit meinen Blicken durchbohrte.
„Ja, Herr." Murmelten sie einstimmig.
„Na dann wäre ja alles geklärt." Ich wand mich zum Gehen. „Carola, dein Zimmer ist das Gleiche wie letztes Mal. Wenn du was brauchst, ruf nach Larr."
Mit diesen Worten verschwand ich in der Eingangshalle. Hoffentlich hatten diese Idioten meine Worte ernst genommen. Ich hatte keinen Bock meine Zeit in der Folterkammer zu verbringen.
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Dämon - Höllisch Verhext
Paranormal- „Scheiß Dämon!" schrie ich frustriert. „Was hast du mit mir gemacht?" Leises Lachen erklang aus einer schattigen Stelle im Raum hinter dem Gitter. Und dort stand er, der schwarzhaarige Dämon, so plötzlich, dass ich erschrocken die Luft einsog und...