12. Nelly

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Erschrocken schrie ich auf und sprang von meinem Stuhl hoch, der daraufhin krachend auf den Fliesenboden der Küche umfiel. Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich auf das kleinkindgroße, ziegenartige Mischwesen, welches einen Affenschwanz hatte und neben mir aus dem Nichts aufgetaucht war. Wo kam das auf einmal her? Und wieso war es bitteschön Blau?!

„Ähm... Herrin? Ist alles okay bei Euch?" Oh mein Gott, es konnte reden! Hastig wich ich ein paar Schritte zurück, allerding hatte ich den umgekippten Stuhl vergessen. Ich stolperte über eins seiner Beine und landete auf meinen Allerwertesten. Sechs Augenpaare schauten mir dabei zu, wie ich mit meinem Po die Fliesen wischte, während ich mich, so schnell es ging, von dem blauen Wesen wegschob. Mein Rückzug wurde abrupt gestoppt, als ich mit dem Rücken gegen die Küchenzeile stieß. Panisch schaute ich mich nach einem Fluchtweg um. Das blaue Ding kam einen Schritt auf mich zu.

Abwehrend hob ich die zitternden Hände und presste mich weiter an die Schranktür in meinem Rücken. „St...st...stopp!"

Eva reagierte sofort und stellte sich zwischen das Viech und mich. Somit verhinderte sie gekonnt, dass das Wesen weiter auf mich zukommen konnte. Besorgt schaute sie mich über ihre Schultern an. „Nelly, was ist los?"

„Er...er soll verschwinden!" Die Angst ließ meine Stimme genauso zittern wie meine Hände. „Der... der Dämon soll sofort verschwinden!" Meine Stimme wurde immer lauter und schriller. Ich erkannte sie selbst kaum wieder.

„Okay Süße, beruhig dich. Wir kümmern uns darum." Ich schaute den braunhaarigen Typen an, der das Wort ergriffen hatte – Eddy, der ''gute'' Freund von Eva. Er wand sich an den ziegenartigen Dämon zu. „Verzeihung Larr, könnten wir bitte draußen im Gang klären, warum du gekommen bist?"

Der Dämon – Larr – schnaubte nur angewidert und zeigte anklagend auf mich. Wimmert drückte ich mich noch stärker an den Schrank. Konnte sich nicht endlich ein Loch hinter meinem Rücken auftun und mich verschlucken?

„Ich bin wegen diesem..." er unterbrach sich, doch das fehlende Wort klang wie: Miststück?! „wegen der Herrin hier. Ich soll ihr den hier" Er zog einen Brief aus seiner Hose hervor uns schmiss ihn mir zu. „persönlich übereichen." Nach diesen Worten verschwand er spurlos, als wäre er nie da gewesen. Nur der Briefumschlag aus teurem Papier, der bis kurz vor meine angezogenen Füße gerutscht war, zeugte davon, dass das eben kein böser Traum gewesen war.

Ohne mich auch nur in irgendeiner Weise vom Fleck zu rühren schloss ich die Augen und versuchte meine Atmung sowie meinen Puls wieder zu beruhigen. Dieser Tag war bisher einfach viel zu emotionsgeladen gewesen. Erst diese rasende, furchterregende Wut, die mich dazu veranlasste, einem sehr gefährlichen Dämon eine schallende Ohrfeige zu geben und ihm dann die Tür vor der Nase zuzuhauen. Danach der Nervenzusammenbruch in der Badewanne, wegen der tausend Gefühle, die durch den Kuss gestern Abend und alten Erinnerungen an Martin ausgelöst wurden.

Meine Augen waren danach knallrot und zugeschwollen. Ehrlich, mich wunderts, dass ich überhaupt noch was sehen konnte. Besser wurde es so schnell auch nicht, weil ich endlich mit meinen Eltern telefoniert hatte und mir dabei wieder die Tränen die Wange hinabliefen. Meinen Eltern jedoch dann zu erklären, warum ich heulte, war nicht ganz so einfach gewesen. Eine neue Welle der Wut spülte die positiven Gefühle des Anrufes weg, als ich meine E-Mails checkte und feststellen musste, dass irgendwer in meinem Namen sie beantwortet hatte.

So viele Gefühle an einem Tag und davon eindeutig zu viele Negativ!

Der Hunger hatte mich letztendlich hinab in die Küche geführt, die ich dank Lucky auch schnell fand. Wenigstens gegen dieses Gefühl, konnte ich etwas unternehmen. In der Küche traf ich dann auf Eva und Eddy plus drei ihrer Freunde – sich Namen zu merken, war nicht gerade eine meiner Stärken.

Dämon - Höllisch VerhextWo Geschichten leben. Entdecke jetzt