VII. Stole

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Langsam schiebe ich das Essen zwischen meine Lippen.

Ich kaue darauf herum, lustlos.

Ich habe keine Hunger.

Ich möchte nichts essen.

Aber ich muss.

Er zwingt mich dazu.

Er sagt, ich darf nicht abmagern.

Ich sei zu dünn.

Er mag das nicht.

Ich muss zunehmen.

Ich brauche mehr auf den Rippen.

Ich muss essen.

Ich soll gesund sein.

Er will mich ansehen können, ohne sich zu ekeln.

Aus diesem Grund esse ich.

Ich bin ein braver Junge.

Ich gehorche dem, was man mir sagt.

Zudem habe ich zu große Angst vor ihm.

Vor seinen Strafen.

Vor den Schmerzen.

Ich will ihn nicht verärgern.

Mit Mühe schlucke ich das kleine Stück herunter.

Ich beiße erneut ab.

Ein kleines Bisschen nur.

Ich kaue darauf herum.

Langsam.

Lustlos.

Noch immer habe ich keinen Hunger.

Aber ich muss perfekt sein.

Er will, dass ich perfekt bin.

Zu viele Makel habe ich.

Zu viele Fehler kennzeichnen mich.

Er hasst meinen Körper.

Er will ihn verändern.

Er wird ihn verändern.

Ich habe keine Wahl.

Ich muss ihm gehorchen.

Ich muss meine Fehler ausradieren.

Wie einen Bleistiftstrich.

Ich muss sie verschwinden lassen.

Wie einen Bleistiftstrich.

Ich muss sie unergründlich machen.

Wie einen Bleistiftstrich.

Dabei weiß ich längst, dass das nicht möglich ist.

Ich weiß, dass Spuren zurückbleiben werden.

Ich weiß, dass jemand es bemerken wird.

Doch wenn das passiert, wird er wütend werden.

Er wird mich bestrafen.

Er wird mich zu Gehorsam zwingen.

Er wird nicht zulassen, dass sie mich ihm wegnehmen.

Ich bin gefangen.

Er hat Gewalt über mich.

Er bestimmt mein Leben.

Meine Taten.

Meine Worte.

Meine Gedanken.

Ich kann ihm nicht entkommen.

Ich kann seinem Gefängnis nicht entfliehen.

Ich kann seinen Käfig nicht durchbrechen.

Ob ich will... oder nicht.

Be mine  [Vmin]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt