VIII. My

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Triggerwarnung!
Selbstverletzung!

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Ich atme einmal tief durch.

Ich atme ein weiteres Mal tief durch.

Ich atme ein drittes Mal tief durch.

Dann setze ich vorsichtig das Messer an meinem Unterarm an.

Schweigend betrachte ich die scharfe Klinge.

Das sanfte Licht meiner Lampe spiegelt sich darin.

Noch ist sie sauber.

Noch ist sie unbefleckt.

Noch ist sie unschuldig.

Anders als ich.

Ein viertes Mal atme ich tief durch.

Ich halte den Atem an und drücke das Messer langsam in meine Haut.

Stück für Stück ziehe ich es durch mein helles Fleisch.

Nicht zu tief.

Nicht zu stark.

Nur ein bisschen.

Genug, damit ein roter Tropfen über meine helle Haut fließt und zu Boden tropft.

Ich atme aus.

Die angestaute Luft verlässt meine Lungen.

Ich setze das Messer erneut an.

Ein bisschen weiter links.

Ich wiederhole die Prozedur.

Vorsichtig ziehe ich das Messer durch meine Haut.

Vorsichtig erschaffe ich eine neue Narbe.

Ein weiteres Mal setze ich das Messer an.

Ein bisschen weiter links.

Tief atme ich durch, bevor ich es wieder durch meinen Arm ziehe.

Mit jeder Sekunde ziert mehr meines roten Blutes die scharfe Klinge des Messers.

Mit jeder Sekunde wird sie verdreckter und das Licht hört auf, sich darin zu spiegeln.

Schließlich lege ich das Messer zur Seite.

Mein Arm brennt, doch ich spüre keinen Schmerz.

Ich spüre gar nichts.

Das Brennen lässt nach, es verschwindet.

Das Blut tropft weiterhin auf den Boden.

Ich nehme mein Handy zur Hand.

Wieder wähle ich seinen Chat aus.

Wie auch vor einigen Minuten schon.

Er ist online.

Er wartet auf mich.

Er will das.

Er will mich leiden sehen.

Dabei kann ich nichts mehr empfinden.

Ich kann nicht mehr leiden.

Zu sehr hat er mich gequält.

Zu sehr hat er mich ausgenutzt.

Zu sehr hat er mich gefoltert.

Ich mache ein Foto von meinem Arm, so, wie er es verlangt hat.

Ich schicke ihm dieses Foto, so, wie er es verlangt hat.

Ich warte ab, so, wie er es verlangt hat.

Es geschieht nichts.

Er antwortet nicht.

Das 'Online'-Symbol verschwindet.

Er lässt mich allein zurück.

Er lässt mich verlassen und verloren in der Dunkelheit schwimmen.

Habe ich etwas falsch gemacht?

Habe ich zu lange gebraucht?

Habe ich mir nicht genug Wunden hinzugefügt?

Habe ich nicht tief genug geschnitten?

Ich werde es irgendwie wieder gutmachen müssen.

Ich werde meinen Fehler ausbessern müssen.

Ich werde seine Wut beseitigen müssen.

Ob ich will... oder nicht.

Be mine  [Vmin]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt