Drei Dinge

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"It doesn't matter what you are. It only matters what you do."
Sam


Lang überlegten sie, ob sie den Zauber anwenden sollten, hatten sie doch im Laufe der Zeit gelernt, dass es nicht nur schwarz und weiß gab. Crowley, Meg, Benny, Garth, Jack, ja sogar Rowena, sie alle hatten ihnen bewiesen, dass sie sich ändern konnten, dass sie gut sein konnten. Es zählte nicht, wie sie geboren waren oder das zu dem sie geworden waren, sondern das was sie taten. Dämonen konnten menschlich sein, Mitgefühl empfinden, Freundschaft, Liebe, und sogar bereit sein dafür ihr Leben zu geben, sich selbst zu opfern. Sie konnten geheilt werden. Es gab 'vegetarische' Vampire, friedliche Werwölfe, Formwandler, die ihre Kräfte für therapeutische Zwecke einsetzten, und Geister, die Erlösung fanden.
Wenn Monster menschlich sein konnten, wieso gab es monströse Menschen? Wenn sie sich gegen das Töten entscheiden konnten, wieso sollten es Jäger nicht können? Machten Monster schlimme Dinge oder machten schlimme Dinge Monster? Es hieß, wenn du lang genug in den Abgrund schaust, schaut er zurück in dich. Gegen das Böse zu sein machte einen nicht gut. In dem Versuch es zu stoppen riskierte man dasselbe Böse in einem selbst zu wecken.

Nur zu gut erinnerte Sam sich daran, genug um ihr Handeln zu hinterfragen. „Was gibt uns das Recht zu entscheiden wer lebt und wer stirbt?"

Dean leerte das Whiskyglas, das er sich soeben gefüllt hatte. Weitere würden folgen. Die raue Flüssigkeit brannte, während sie seine Kehle hinab lief. Ein vertrautes Gefühl. Genau das, was er jetzt brauchte. Wie sonst sollte er ausgerechnet heute Castiels Anwesenheit und Sams Philosophien noch vor dem Frühstück ertragen?
„Wir sind Jäger. Ist es nicht das was wir tun?" Entweder man starb als Held oder lebte lang genug, um zu sehen, wie man selbst zum Bösen wurde. Wer wusste das besser als Dean Winchester?

„Und war das etwa immer gut? Wir wissen nicht, wen oder was der Zauber als böse betrachtet. Wir selbst haben Dinge getan, die... die...", Sam brach ab.
Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Sam mit den Monstern, die sie jagten, sympathisiert, weil er gefürchtet hatte selbst eines zu sein und glauben wollte gerettet werden zu können. Dean dagegen wusste schon immer, dass er selbst eines war, ein Monster, und Monster verdienten es nicht gerettet zu werden. Er war kein Held, war es nie gewesen, er war nicht stark genug.

„Ich glaube nicht, dass ausgerechnet wir uns anmaßen dürfen über andere zu urteilen", fuhr der Jüngere fort, „Wir sollten diese Entscheidung nicht allein treffen."

„Wen sollten wir fragen? Den internationalen Rat der Männer der Schriften? Den Verein der tüchtigen Jäger? Die Abgesandten des Übernatürlichen, einen von jeder Art?", Zynismus tropfte aus jeder Silbe, „Himmel und Hölle, Fegefeuer und Avalon? Das Schicksal, den Tod, die Leere und Gott?", Dean schüttelte den Kopf, „Der Mistkerl hat uns allein gelassen, also werden wir jetzt auch allein entscheiden." Und das machte ihm eine Heidenangst.

„Aber auch du hast Zweifel", stellte Castiel fest.
Manchmal war es, als ob der Engel direkt in seine Seele sehen könnte. Anfangs hatte Dean das Angst gemacht und er hatte nichts als Scham gefühlt, aber mit der Zeit hatte er gelernt sich auf diese Vertrautheit zu verlassen. Castiel hörte ihn, wenn er schwieg, verstand ihn, auch wenn er nichts sagte, und brauchte keine Worte um mit ihm zu sprechen. Bei ihm bröckelt sein Schutzpanzer aus Sarkasmus und scheinbarer Abgeklärtheit, denn was würde es ihm auch nützen? Castiel schaute einfach durch seine Maske hindurch. Bei ihm fühlte Dean sich sicher, er vertraue ihm. Bei ihm musste er nicht stark sein. Für ihn musste er kein Held sein. Paradox. Und doch war er um so vieles stärker, wenn Cas bei ihm war. Er sah ihn wie er wirklich war, er kannte seine dunkelsten Seiten, und Dean konnte nicht verstehen, wieso der Engel trotzdem blieb.

Kurz blinzelte Dean, etwas perplex von dieser unverhofften Verlautbarung. „Ja", gab er zu und war selbst überrascht von seinem Eingeständnis, „Du etwa nicht?"

Die Lüge (Destiel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt