Fahrig kramte ich den Schlüssel aus meiner Jackentasche. Meine Hand zitterte so stark, dass ich den Schlüssel nicht mal ins Schloss bekam und er mir zu Boden fiel. Meine Augen brannten schon, ich konnte die Tränen in den Augenwinkel spüren, die mir die Sicht verschleierten. Ich blinzelte sie weg.
Was kannst du eigentlich?! Zu blöd um eine Tür aufzuschließen, oder was?
Hastig bückte ich mich und versuchte es nochmal, obwohl ich einige Versuche brauchte um endlich das Schloss zu treffen. Befriedigend hörte ich dieses knacken und schob die Tür auf. Niemand war da. Wie immer wenn ich von der Schule kam. Ich zog mir rasch meine Daunenjacke aus und hing sie an den Harken. Dann nahm ich meine Schultasche, stürmte die Treppe hoch zu meinem Zimmer und stieß die dunkle Tür auf. Achtlos warf ich meine Tasche beiseite und donnerte die Tür zurück in den Rahmen. Es knallte, sodass die bedruckte Leinwand mit dem Scheiß Familienfoto neben der Tür vom Harken rutschte. Genervt feuerte ich es an die Wand gegenüber, wo es sich einen Riss zu zog. Meine Augen brannten wie die Hölle. Tränen rannen meine Wangen hinunter und benetzten mein T-Shirt. Ich fühlte mich heiß an als würde ein Feuer in mir wüten und alles gierig verschlingen. Meine Hand zitterte.
Jetzt weinst du mal wieder! Ja, genau heul doch! Mehr kannst du ja nicht! Eine elende jammernde Heulsuse bist du! Schon wieder eine 5 in Geschichte. Jeder ist besser als du! Du kannst einfach nichts!
Wütend schlug ich meine Faust gegen die Wand. Ich hörte es knacken, meine Knöchel schmerzten.
Du bist schlecht! Mehr als das! Du bist ein Versager!
Ich schlug nochmal zu. Und nochmal. Blut markierte die Stelle wo ich immer und immer wieder hinschlug. Das alles sollte aufhören. Ich weiß, dass ich ein Versager bin! Ich bin zu nichts zu gebrauchen! Ich kann einfach gar nichts! Wütend schlug ich gegen die Wand. Mit Genugtuung sah ich wie das Blut meine Finger hinunter lief und ich diesen Schmerz spürte. Er machte alles leichter. Erträglicher.
Was werden deine Eltern sagen, he? Wie werden sie dich ansehen? So ein Abschaum bist du! Unfähig! Eine Katastrophe! Was stimmt nur nicht mit dir? Dass du ständig alle enttäuschst?
Ein weiter Schlag. Diesmal hörte ich eindeutig ein lautes Knacken. Tränen kühlten meine erhitzen Wangen. Ich konnte den salzigen Geschmack auf meinen Lippen schmecken.
Du bist wertlos! Niemand setzt mehr Erwartungen in dich, weil sie wissen, dass du es eh nicht kannst! Du kannst gar nichts!
Ich schlug noch ein letztes Mal zu und sackte dann zu Boden. Meine Kopf lehnte ich an die Wand, unfähig etwas zu tun, saß ich einfach nur da. Während die Stimme in meinem Kopf unablässig weiter schrie.
Irgendwann hörte ich ein Schlüssel in der Wohnungstür, doch ich schaffte es nicht mich zu bewegen. Wie gelähmt tat ich nichts, mir war egal, dass gleich meine Mutter reinkommen und mich so sehen würde. Enttäuschung würde ich in ihrem Blick sehen, da war ich mir sicher. Ich hörte sie als sie die Treppen hochstieg, ich wartete und sie kam in mein Zimmer. Ihre Augen streiften schnell herum, bis ihr Blick auf mich fiel wie ich zusammengekauert und erschöpft auf dem Boden saß. Und dann sah sie den Blutfleck an der Wand und das Blut an meinen Knöcheln. Doch anders als erwartet, sah ich keine Enttäuschung. Ich sah Schmerz, den Schmerz den ich fühlte, nur mehr davon. Tränen liefen die Wangen meiner Mutter herunter als sie auf mich zukam, sich vor mir hinkniete und meine Hände in ihre nahm. „Was hast du nur getan?" Ihre Stimme war brüchig als würde ihr das Sprechen schwer fallen vor Bestürzung. Und da konnte ich nicht mehr. „Ich bin ein Versager, Mama." Ich erzählte ihr unter Tränen alles was mir auf der Seele lag, von der Stimme in meinem Kopf die mir sagte was ich wert bin. Nichts. Mama schüttelte den Kopf:„Hör auf meine Stimme, mein Liebling. Du bist etwas wert. Du bist meine Tochter und keine Versagerin. Wir werden eine Lösung finden, hörst du? Wir werden dir Hilfe suchen und dafür sorgen, dass diese Stimme in deinem Inneren nicht wiederkommt. Ich hab dich lieb, meine Kleine. Ich will doch nur, dass es dir gut geht. Mehr ist nicht wichtig." Und dann umarmte mich meine Mutter, solange wie ich es nötig hatte.
DU LIEST GERADE
Herzpoesie
PoetryEs sind Gedanken die ich hatte, Gefühle die ich aufgeschrieben habe und Wörter die eine Gestalt annehmen mussten. Das heißt ich schreib hier viel über Gedanken und Gefühle die ich hatte. Außerdem ein paar Kurzgeschichte, die zugegeben meist etwas dü...