Kapitel 1

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Sezuna konnte nicht genau sagen, wie lange sie so gelegen und gelauscht hatte, als sie etwas seltsames hörte. Es dauerte etwas, bis sie das Geräusch ungefähr einordnen konnte.

Langsam und vorsichtig erhob sie sich, um sich umzusehen. In ihrer Nähe war es dunkel und das Geräusch auch nur ganz leise, also weit weg. Trotzdem krabbelte sie auf Haru zu, um diesen an der Schulter zu schütteln. „Haru", flüsterte sie und Angst schwang in ihrer Stimme mit. „Haru, wach auf, da ist irgendjemand in unserer Nähe."

„Hmm lass mich und geh auf deinen Platz zurück", murrte er sie an, als sie ihn weckte. Doch als sie nicht locker ließ und weiter an ihm rüttelte, wachte er wirklich auf und sah ihre Angst im Gesicht an. Seine Sinne wurden sofort scharf und er zog sie nah an sich heran, während er sich selbst umsah und lauschte.

Auch er konnte ein leises Geräusch hören, von dem er noch nicht sicher war, wo er es zuordnen sollte.

„Es klingt wie ein Kampf", bemerkte Sezuna leise und angstvoll, während sie sich kommentarlos von Haru schützen ließ.

„Lass uns nachsehen. Vielleicht braucht jemand Hilfe", sagte er entschieden und stand auf. Er konnte es nicht sehen, wenn es einen Kampf und Verletzte gab. Auch er konnte nun die Stimmen besser hören und aus welcher Richtung die kamen.

Sezuna nickte schwach und wirkte nicht ganz so begeistert, folgte Haru aber.

Sie mussten ein ganz schönes Stückchen laufen, bevor sie durch die Büche endlich etwas sahen.

Da stand eine große Kutsche, die teilweise brannte. Die Pferde waren weg und beim genaueren Hinsehen erkannte man am Boden einige Gestalten liegen, während andere lachten. „Der hier bringt uns vielleicht eine Menge Lösegeld", lachte ein Mann, der in Fetzen gekleidet war und ein großes Messer hielt. Im Arm hielt er einen weiteren Mann, den Sezuna sofort erkannte. Der seltsame, wenn auch höfliche Mann aus dem Gasthaus.

Haru hingegen hatte nur Augen auf den Mann, der das Messer in der Hand hielt. Er gab Sezuna ein Zeichen, dort zu bleiben. Er würde sich anschleichen und den Mann außer Gefecht setzen. „Du bleibst hier, verstanden? Wenn ich dir ein Zeichen gebe und der Man dort frei ist, zieh ihn hinter die Büsche. Ich kümmere mich um die Räuber", stellte er klar und benutzte Magie, um so leise wie möglich zu sein.

Da der Mann mit dem Messer ihm den Rücken zugewandt hatte, war es einfacher für Haru, sich anzuschleichen. Dabei sah er, dass mindestens fünf weitere Männer dort waren, die ebenfalls lachten und die Toten auf dem Boden nach kostbaren Dingen untersuchten.

Haru war schon ziemlich nah an dem Mann dran und mit einem leisen Zauberspruch trennte er den die beiden Männer, wobei beide in verschiedene Richtungen flogen. Haru sah Sezuna hinter den Büschen und gab ihr zur gleichen Zeit ein Zeichen, damit sie den Mann holen sollte. Der blonde Junge hingegen trat auf den Mann mit dem Messer zu und riss es mit Magie an sich, sodass er unbewaffnet war.

Sezuna folgte Harus Anweisung, auch wenn sie über dessen Unbesonnenheit ein wenig verärgert war. Er setzte sich unnötigen Gefahren aus, dabei hätte man die Gegner auch viel einfacher in Schach halten und bewegungsunfähig machen können.

Trotzdem kümmerte sie sich um den Mann, den sie kannte und nutzte Magie, dass dieser vom Boden in ihre Richtung getragen wurde, ohne dass sie sich zeigen musste. Sie konnte sie schauen, ob er noch am Leben war, denn so wirklich lebhaft wirkte er nicht mehr. Dafür war er voller Blut und besaß auch einige Verbrennungen.

Währenddessen hielt Haru die Männer, die sich um ihn herum gesammelt hatten, im Schacht. Es war kein Problem für ihn, sich körperlich zu wehren, aber langsam wurde er genervt. Er hatte herausgefunden, dass die Leute keine Magier waren, sodass es einfach war, sie zu erledigen. Das wollte er jedoch nicht. Als sich die Männer wieder auf ihn stürzten, brach seine Energie aus ihm heraus und schleuderte die Fremden von sich weg. „Ihr habt keine Chance gegen mich. Gebt auf und haut ab oder ich werde Euch töten", rief er in ihre Richtung.

„Ein Magier", keuchte einer der Räuber und schielte zu jemanden, der ein wenig besser gekleidet war. Wahrscheinlich ihr Boss.

Dieser kramte in einer Tasche herum und holte etwas hervor, das wie eine Kugel wirkte. Eine magische Kugel. „Brenne", rief er und in Sekunden schnelle stand alles in Flammen. Nicht nur die Kutsche sondern auch die Wiese rings um Haru.

Verächtlich schnaubte Haru durch die Nase und verschränkte die Arme. „Was für jämmerliche Gestalten Ihr doch seid ...", spottete er und sein Schutzschild wurde automatisch stärker um ihn herum, um sich vor den Flammen zu schützen. Es schien, als würde Haru die Hitze gar nicht spüren, die sich ausbreitete. „Nelania!", rief er laut und hob seine Faust gleichzeitig, um das magische Feuer mit magischem Wasser zu löschen. Dichte Rauchschwaden stiegen empor, als das Feuer gelöscht war und es war unmöglich, in den dichten Schwaden etwas zu erkennen. „Habt Ihr nicht mehr zu bieten außer einer kleinen Kugel Magie?", rief er laut, sodass seine Stimme in der Nacht hallte. Auch die Kutsche war gelöscht, die wollte er sich ansehen, wenn er sich um die Räuber gekümmert hatte.

Statt einer Antwort erhielt er einen Pfeilhagel, der jedoch seinen Schild nicht durchdringen konnte. Ein schwacher Versuch noch etwas zu retten, auch wenn Haru hören konnte, dass sich die Räuber scheinbar begannen aus dem Staub zu machen.

Sein Gesichtsausdruck war böse, als er die Feiglinge wegrennen sah. Er hatte gute Lust, sie zu töten, doch das wäre nicht gut, wenn er ein Heiler sein wollte. Anstatt ihnen hinterher zu rennen, ließ er die Rauchschwaden langsam verschwinden, indem er sie mit der Hand fast schon aufsaugte. „Sezuna, ist alles in Ordnung bei dir und dem Mann?", rief er schließlich, als die Räuber weg waren. Dabei sah er sich die Toten an und wusste, dass ihnen nicht mehr zu helfen war. Auch die Kutsche war nicht mehr zu retten, dabei fand er sogar noch einen weiteren Toten darin.

Alle waren sie hinterrücks niedergestochen wurden. Als hätten sie den Angriff gar nicht kommen sehen.

„Ich brauche hier Hilfe", rief sie Haru zu und dieser musste erst einmal schauen, dass er sie überhaupt fand.

Sie kniete über den Mann und versuchte die Blutung einer Wunde zu stillen. Der Mann wirkte blass, atmete aber noch. Außerdem roch es nach verbranntem Fleisch, denn er hatte auch mehrere Brandverletzungen. Er war jedoch nicht der einzige. Sezunas Rock schien Flammen gefangen zu haben, denn darin war ein großes Brandloch zu erkennen und die Haut darunter war gerötet, aber nicht verbrannt.

„Bist du verletzt?", fragte er das Mädchen zuerst, als er sie endlich gefunden hatte.

„Nicht sonderlich schwer. Nur eine leichte Verletzung, aber er hier stirbt, wenn wir uns nicht beeilen", erklärte sie und Haru bemerkte, dass sie bereits Magie anwendete, um die Blutung zu stoppen.

„Spar deine Magie, ich trage ihn zurück zum Lagerfeuer, wo du erstmal eine Brandsalbe herstellst. Ich kümmere mich in der Zeit um ihn, einverstanden?", sagte Haru zu ihr und hob den Mann sanft hoch. Erst jetzt registrierte er, wer er war. „Das ist doch der Mann von der Stadt!", rief er erstaunt. Obwohl der Mann ungefähr gleich groß wie Haru war, schön Haru ihn mit Leichtigkeit tragen zu können.

„Ja ist er", nickte Sezuna zustimmend. „Bitte pass auf, er hat Verletzungen am Rücken", meinte sie und erhob sich. Ihr Bein schmerzte ein wenig, doch es ging.

Haru nickte und war sehr vorsichtig, als er ihn im Arm trug. „Brauchst du Hilfe? Du scheinst verletzt zu sein", stellte der Junge fest, als sie zurück zum Lager liefen. Dort angekommen legte er den Mann vorsichtig ab und begann ihn zu untersuchen. Sezuna hatte recht, er hatte einige Verletzungen, die sofort behandelt werden mussten. Haru war froh, dass der Mann wohl ohnmächtig war, dann konnte er wenigstens seine Magie ohne Fragen anwenden.

Zuerst stillte er die Blutung, die auch auf dem Weg zum Lager nicht aufgehört hatte zu bluten und wies Sezuna gleichzeitig an, Verbände bereit zu legen. Auch die Verbrennungen konnte Haru gut heilen, wobei er am Schluss auf jeden Fall die Verbände mit der Salbe auftragen würde. Allerdings hatte er ziemlich viele davon. Wenn der Mann es zulassen würde, würde Haru am nächsten Tag nach den Verbänden versuchen, die Haut zu erneuern. 

Galdur - Arus (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt