5. Keinen Kaffee mehr für Oma Klein

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Kapitel 5

E l l a

Keinen Kaffee mehr für Oma Klein


Das Haus von Oma Klein war riesig. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, würde ich sagen, dass es in dem Nobelviertel Grünwald stand und nicht in Trudering.

Es war nicht sonderlich hoch, nur das Erdgeschoss und den ersten Stock, doch es war weitläufig. Auf den ersten Blick erkannte ich zwei Eingangstüren, und eine davon war die von meiner Wohnung und mutmaßlich die von diesem Alex. Ich konnte nur hoffen, dass das Haus kein Foyer aus Marmor hatte.

Der Hof war aus grauem Stein gepflastert und ein Holzzaun umgab das Eckgrundstück. Die weiße Hauswand war an einer Seite fast vollkommen von Blumen verdeckt, die Oma Klein hinter einem versteckten Gartenweg angebaut hatte und den kleinen Grasbereich liebevoll umrundeten. Der Hauptgarten – so sah ich es auf Google Maps – befand sich hinter dem Haus und beinhaltete einen kleinen Fischteich.

Die Doppelgarage stand offen, nur ein gelber alter Volvo und eine Motorcross Maschine standen darin, als ich zögernd über den Hof ging.

Am Briefkasten war keine Klingel angebracht worden und ein Tor gab es auch nicht. Die linke Hälfte des Hauses lag komplett im Dunkeln, die Rollläden im oberen Stockwerk waren sogar heruntergelassen.

Der kleine Eingangsbereich war unterdacht, ein schmaler Torbogen verband die Hausmauer mit der Garagenwand.

Ich kuschelte mich enger in meine geflieste Jeansjacke und tippte mit dem Fuß. Oma Klein sagte, sie würde hier sein – wohnte sie etwa hier?

Der Name auf dem Schild vor mir war mir fremd, doch ich konnte mir bereits zusammenreimen, wer ein gewisser Steffens wohl sein würde.

Die nächste Tür, eine Eichentür, wie die andere, beendete den Art Tunnel des Eingangsbereich, aber auch auf diesem Täfelchen stand nicht der Name Klein.

Ein flüchtiger Blick auf mein Smartphone sagte mir, dass ich pünktlich war.

Ich lehnte mich an die Wand und starrte auf meine weißen Chucks. Sie hatte unser Treffen garantiert nicht vergessen. Wahrscheinlich war sie noch mit ihrem Hund spazieren und der musste gerade noch sein Geschäft verrichten. Oder so.

Ein viel zu lautes Pling ließ mich hochfahren. Schnell nahm ich mein Smartphone wieder aus der Tasche und stellte sofort auf lautlos. Ich war es gar nicht gewohnt, dass mein Ton angeschaltet war.

Aber nur die online Version der Morgenzeitung war auf meinem Sperrbildschirm zu sehen.

Kurzerhand entschied ich mich aus Langeweile die neusten politischen Fehlentscheidungen durchzulesen, bevor ich mir weiterhin wünschte, ich hätte meine braunen Chelsea Boots angezogen, anstatt meine Chucks, die mir schon jetzt die Zehen eindrückten.

Ich konnte aber nur halb die Sätze ordentlich aneinanderreihen, denn dieses Treffen war mir viel zu wichtig, um abschalten zu können.

Nächste Woche – in 9 Tagen – begann mein Semester und wenn ich diese Wohnung wirklich bekommen sollte, musste ich noch alles erledigen. Angefangen bei dem Transport meiner Möbel, Wäsche, Schreibtischkram und private Sachen bis hin zu der Anschaffung eines Fahrrads, denn den Weg von der nächsten U-Bahn-Station musste ich beinahe rennen, sonst wäre ich bei Oma Klein zu spät gewesen.
Was ich im Nachhinein gar nicht gebraucht hätte, stellte ich mürrisch fest.

Meine Uhr am Handgelenk sagte mir 9:05 Uhr.

Ich kuschelte mich mehr in meinen Schal, als ich plötzlich von einem Bellen von meiner Tagträumerei gestört wurde.

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