Prolog

24 1 1
                                    


Prolog

„Das Leben spielt nicht immer mit Karten wie Neun, Acht oder ganz simplen wie die Zehn, sondern schlägt dich zurück mit einer Sieben. Mein Vater brachte mir schon früh bei, meine Karten geheim zu halten und bis zum Ende immer ein Ass im Ärmel zu haben. So schön es auch ist, nur mit Glückskarten zu spielen, wie schade wäre es, wenn ein Spiel so schnell vorüber ist?

Auch als mir meine Wohnung aus den Fingern glitt und ich halb München auf den Kopf stellen musste, um eine neue  zu finden, glaubte ich nicht wirklich an Schicksal. Ich recherchierte, bekam Ab- und Zusagen und ging zu Besichtigungen, wie sie eben im Internet standen.

Man hatte sein Leben selbst in der Hand. Ich studierte erfolgreich Jura, hatte wunderbare Freunde und bereits einen Plan für meine Zukunft. Dies alles geschah, weil ich dafür geschuftet und nichts davon dem Zufall überlassen hatte.

Natürlich wurde ich auch unerwartet verletzt, - von Menschen und aus Gründen, die ich bis heute noch nicht verstehe, aber stecke ich jetzt meinen Kopf in den Sand und fahre meine Mauern wieder hoch?

Um ehrlich zu sein, war ich nie die Art von Mädchen, die Jungs von Anfang an hassten. Natürlich verdrehe ich meine Augen, wenn mir ein unverschämter Kerl über den Weg läuft, aber war das bei mir vor meinem ersten Kaffee nicht das gleiche? Ich konnte ein wirklich schlimmer Morgenmuffel sein.

So trat ich auch Alexander offen gegenüber, als ich endlich eine kleine Wohnung gefunden hatte und er das Apartment direkt über meinem mietete oder eher besaß, denn die Oma, der das Haus gehörte, verhätschelte diesen Kerl etwas zu sehr für meinen Geschmack.

Und was passiert mit Menschen, die mit offenen Herzen und freien Köpfen in das Leben treten? Sie werden belohnt.

Ich muss ehrlich sein. Ich hätte nicht erwartet, dass Alex und ich uns so gut verstehen würden.

Mein Studium und damals meine Schule hatten mir nie wirklich Raum gelassen, um mich großartig umzusehen. Denn, legen wir die Karten offen auf den Tisch, hatte ich gar keine Zeit und habe sie bis heute nicht, denn mein Leben ist so voll gepackt von Dingen, bei denen ich gar nicht weiß, ob ich das alles schaffe, bis meine abgelaufene Zeit an meine Tür klopft.

Jura ist mir sehr wichtig, das gebe ich ganz offen zu, aber er hatte sein Studium auch schon viel früher angefangen, als wir uns langsam verliebten und so stand für uns nie zur Debatte, dass wenigstens unsere berufliche Zukunft eine Absicherung werden musste.

Liebe muss nicht immer auf Hass beruhen. Man kann sich ganz zufällig treffen, jemand kann dir deinen Kaffee zahlen, weil dir 1,50 Euro fehlen oder deine Waschmaschine wieder zum Laufen bringen, weil du keine Ahnung von sowas hast.

Was ich von meinen Eltern lernte, war, dass man Gemeinsamkeiten brauchte, denn sonst würde man nur im Streit enden. Versteht mich nicht falsch, das Gesetz, Gegensätze ziehen sich an, stimmt in vielen Hinsichten, doch dann würden sich auch die Gazelle und der Gepard anziehen und soviel ich weiß, läuft jede Beute vor dem Gepard davon.

Alex und ich sind in manchen Hinsichten tatsächlich unterschiedlich. Ich kann kein Blut sehen, er würde sich am liebsten darin baden. Ich liebe Jura und tonnenschwere Bücher voller Paragraphen und Gesetze und er fragt mich jedes Mal, wieso ich mir sowas antue, wenn man doch alles so einfach schreiben könnte. Dann deute ich immer auf die Überschriften in seinen Büchern, die ich kaum aussprechen kann. Carotisstenose und Staphylokokken, wer kann sich so etwas nur merken?

Im Endeffekt ist es egal, in was wir uns unterscheiden, denn am Ende unseres Studiums stehen wir genau vor dem gleichen Ziel: zu helfen.

Ich, wenn ich meinen Mandaten vertrete und er, wenn er gerade dabei ist ein Gehirn aufzuschneiden.

Was ich sagen möchte: Auch wenn das Leben dir Karten austeilt, bei denen du dein bestes Pokerface verlierst, sollst du dich immer darin erinnern, dass dein Gegner auch schlechte Karten haben könnte und ihr jederzeit miteinander sprechen und all eure Karten neumischen und neuausteilen könnt. Wer soll euch bei eurem eigenen Spiel aufhalten?

Und wer weiß, vielleicht hat jeder von euch nun vielleicht doch eine Neun oder Acht. Und wenn er dir eine Sieben auf den Tisch legt und fröhlich grölt, dass du zwei ziehen musst, lach mit, denn so bleibt das Leben spannend. Wäre doch langweilig, wenn man immer nur mit Glückskarten durchs Leben pokert, oder?"

sevens and eightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt