2. Cannabis & Würstelfinger

15 2 0
                                    


Kapitel 2

E l l a

Cannabis und Würstelfinger

Moosach war ein durchschnittliches Viertel von München und etwas außerhalb des Zentrums. In den letzten Jahren waren die Mietpreise so enorm in die Höhe geschossen, dass ich mich glücklich schätzen durfte, hier eine Wohnung zu finden. Es war kein Geheimnis, dass München zu viele Nachfragen hatte, als es Angebote gab.

Ich folgte den blauen Straßen auf meinem Smartphone und stellte überraschenderweise fest, dass es von der Wohnlage nicht so schlecht aussah, wie ich erwartet hatte.

Wie in jeder Stadt waren die Außenbezirke nicht die Vorzeigeobjekte, doch Moosach versuchte mit Bäumen und ein paar nette Cafés das Ambiente etwas hochzupuschen.

Nach exakten zwei Minuten stand ich dann vor einem schmalen Reihenhaus mit roten Türen und Fensterläden. Die weiße untere Fassade besaß an Teilen schon gräuliche Anzeichen, doch der Hausmeister, so schien es, gab sich Mühe, den kleinen Vorgarten gepflegt und sauber aussehen zu lassen.

Zwei Pluspunkte.

Mit dem Finger umkreiste ich die Namenschilder auf dem Mehrfachbriefkasten und blieb dann an einem hängen. Gabriel Koehler. Meine letzte Hoffnung.

Ich betätigte die Klingel und wartete. Meine Uhr zeigte exakt 14.00 Uhr an. Hoffentlich waren nicht zu viele Interessanten bereits dort und nahmen mir die Chance auf ein Dach unter dem Kopf.

Schnell verstaute ich meine Kopfhörer in meiner Jeansjacke und richtete meine Haare. Ich konnte mir eine weitere Absage nun wirklich nicht mehr leisten.

Mit einem erschreckenden lauten Ringen öffnete mir Gabriel die Tür und ich stemmte mich dagegen. Der scharfe Geruch nach Reinigungsmittel stach mir in die Nase und für eine kurze Zeit nahm ich die Stimme gar nicht wahr, die mir vom zweiten oder dritten Stock zurief, ich solle einfach bis zu einer Tür mit einer Cannabispflanze hochkommen.

Wollte der mich auf den Arm nehmen?

Kurz überlegte ich, einfach kehrt zu machen und mich gar nicht auf so etwas einlassen, aber ich war eine strikte Gegnerin von Vorurteilen und so nahm ich immer zwei Stufen der langgezogenen Wendeltreppe auf einmal.

Anscheinend wohnten hier mehrere Studenten, denn aus fast allen drangen Musikgeräusche und Gelächter. An zwei, an denen ich vorbeikam, klingelte sogar ein Essenslieferant.

Im dritten Stock angekommen, lehnte ein schwarzhaariger Typ am Türrahmen und lachte gerade über etwas, was ein andere zu ihm sagte, den ich wegen der Tür nur halb erkennen konnte und kniff ihn in den Oberarm.

Und tatsächlich. Er hatte nicht gelogen. An dem Klingelschild neben seiner Tür klebte ein Sticker mit einer grinsenden Cannabisplfanze. Das war doch ein schlechter Scherz.

Als er mich entdeckte, ließ er den Arm fallen und stieß sich vom Türrahmen ab. Sein Grinsen verrutschte dabei kein bisschen. Er war ungefähr in meinem Alter, vielleicht ein, zwei Jahre drüber, aber der Schalk in seinen Augen erinnerte mich an meinen Bruder Ben.

Ich nahm seine ausgestreckte Hand entgegen.
„Hey, ich bin Gabriel. Du musst Anabella sein, oder?"

„Bitte nenn mich Ella", erwiderte ich mit demselben Lächeln.

Er grinste noch breiter. „Na klar doch."

Gabriel winkte mich herein und schloss die Türe hinter sich.

Der andere Kerl hob mir die Hand entgegen und ich schlug in sein High-Five ein. „Ich bin Max, Gabs Kumpel. - Keine Sorge, ich wohne nicht hier", er zwinkerte mir zu, bevor er sich an mir vorbeischob, irgendwelche Handzeichen zu Gabriel machte, die ich hinter seinem Rücken nicht sehen konnte, wobei dieser die Augen verdrehte, und fläzte sich auf einen Hocker an die schwarze Kücheninsel.

sevens and eightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt