18. Narben der Vergangenheit

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Ich wusste nicht wie ich auf Max Geständnis reagieren sollte.
Ich war nicht wütend oder so, schliesslich betraf mich die Sache nicht so sehr, wie die Bewohner dieser Stadt.

Ich war viel mehr enttäuscht.

Enttäuscht darüber, dass Max zu so etwas fähig war. Enttäuscht darüber, dass er nicht so war, wie ich gedacht hatte.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also nickte ich kurz und lief dann einfach davon.

Das Ganze hatte mich dermassen aufgewühlt und ich wollte jetzt nur noch mit Luis telefonieren.

Max folgt mir nicht, aber erst als ich die Zimmertür hinter mir schloss konnte ich wieder durchatmen. Schnaufend liess ich mich auf mein Bett fallen und schloss für einen Moment die Augen.

Nickys Worte hallten in meinem Kopf wider und ich konnte einen kleinen Schluchzer nicht unterdrücken.

Ich tastete nach meinem Handy, das irgendwo unter meinem Kopfkissen liegen sollte, doch ich fand es nicht. Fluchend kniete ich mich auf den Boden, um unter dem Bett nachzusehen.
In diesem Moment klopfte es an meine Zimmertür.

„Jaa?", fragte ich misstrauisch und die Tür schwang leise knarzend auf.

Zu meinem Erstaunen stand nicht Max, sondern Fiona auf der Türschwelle.

„Kann ich rein kommen?" Sie lächelte liebvevoll und mir blieb nichts anderes übrig als zu nicken. Ich rappelte mich auf und setzte mich neben Fiona.

Sie trug noch ihre weisse Krankenschwester-Uniform, vermutlich war sie gerade vom Krankenhaus nach Hause gekommen.
Ihre rötlichen Haare hatte sie zu einem straffen Pferdeschwanz nach hinten gekämmt.
Die Frisur liess sie strenger und älter wirken, als sie eigentlich war.

In dem Moment hätte es mich nicht verwundert, wenn sie noch eine Brille aus der Tasche gezaubert hätte.

Draussen dunkelte es bereits ein und ich konnte die helle Mondsichel durchs Fenster erkennen. Sterne waren noch keine zu sehen.

„Penny, ich kenn dich zwar noch nicht lange, aber ich glaube... du bist ein guter Umgang für Max", begann Fiona und ich schaute sie verwundert an. Damit hatte ich nicht gerechnet.

„Wie...wie meinst du das?", fragte ich unsicher nach und strich mir eine besonders widerspenstige Locke hinters Ohr.

„Ich meine das genau so wie ich es sage. Du tust ihm gut. Er war schon lange nicht mehr so aufgestellt. Und er lacht wieder öfters. Du weißt nicht, wie schön es für uns ist, ihn so zu sehen."

Verwundert richtete ich mich etwas auf. Ich wusste nicht genau, wovon Fiona sprach und ich konnte mir auch kaum vorstellen, dass ich Max so verändert haben könnte.

„Aber ich...", begann ich verlegen, doch Fiona winkte ab.

„Ich weiss, dass Nicky mit dir gesprochen hat. Ich nehme an sie hat dir einiges über Max Vergangenheit hier erzählt."

Ein Schatten huschte über Fionas Gesicht.

Auch wenn sie nicht Max richtige Mutter war, hatte sie jetzt diesen besorgten Ausdruck im Gesicht, den ich von meiner eigenen Mutter kenne. Sie schien sich Sorgen um ihren Stiefsohn zu machen.

Zögernd nickte ich.

„Hast du auch schon mit Max darüber gesprochen?"

„Nur flüchtig", erklärte ich.
Fiona sah mich auffordernd an und ich fügte hinzu: „Er meinte, dass es stimmte. Dass er wirklich... Schuld an dem Tod des Mädchens sei."

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