10. Ein wolliges Problem

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„Warum hältst du?", verschlafen rieb ich mir über die Augen und warf Max einen fragenden Blick zu. Ich war eingeschlafen und wurde durch einen plötzlichen Ruck geweckt.

„Schafe", erklärte Max einfach und deutete auf die Strasse vor uns. Mein Blick folgte seiner ausgestreckten Hand. Tatsächlich hatte sich vor unserem Auto eine nicht gerade kleine Herde von Schafen versammelt.
Es war unmöglich an ihnen vorbeizufahren, da der Weg an diesem Teil von einer kleinen Steinmauer umsäumt war. Und wie es aussah, hatten es die Schafe auch nicht all zu eilig, sich aus dem Staub zu machen. Einige hatten sich sogar auf den Boden gelegt und käuten zufrieden wieder. Ich musste über den Anblick lachen. Es juckte sie einfach mal gar nicht, dass wir hier durch wollten.

„Willkommen in Schottland", meinte Max mit einem Grinsen, öffnete die Autotür und stieg aus. Etwas verwirrt tat ich es ihm nach und lehnte mich neben ihn ans Auto.

Max warf einen kurzen Blick auf sein Handy und öffnete dann den Kofferraum. Ich beobachtete wie er in einer der Taschen wühlte und dann triumphierend einen Apfel herausholte.

„Willst du auch?", fragte Max, doch ich schüttelte den Kopf.

„Müssen wir nicht weiter?", drängte ich und warf einen besorgten Blick zum Himmel. Im Moment regnete es nicht, aber Wolken waren im Anmarsch und bald würde die Nacht hereinbrechen. Es war schon bald sieben Uhr und noch nirgends war ein Dorf oder wenigstens ein Haus in Sicht.

„Ja klar, sag mir Bescheid, wenn du das Auto zum fliegen gebracht hast", gab Max sarkastisch von sich, deutete mit dem Kopf zu den vielen Schafen und biss dann lautstark in seinen Apfel.

„Ha. Ha", erwiderte ich nur und vergrub meine Hände in den Hosentaschen. Es war ganz schön kalt geworden.Max sagte nichts Weiters und wandte seine Aufmerksamkeit einfach wieder dem dummen Apfel zu. Langsam ging er mir echt auf die Nerven damit.

„Nein ehrlich, was machen wir jetzt?", quengelte ich herum und musterte besorgt die vielen Schafe. Wir konnten ja schlecht die ganze Nacht hier verbringen.

„Wie wär's mit warten?", Max zog eine Augenbraue hoch und grinste spöttisch. Ich machte einen Schmollmund und verschränkte die Arme. Ich hatte keine Ahnung wie ich diese Tiere von der Strasse locken könnte. Und Max schien mir nicht gerade eine grosse Hilfe zu sein.

Ich muss das also irgendwie selbst in die Hand nehmen. Entschlossen machte ich  ein paar Schritte auf die Wollknäuel zu und klatschte zuerst ein paar mal in die Hände. Dann fuchtelte ich wild mit meinen Armen herum, in der Hoffnung die Schafe würden aus dem Weg gehen.

Keine Ahnung, was ich hier gerade tat. Aber immerhin tat ich etwas.

Ich hörte Max hinter mir auflachen.
„Ich glaube nicht, dass du sie mit deinem komischen Tanz beeindrucken kannst."

Idiot.

„Hast du eine bessere Idee?", zischte ich ohne mich umzudrehen. Ich wusste, dass es bescheuert aussehen musste, aber trotzdem machte ich damit weiter. Wieder hörte ich Max' Lachen in meinem Rücken.
Ich ignorierte ihn aber einfach und machte noch einen Schritt auf die Tiere zu. Diese glotzten mich aus ihren grossen, dunklen Glubschaugen an und machten dann unsicher ein paar Schritte auf mich zu.

Triumphierend wandte ich mich zu Max um und breitete stolz die Arme aus. „Offensichtlich scheint sie mein Tanz ja zu beeindrucken, denn sie kommen zu mir."

Moment, Sie kommen zu mir...

Erschrocken drehte ich mich wieder um und blickte einer nicht mehr ganz so freundlichen aussehenden Schafherde entgegen, welche sich jetzt bedrohlich auf mich zu bewegte. Ich kreischte auf und versteckte mich schleunigst hinter dem nächst Besten. Also hinter Max.
Ich hatte keine Angst vor Tieren oder so, aber das waren bestimmt über 50 Stück und sie wirkten irgendwie leicht angepisst.

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