Anna schwang zwei Kochlöffel hin und her und sang: »Smörrebröd, Smörrebröd, römpömpömpöm ...«
Lothar zoomte mit der Kamera heran und kicherte. »Frau Schnulze, ich weiß nicht, ob wir nicht gegen das Urheberrecht verstoßen, wenn du den dämlichen Koch ...«
Anna schob die Rentierhörner auf ihrem Kopf zurecht und verbesserte: »Dänischer Koch, du Dösbaddel! Was du meinst, ist das dämliche Bettenlager!«
Lothar seufzte tief und umrundete Anna mit der Kamera. »Kannst du dein Schürzchen vielleicht noch ein bisschen zurecht zupfen, damit du einmal im Leben aussiehst wie eine ordentliche Hausfrau?«
Anna sah nachdenklich an sich herab, dann stellte sie fest: »Nö!«
Lothar seufzte und zoomte dann auf die Backzutaten auf dem Tisch. »Also! Was hast du denn da für feine Sachen?«
Anna ahmte Lothar mit der Stimme Darth Vaders nach. »Luke, was hast du denn da für feine Sachen! Hallo? Ich hab keine feinen Sachen, ich backe den geilsten Mördermonsterweihnachtskuchen aller Zeiten! Annas voll geheimer Künstler-Spezialkuchen! He and I will rule the galaxy!«
Lothar rief: »Klappe!«
»Wie, Klappe, ich denk, ich soll erzählen, wie man Kuchen backt!«
Lothar stöhnte. »Du sollst nicht die Klappe halten, ich wollte andeuten, dass wir anfangen zu drehen!«
Anna zeigte mit einem Holzlöffel auf die Kamera. »Das Ding läuft doch schon die ganze Zeit!«
Der Kameramann rollte verzweifelt mit den Augen und rief: »Weihnachtskuchen, Klappe, die zweite!«
Anna rückte wieder ihr Rentiergeweih zurecht und holte tief Luft. »Liebe Menschheit! Heute backen wir als weihnachtlichen Gruß an alle unsere armen Abonnenten, die nicht mitessen können, den bombastisch geilsten Flying Kluntje Weihnachtskuchen aller Zeiten! Dann könnt ihr wenigstens am Internet riechen und uns hassen, weil wir die Zutaten nicht rechtzeitig in den Blog gestellt haben! Man nehme! Weiche Butter von einer glücklichen ostfriesischen Kuh! Das ist ganz wichtig, das die Kuh Plattdeutsch kann, weil sonst sind in der Butter Chemikalien drin! Hast du das Bärchen? Nicht, dass irgendwer Margarine nimmt und dann bin ich schuld, weil der Kuchen nicht schmeckt wie bei Oma!«
Lothar stöhnte nur, während Anna einen riesigen Klumpen Butter von einem Tellerchen in die Teigschüssel kratzte. »Dann brauchen wir Zucker und fünf frei laufende Eier!«
Lothar stöhnte. »Frau Schnulze, wir hatten uns darauf geeinigt, Eier nicht mehr zu verwenden, wenn die schon selber laufen können, das ist nicht vegan!«
Anna winkte ab, riss Tütchen auf und schüttete großzügig Vanillezucker durch die Küche. »Vanille ist extrem wichtig, aber extrem! Falls ihr immer schon mal einen irischen Maler einfangen wolltet, braucht ihr unbedingt Vanillearoma! Sollte der Ire euch allerdings irische Butter andrehen wollen, bleibt standhaft! Irische Kühe sprechen nämlich kein Plattdeutsch!«
Anna spannte jetzt ein Kabel durch die Küche und ging mit dem Mixer auf die Teigschüssel los. Dabei schrie sie: »Wenn euer Mixer so viel Krach macht wie meiner, ist das kein Grund zur Panik, das bedeutet wahrscheinlich nur, dass ihr wieder Besteckteile in die falschen Löcher gesteckt habt und gleich einen Schlag kriegt! Wenn ihr den ganzen Kram schön lecker schaumig gerührt habt«, sie griff nach einer bereitstehenden Rumflasche und goss einen ordentlichen Schuss Rum in die Schüssel, »kippt ihr eine anständige Ladung Piratenschweiß in den Teig! Danach stellt ihr den Mixer ab und probiert mit einem Teelöffel, ob der Rum überhaupt noch gut war!«
Steffi tauchte neben Anna auf und schrie: »Seit wann macht der Mixer so einen Krach?«
Lothar schrie hinter der Kamera: »Weil Frau Schnulze die Rührstäbe wieder schief reingesteckt hat und die sich gegenseitig bremsen!«
Anna schaltete den Mixer aus, murmelte »Gar nicht!« und goss dann über der Teigschüssel vorsichtig Rum auf einen Suppenlöffel, um ihn zu probieren. Steffi und Lothar beobachteten gespannt, wie sie das Gesicht verzog und sich schüttelte, dann stellte sie fest: »Ich muss noch einen probieren, ich bin noch nicht ganz sicher, ob der noch schmeckt!«
Steffi drängte sie kopfschüttelnd zur Seite und steckte die Rührstäbe richtig in den Mixer. »Fünfhundert Gramm Mehl? Für einen einzigen Kuchen? Bist du sicher?«
Anna probierte noch einen Löffel Rum und nickte heftig. »Klar bin ich sicher! Ich backe diesen Kuchen jedes Jahr in dreifacher Ausfertigung, zwei für Svens Familie und einen für mich! Und dieses Jahr sogar noch zwei für Irland, weil, die haben ja keine Kühe, die Platt schnacken, die armen Menschen!«
Steffi füllte das Mehl in die Schüssel und fing ächzend an zu rühren. »Bist du sicher, dass Johns Gepäck nicht zu schwer wird, wenn er zwei Monsterkuchen mitnimmt?«
Anna winkte ab und puderte Steffi und die Teigschüssel mit Backpulver ein. »Der packt eh nur zwei Flanellhemden in seinen Seesack! Und jetzt kommt das Beste!«
Anna fing an, Berge von bunten Würfelchen in allen Farben in die Schüssel zu schubsen. »Zitronat, meine Damen und Herren! Zitronat ist Zeug und besteht aus dem Mesokarp der Zitronatzitrone! Mir ist vollkommen klar, dass das klingt wie etwas, was man besser nicht essen sollte, aber man kann einfach nicht anders! Außer, man mag das nicht, dann backt ihr einfach schwedischen Tigerkaka. Der gemeine Schwede spricht das übrigens so ähnlich aus wie Tigekocka, das müsst ihr euch von Sven mal vorsagen lassen, ihr schmeißt euch weg und holt sofort einen Imbusschlüssel, weil ihr denkt, ihr dürft was zusammenbauen! So! Orangeat und ganz wichtig: Belegkirschen! Quietschrote Belegkirschen, die laut Packung zu 54 % aus Kirschen bestehen, die restlichen 46 % wollen wir gar nicht wissen! Die schneidet ihr aber vorher durch, ja, durch! Erstens verteilen die sich dann besser und zweitens könnt ihr dann eine für euch nehmen, eine für die Schüssel und immer so weiter! Wenn euch nämlich schon bei der Vorbereitung schlecht wird, nascht ihr nicht ganz so viel Teig und habt dann hinterher mehr Kuchen!«
Steffi blies sich rührend eine Haarsträhne aus der Stirn und rief über das Scheppern des Mixers: »Muss der so fest sein?«
Anna schüttete Milch in den Teig und erklärte der Kamera: »Der Teig darf nicht reißend vom Löffel fallen, ja? Nicht reißend, meine Damen und Herren! Eher so was zwischen kleckernd und plumpsend, auf jeden Fall geschmeidiger als reißend! Spätestens nach dem zehnten Kuchen habt ihr das voll raus!«
Steffi fuhrwerkte stöhnend mit dem Mixer in der Schüssel herum und japste atemlos: »Schon viel besser! In was für eine Form kommt das Monster?«
»Ich hab da schon was vorbereitet!« Anna hielt eine riesige Kastenform in die Kamera. »Hast du das, Bärchen? Ihr braucht die größte Kastenform, die ihr finden könnt und die fettet ihr dann mit plattdeutscher Butter aus und dann müsst ihr da Mehl reinstreuen, weil ihr zu blöd seid, Semmelbrösel zu kaufen! Hast du das Bärchen, Semmelblödel!«
Lothar nickte so eifrig, dass die Kamera schwankte. »Wann kann ich denn jetzt endlich essen?«
Anna sprang wieder ins Bild. »Ah, ganz wichtig! Wenn ihr so einen Backofen habt, der es ernst meint, also, so richtig ernst, ja? So einen, wo die Pizza immer schwarz wird, weil ihr alles genau so macht, wie es auf der Packung steht, dann backt dieses Prachtstück bitte nur bei 150 Grad! Alle, die einen Ofen haben, der seinen Namen tanzen kann und mit selbstgemachter veganer Knete die Mondphasen nachbastelt, dürfen Kuchi bei 175 Grad backen!«
Steffi schnappte sich einen Rührstab aus dem Mixer, schleckte ihn ab und fiel mit einem seligen Seufzer auf einen Stuhl. »Ich kann nicht mehr!«
Anna rückte ihr Rentiergeweih zurecht und blinzelte zufrieden in die Kamera. »Wir schalten zurück zum Funkhaus.«
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Drei Pfeffernüsse für Semmelbrösel
ChickLitWeihnachtsromantik ist eine kniffelige Sache, da kann viel schiefgehen. Besonders bei John, Anna und Sven, die eine abenteuerliche Dreiecksbeziehung führen. Trotzdem wollen die drei Weihnachten feiern wie jedes andere Liebespaar auch - nur eben zu d...