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„Bei mir kenne ich den Grund, doch bei dir..."

Der Rothaarige stoppte abrupt und fuhr sich seufzend durch die Haare. „Du bist mal wieder ein Sonderling. Ich habe keine Ahnung, was dich hier in der Welt hält oder was dich erst hier her gebracht hat. Normalerweise landet man hier nur, wenn man noch einen unerfüllten Wunsch hat."

Dazai grübelte. Einen unerfüllten Wunsch... Dabei hat sich mit seinem Tod doch sein größter Wunsch erfüllt. Sein Wunsch von Freiheit.

Langsam lehnte er sich zurück. Spürte wie sich die Lehne des Stuhls nach hinten beugte.
Sah die Decke.
Und seufzte.

Er schloss die Augen. Warum immer er? Das konnte doch nicht sein.

„Was ist denn dein Grund, hier zu sein, Oda?"

Gefragter sah den Jüngeren nur nachdenklich an, bevor er sagte „Du. Du warst der Grund. Der einzige Wunsch den ich hegte, war, dass du ein Leben erfüllt von Glück führst."

Dazai runzelte die Stirn. „Aber ich war doch glücklich. Ich hatte Freunde, einen tollen Job..."

„Und doch hast du dich nach dem Tod gesehnt?"

Der Braunhaarige richtete sich schlagartig auf und sah in Odas Augen. Stimmt, er hatte recht. Weshalb sollte jemand, der glücklich wahr, sich den Tod wünschen?

Sein Blick leerte sich. Wieso hatte er es sich überhaupt gewünscht?

Weil er die Last der Vergangenheit nicht mehr tragen wollte? Weil er nicht wollte, dass noch mehr Menschen, ob körperlich oder seelisch, von ihm verletzt wurden? Weil er nicht wollte, dass wieder jemand wegen ihm starb?

War es überhaupt wirklich sein Wunsch gewesen?

Kurz blitzten sowohl ein Wort als auch ein Bild vor seinem Inneren Auge auf. Doch schüttelte er eilig den Kopf. Nein, dass war es nicht. Das konnte es nicht sein.

Dennoch... tief in sich hatte er das Bedürfnis...

Einige Minuten beobachtete Odasaku den Jüngeren nun schon besorgt und als ebenjener ruckartig aufstand, ja beinahe schon aufsprang, zuckte er unweigerlich ein wenig zusammen. Seine Augen folgten dem Braunhaarigen, welcher zielstrebig auf den Ausgang des Büros zuging.

Doch bevor Dazai nur ansatzweise die Klinke berühren konnte, erklang die Frage ,,Wo willst du jetzt hin?"

Osamu drehte sich um seine eigene Achse und antwortete mit einem breitem Grinsen im Gesicht ,,Das wirst du schon noch sehen."

Kaum hatte er dies ausgesprochen, wirbelte der Braunhaarige wieder herum, drückte die Klinke hinunter, stieß die Tür auf und huschte heraus. Odasaku blinzelte perplex, bevor er, noch ehe die Tür sich wieder geschlossen hatte, seinem ehemaligen Vorgesetzten folgte.

Ihre Schritte hallten in der Gegend wieder, während die rote Sonne ihren Weg erleuchtet. Dazai hatte sie zu einer verlassenen Gegend nahe dem Hafen geführt und nun einen Pfad eingeschlagen, welchen der Rothaarige auch jetzt noch nur zu gut kannte.

Was der Kleinere zu solch abendlicher Stunde, dort noch wollte, war ihm jedoch gänzlich unklar. Eigentlich müssten die Meisten schließlich schon Feierabend, wenn es so etwas denn dort gab, gemacht haben. Und diejenigen, welche mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% noch dort waren, konnte Dazai unmöglich sehen wollen.

Dennoch, trotz all seiner Fragen, folgte er dem Jüngeren ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben. Selbst als sie am Eingang des schwarzen Hochhauskomplexes waren und Dazai versuchte einen der bewachenden Gorillas zu ärgern, bewahrte er Stillschweigen.

Erst nachdem er nach Jahren zum ersten Mal wieder, das Hauptquartier der Port Mafia betreten hatte, brach er die Stille mit der Frage ,,Was möchtest du hier?"

Keine Antwort. Dazai gab ihm keine Antwort. Lediglich deutete der Braunhaarige ihm, ihm zu folgen. Flur für Flur gingen sie lang. Treppe für Treppe erklommen sie.

Bis die beiden Ex-Mafiosi vor einer roten Tür stehen blieben.

Oda selbst wusste nicht, wo sie waren. Dazai hingegen öffnete die Tür ohne lange zu verharren vorsichtig und schielte hinein.

Es war ein Büro. Die Wände waren in einem warmen beige gestrichen, in der Mitte stand ein Schreibtisch aus massiven, dunklem Holz und an der Wand hinter dem Tisch hing ein gut gefülltes Weinregal.

Doch dies interessierte Dazai, gemeinsam mit der restlichen Möblierung, recht wenig. Viel wichtiger war ihm die Person, welcher dieses Büro gehörte.

Und diese war, zu seiner geheimen Freude, anwesend. Sein Kopf war auf seinen Arme gebettet, welche auf dem Schreibtisch lagen und er schlief ganz eindeutig.

Dazai stand einfach nur weiter im Türrahmen und beobachtete sie, während Odas Neugierde doch langsam siegte. So schob der Sakunosuke den Bandagierten einfach weiter in den Raum und trat hinter ihm hervor.

Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er letztlich erkannte, wo sie waren.

,,Woher wusstest du, dass er noch hier ist?"

Dazai lächelte sanft und meinte ,,Bis eben war ich mir selbst nicht so ganz sicher..."

Noch während er redete ging Dazai auf den Schreibtisch zu, bis er letztlich genau vor diesem stand ,,... ob der Werte Chibi heute mit seinem liebsten Kumpanen Überstunden macht."

,,Liebster Kumpane?"

Es war eigentlich nur eine nebensächliche und geflüsterte Frage. Doch reagierte Dazai sofort, in dem er über seine Schulter zu Oda sah und mit einem verschwörerischen Glitzern in den Augen mit nur einem Wort antwortete ,,Wein."

>Was sollte es auch anderes sein.< seufzte Sakunosuke innerlich. Dazai hat ihm früher viel über die Vorliebe seines orangehaarigen Partners erzählt. Meistens dann, wenn sie im Lupin auf Ango warteten und der ehemalige Executive selbst schon das ein oder andere Glas Whiskey hatte.

Apropo Dazai, dieser hatte seine volle Aufmerksamkeit nun auf den Schlafenden gerichtet. Intensiv betrachtete er diesen. Die leicht abstehenden, heute offenen, Haare. Der Hut welcher von dem Kopf seines Eigentümers auf den Tisch gerutscht war. Das Gesicht welches gänzlich entspannt war. Das gleichmäßige heben und senken der Brust.

,,Ist er nicht niedlich, wenn er schläft." murmelte Dazai mehr zu sich selbst, als er mit seiner Inspektion durch war und seine Hand ausstreckte.

Langsam ließ er seine Finger durch die orange Mähne gleiten.

Ja, ihn hatte er, weshalb auch immer, sehen wollen.

,,Chūya."

[953 Wörter]

Das Kapitel war ein Kampf und auch wenn ich nicht so ganz damit zufrieden bin, hoffe ich, dass es euch gefallen hat.

Lg. Yozora

SeelenspielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt