Zuhause angekommen, versuchte ich lautlos in mein Zimmer zu schleichen. Ich hörte, dass Josh und mein Bruder im Wohnzimmer waren. Perfekt. Taylor sollte auf keinen Fall sehen, dass ich geweint habe oder auch immer noch weine.
„Rose?"
Shit. Also hat Taylor mich doch gehört. Ich versuchte mich zusammen zu reißen und antwortete mit einem kurzen „Ja?".
„Kannst du uns nicht etwas zu essen machen?"
War ja klar. Immer musste ich alles für ihn und seine Freunde machen. Er versteht einfach nicht, dass ich nicht sein Dienstmädchen bin. Wie soll er sich denn jemals alleine im Leben zu Recht finden?
„Nein!", antwortete ich schroff.
„Och bitte, Rose."
Bevor ich erneut antworten konnte hörte ich wie Josh etwas zu ihm sagte: „Lass Rose doch. Sie hat auch was Besseres zu tun als uns ständig zu bedienen. Wir können uns doch auch einfach eine Pizza oder so bestellen."
Innerlich dankte ich Josh dafür und ging schnell in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Kaum lag ich, brachen die Tränen, die ich gerade noch mehr oder weniger erfolgreich unterdrücken konnte, aus mir heraus.
Ich kann einfach nicht mehr. Scheiße Dad, warum musstest du mich verlassen? Reflexartig griff ich an meinen Hals zu meiner Kette, die mir mein Vater geschenkt hatte. Doch ich griff ins Leere. Panisch stand ich auf und schaute in den Spiegel. Nein. Das kann nicht sein! Meine Kette ist verschwunden. Unter Tränen brach ich auf den Boden meines Zimmers zusammen.
Ich weiß nicht wie lange ich auf dem Boden saß und weinte, doch für mich stand nach einiger Zeit fest, dass so mein Leben nicht weitergehen kann. Sollte mein Leben überhaupt weitergehen? Ich kann nicht mehr. Ich vermisse meinen Dad. Ich vermisse meine Mum, die sich nur noch in ihrer Arbeit verkriecht oder bei Mike ist und ich vermisse Em. Würde mich überhaupt jemand vermissen, wenn ich nicht mehr da bin? Ich bin doch eh allen egal und denen, den ich nicht egal bin, die werden Ersatz für mich finden. Dan hat seine Freunde. Lia kann auch mit Taylor oder Joleen Barbie spielen und Taylor wird lernen sich selbst das Essen zu machen.
Ich nahm eine meiner neuen Rasierklingen, die ich letzte Woche noch gekauft hatte und zog meinen Ärmel hoch. Ich sah wieder einmal meine Narbe und musste an den Unfall denken. Das Leben war so kurz und konnte so schnell enden. Immer noch hielt ich die Klinge über meinen Arm. Sollte ich einen Schnitt wagen? Nein, das konnte ich nicht. Ich war es meinen Dad schuldig das beste aus meinem Leben zu machen, denn ich habe eine zweite Chance bekommen, während er seinen Schicksal erlegen war.
„Hey Rose, Tay holt gerade Pizza und ich wollte dich fragen... Rose? Was machst du da?", rief Josh, als er meine Zimmertür, ohne zu klopfen, öffnete.
Erschrocken schaute ich zu ihm hoch und sah wie er auf mich zu gerannt kam und, bevor ich es verhindern konnte, mir die Klinge aus der Hand nahm.
„Lass mich bitte einfach allein.", flüsterte ich erschöpft.
„Spinnst du? Was soll das?", fragte Josh fassungslos
„Wonach sieht es denn aus?"
„Man Rose, ist dir dein Leben so egal? Und was ist mit deiner Familie? Ist sie dir etwa auch so egal, dass du sie einfach im Stich lassen willst."
„Ich lass meine Familie nicht im Stich! Kannst du nicht einfach wieder verschwinden?"
Ich glaube der Schock hat sich in zwischen bei Josh gelegt. Er wirkte eher immer wütender aber auch ein bisschen besorgt.
„Ich werde ganz sicher nicht gehen! Und ja, du lässt deine Familie im Stich, wenn du dir ohne Weiteres dein Leben nimmst! Denk doch mal an deine Mum. Sie wäre am Boden zerstört, wenn du nicht mehr hier wärst und was ist mit Tay und Lia? Denkst du du bist ihnen egal? Glaub mir, Taylor würde alles für dich machen, du musst nur zulassen, dass er dir helfen kann und was sollte er Lia erzählen? Soll er ihr etwa erzählen Lia, es tut mir zwar Leid aber deine Schwester, dein großes Vorbild, hatte kein Bock mehr auf ihr Leben und hat uns deshalb allein gelassen.? Komm schon Rose! So beschissen kann dein Leben gar nicht sein, als dass du all die, die dich jemals glücklich gemacht haben, hier zurück lassen willst."
Erst jetzt begriff ich, warum Josh so überreagierte, nur weil ich heulend am Boden saß. Ich hatte bereits ganz vergessen, dass ich immer noch die Klinge in der Hand hatte und es für ihn wirklich so ausgesehen haben muss, als ob ich dabei wäre, mir das Leben zu nehmen.
„Josh, hör zu. Es ist nicht so wie es aussieht. Ja, ich hatte überlegt mich zu ritzen aber mir ist schon, bevor du in mein Zimmer gekommen bist, klar geworden, dass das keine Lösung ist und dass ich anders lernen muss mit meinen beschissenen Leben klar zu kommen. Niemals könnte ich meiner Familie weh tun, indem ich sie zurück lasse."
Mir schien es als hätte Josh mir mit seinen Worten die Augen geöffnet. Auch wenn ich zuvor daran gezweifelt habe, dass meine Familie mich vermissen würde, wenn ich nicht mehr da wäre, ist mir durch Josh klar geworden, dass ich ihnen wichtiger bin, als ich zuvor vermutet hatte.
Falls es überhaupt noch ging, fing ich noch mehr an zu weinen und verlor jegliche Körperspannung. Josh kam auf mich zu und setzte sich neben mir. Er sagte nichts. Alles was er tat war, mich im Arm zu halten. Ich genoss es wirklich. Josh zeigte mir, dass er für mich da ist und genau das war es, was ich im Moment brauchte. Kein Wort hätte mich mehr trösten können als seine Umarmung.
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Promised
Teen FictionMit einem Verlust umzugehen ist schwer. Noch schwerer ist es, wenn man dabei zusehen musste wie eine geliebte Peron, vor deinen eigenen Augen, aus den Leben gerissen wird. Diese Erfahrung musste die 16 jährige Rose machen. Es fällt ihr schwer damit...