Kapitel 18 - Recherchen

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2. Februar 2081

20.44 Uhr Ortszeit

HTS-Notfallquartier, Alaska

Mirage hätte am liebsten irgendwas kaputt gemacht. Sie ballte die Fäuste, beherrschte sich aber. Gale neben ihr starrte gebannt auf einen der Hauptschirme in der Kommandozentrale. „Was wissen wir über Jasons Tod?", fragte er. Sie schluckte den Kloß im Hals herunter, zählte in Gedanken bis fünf, um sich zu beruhigen. „Dai hat ihn erschossen. Mit einem BC-20. Ich dachte eigentlich von den Dingern gibt es nur halbfertige Prototypen." Gale starrte weiterhin den Bildschirm an.

„Glaubst du, sein Opfer war die ganze Sache wert?", fragte er. Mirage schüttelte den Kopf.

„Er hat sich nicht geopfert. Er ist einfach nur gestorben. Und gerade das macht mich so wütend."

„Wir müssen schnell handeln", fuhr Gale fort. „Jetzt haben wir Jan befreit. Wer weiß, wie lange unser Vorteil von Nutzen ist."

„Wenn es denn überhaupt ein Vorteil ist", gab Mirage zu Bedenken. „Immerhin wissen wir immer noch nicht, was Ike für Trümpfe in der Hand hat."

Gale wechselte das Thema. „Meinst du, wir sollten es Jan sagen?" Mirage überlegte. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Mir gefällt keine der beiden Möglichkeiten."

„Ist es nicht immer so?"

„Was schlägst du vor?" Er zögerte. Mirage sah, wie viel Überwindung es ihn kostete den Mund aufzumachen. „Ich... bin für die erste Variante. Sie ist sicherer." Mirage nickte. Sie wusste er hatte Recht, wollte es aber nicht wahr haben. Wieso, bin ich diejenige, die immer die scheiß Entscheidungen treffen muss? „Mirage?" Jetzt klang Gale ein wenig forscher. „Du wirst doch tun was nötig ist, oder? Sonst haben wir schon verloren, bevor wir nach Japan gelangen. Erinnere dich an Chain. An seine Worte." Sie wusste nur zu gut, was Chain immer wieder gesagt hatte.

„Ich gehe und rede mit Jade", sagte sie. „Bereite alles zum Aufbruch vor." Gale nickte und verließ die Kommandozentrale. Mirage dachte daran, was er gesagt hatte. Es war Krieg und als Anführerin hatte sie Entscheidungen zu treffen. Man musste immer das Gemeinwohl im Blick haben und das Leben von Einzelnen hinten anstellen. Jasons Tod war für das Resultat der Befreiungsaktion völlig belanglos gewesen. Was für ein Scheißdreck! Mirage schnaubte wütend. Wie sie es hasste, für alles verantwortlich zu sein!



Die Basis ragte aus der Eiswüste wie ein riesiges Raubtier, das auf seine Beute wartete. Grauer Beton, der hier und da von Schneekappen bedeckt wurde. Der beinahe fensterlose Komplex klebte wie ein Wespennest an der Bergwand. Die Verteidigungsanlagen waren passabel, doch einem Angriff von Cybit würde die HTS-Notfallbasis keine Stunde standhalten. Jan starrte an die Wand seines Raumes und versuchte nicht an Jason zu denken. Das Zimmer war genau wie jenes, das ihn in der Hauptbasis beherbergt hatte, mit dem einzigen Unterschied, dass die Wände hier trist und grau waren.

Es war keine Stunde vergangen, seitdem sie Jason eingeäschert hatten. Mirage hatte ein paar Worte gesagt, aber Jan hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Jade hatte er auch wieder gesehen, doch wie er war sie nicht in guter Stimmung gewesen. Sie hatten sich lediglich begrüßt und sich ein wenig ausgetauscht. Ihre Umarmung hatte Jan gut getan, doch die Wirkung war schnell verflogen gewesen.

Projekt- Systems online (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt