Brian starrte den Bildschirm an, als könnte er ihn dazu zwingen, die Informationen von alleine auszuspucken. Aber bis jetzt waren sie nicht viel weiter, als bis vor vier Stunden. Das ärgerte Brian zu tiefst. Wozu bezahlte die ACP denn die weltweit besten Hacker und Code-Knacker, wenn sie nicht einmal mehr die Verschlüsselung eines einfachen USB-Sticks überwinden konnten? Zugegeben, die Projekte verfügten über ausgereifte Technologien, aber dennoch... Waren sie nicht Projekt-Jäger? War es nicht die Aufgabe eines Jägers, schlauer als seine Beute zu sein? Sie zu überlisten, alle Dinge über sie zu verstehen und ihr damit mehrere Schritte voraus zu sein?
Der Krieg war nicht gewonnen, er war lediglich in eine zweite Phase übergegangen. Es war allerdings wichtig der Öffentlichkeit jetzt ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu geben. Millionen waren tot, Städte zerstört und damit auch die Leben von unzähligen Menschen, die nun ihr Zuhause verloren hatten. Sie mussten die restlichen Projekte so schnell wie nur möglich fassen und eliminieren. Die ACP hatte einige der Mechs erbeuten können, der Großteil dieser Kampfeinheiten war jedoch zerstört worden. Auch die Raubvogel-Flugeinheiten hätte der Präsident gerne in die Finger bekommen, aber an die heranzukommen war noch schwieriger. Die Überreste, die sie von diesen Maschinen fanden waren allesamt nicht mehr zu gebrauchen, auch für Forschungsarbeiten nicht.
Aber vorerst war der nächste Schritt in Richtung Sieg die Entschlüsselung dieses verdammten Sticks! Brian fluchte leise und starrte das kleine schwarze Ding wie seinen persönlichen Feind an. Der USB-Stick war eines von wenigen Artefakten, die aus einer Projekt-Basis in Alaska hatten geborgen werden können, bevor diese in die Luft gegangen war. Offensichtlich hatten die Projekte ihre Spuren bestmöglich verwischen wollen. Brian hatte bei diesem Einsatz drei Männer verloren, aber für jeden von ihnen waren anderswo zehn von diesen scheiß Arschlöchern draufgegangen. Er lächelte still in sich hinein. Er würde keinen dieser Dreckssäcke entkommen lassen. Er würde sie alle finden und ihnen die Hälse höchstpersönlich umdrehen. Rache verjährt nicht, dachte er bitter. Er würde Leben für Leben nehmen, Gleiches mit Gleichem vergelten. Für alle, die er verloren hatte.
„Brian!", wurde er unsanft aus seinen traurigen Gedanken gerissen und darüber war er auch ganz froh. Er drehte sich um. Dorian kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. Das Lächeln verschwand kurz aus seinem runden Gesicht, als er Brian ansah. „Oh, tut mir leid, ich..." Brian wischte sich die Tränen aus den Augen. „Schon okay", sagte er.
„Erinnerungen?", fragte Dorian sanft. Brian nickte. „Soll ich später...?" Brian schüttelte den Kopf. „Es geht schon wieder. Zeig her, was du hast." Das Lächeln kehrte auf das Gesicht seines Freundes zurück. „Erstens, wir können die Technologie der Mechs nutzen, um uns wesentlich besser gegen die Projekte zu rüsten! Panzerung, Waffen, du weißt schon. Der Doc hat sogar die Behauptung gemacht, dass wir es möglicherweise fertig bringen selber solche Roboter herzustellen."
Das waren äußerst gute Neuigkeiten. „Klasse. Dann können wir den Wichsern besser in den Arsch treten." Dorian lachte.
„Schon wieder ganz der Alte, wie? Und zweitens..." Er ging an den Rechner. „Haben wir es endlich geschafft die Verschlüsselung zu knacken." Endlich. Damit konnte man arbeiten.
Dorian tippte mit seinen schlanken Fingern in Windeseile einen langen Zahlencode ein. Die Dateien waren frei gegeben. Dorian pfiff anerkennend durch die Zähne. „Wow, ziemlich viele Infos." Brian sah die Ordner durch. Über die Personenlisten freute er sich ganz besonders. „Jetzt haben wir endlich Anhaltspunkte, auf welche Köpfe wir in Zukunft zielen sollten, stimmt's?", sagte Dorian. Brian nickte. So viele wichtige Infos über mögliche Cybitmitglieder. Das brachte sie ein ordentliches Stück weiter.
„Über was freut ihr euch denn so?" Rochus war hinter ihnen aufgetaucht. Er war noch in voller Kampfmontur, wahrscheinlich war er gerade erst von einer Mission zurückgekehrt. Sein Anblick wischte Brian und Dorian das Lächeln vom Gesicht. Rochus stierte finster auf den Bildschirm. „Wirklich? Das nennt ihr brauchbare Infos?"
„Musst du einem immer gleich die Laune vermiesen?", wehrte sich Dorian. Rochus sah ihn kühl an. „Oh, tut mir leid", sagte er mit gekünsteltem Bedauern. Er wandte sich an Brian. „Aber mal ernsthaft, was erhoffst du dir von den Gesichtern der Cybit-Arschköpfe? Glaubst du ernsthaft, die laufen so in der Gegend rum? Ja?" Er machte einen Schritt auf Brian zu. Dieser tat ihm nicht den Gefallen zurückzuweichen. „Was sagst du?", bohrte Rochus nach. „Nein, verdammt nochmal, tun sie nicht! Die haben Rüstungen und Helme an und ballern auf alles, was sich bewegt, wenn sie sich überhaupt mal zeigen! Gesichter, mein naiver Freund, bringen uns etwas, wenn es sich um untergetauchte Projekte handeln! Die sich verstecken! Aber das sind Terroristen, Brian! Die hocken irgendwo in einem Versteck und schicken von da aus ihre Truppen auf Mordeinsätze!" Er drehte sich um und stolzierte davon. „Aber mit den Gesichtern von denen, ja, damit kann man bestimmt viel anfangen! Wenn ihr sie trefft, fragt sie doch mal, ob sie so nett sind und den Helm abnehmen!"
Dorian verdrehte die Augen und zeigte Rochus den Mittelfinger, dieser war im nächsten Moment aber schon verschwunden. „Recht hat er ja", gab er zu. „Aber er ist so ein Arschloch!" Brian wandte sich wieder dem Computer zu. „Lass gut sein. Es ärgert ihn am Meisten, wenn man ihm trotz allem höflich begegnet. Der Kerl ist eben ständig nur auf Stress aus."
„Wieso eigentlich?", wollte Dorian wissen. Brian hatte keine eindeutige Antwort darauf. „Weiß nicht genau. Wenn man den Erzählungen über ihn glaubt, hat er nicht nur seine ganze Familie durch den Krieg, sondern auch zahlreiche Freunde und Kollegen verloren. Jeder Mensch hat nun einmal eine Schmerzgrenze. Rochus hat seine schon weit überschritten."
„Aber du doch auch und trotzdem bist du nicht so 'n Arsch", sagte Dorian. Brian dachte nach. „Ich glaube es liegt daran, dass ich früh gelernt habe mit Verlust umzugehen." Mehr brauchte Dorian nicht zu wissen. Glücklicherweise wollte Brians Freund das auch gar nicht. Stattdessen zeigte er auf eine Videodatei. „Hey, klick das mal an! Plan-B, oder wie das heißt!" Brian öffnete das Video.
Der Junge im Video war vielleicht neunzehn Jahre alt, hatte graue intelligente Augen, ein schmal geschnittenes Gesicht und kurze braune Haare. Er war blass und sah ziemlich erschöpft aus. Im Hintergrund waren Schemen zu erkennen. Umrisse von Geräten, so als befände sich der Junge in einem Krankenhaus. Genaueres war jedoch nicht auszumachen.
„Hallo", eröffnete er das Gespräch mit der Kamera.
„Ich bin Projekt Eta-5. Chain Roperts, zwanzig Jahre alt. Scout von Team Fire-Hawk der US-amerikanischen Projekteinheiten von HTS. Heute Morgen wurde ich offiziell für tot erklärt. Irgendwie bin ich das auch. Jade, Mirage, diese Nachricht ist speziell für euch. Ich hoffe Dr. Echo hat euch Plan-B erklärt. Es tut mir wirklich leid, ich weiß ich habe euch mit meinem Verlust bestimmt große Schmerzen bereitet. Aber es gibt keine andere Lösung. Ike ist uns viele Schritte voraus. Das ist die letzte Möglichkeit Cybit zu stoppen. Alles weitere über Plan-B wisst ihr ja. Ich weiß, das mag sich jetzt unglaubwürdig oder gar verrückt anhören, aber Dr. Echo hat eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe ich eine neue Identität annehmen kann. Sozusagen ein Bewusstseinstransfer in einen anderen Körper. Meine Erinnerungen werden weitgehend gelöscht werden. Nur so habe ich eine Chance Ike und seine ganze Bande von Psychopathen aufzuhalten und die Leben von noch weiteren Unschuldigen zu retten. Wenn es so weit ist, müsst ihr mich unbedingt finden und mich überzeugen und im Idealfall erhalte ich meine Erinnerungen zurück. Ich weiß, ihr schafft das. Alles weitere klärt Dr. Echo mit euch.
Jetzt aber zur letzten Grundlegenden Info. Meine neue Identität lautet
Jan Prestack."
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Projekt- Systems online (Teil 1)
Science FictionDie Welt 2080. Im Geheimen agiert HTS, eine Organisation gegründet, um den Weltfrieden zu sichern. Ihre größte Errungenschaft sind die Projekte. Junge Supersoldaten mit übermenschlichen Fähigkeiten. Nachdem er eine gravierende Amnesie erlitt, entsch...