Kapitel 17

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Nachdem Dumbledore wieder gegangen war, saß ich schweigend auf meinem Bett. Ich musste das alles erst einmal verarbeiten. Aber irgendwie war es dabei hilfreich, den immer noch tief und fest schlafenden Fred zu betrachten. Dumbledore hatte mir zum Abschied zugezwinkert und gesagt, dass Fred seit fünf Tagen ununterbrochen an meinem Bett saß und darauf wartete, dass ich aufwachte. Seitdem der Professor mir diese Neuigkeit mitgeteilt hatte, bekam ich das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht, auch wenn die Situation, in der ich mich momentan befand, weiß Gott nicht zu Lachen war. Trotzdem freute es mich, dass Fred bei mir geblieben war.

Irgendwann, nach einer Zeit, knarzte der Holzstuhl, auf dem der Weasley saß und Fred öffnete blinzelnd und gähnend die Augen. "Guten Morgen... Oder eher Mittag", begrüßte ich ihn lächelnd. Eine Sekunde erstarrte der Gryffindor, dann lächelte er. "Du bist wach! Wie geht es dir?"

"Besser." Sein Lächeln vertiefte sich. Doch dann verlagerte er irgendwie sein Gewicht und das lautstarke Knacken seines Rückens erschreckte uns beide. "Dieser Stuhl ist der Horror", murmelte er. Ich strich mir nervös eine nicht vorhandene Haarsträhne hinters Ohr. "Du kannst dich auch gern zu mir aufs Bett setzen", lud ich ihn etwas schüchtern ein. "Wirklich?" Ich nickte. "Danke." Langsam stand er unter lautem Knacken auf und legte sich neben mich, in diese halb sitzende, halb liegende Position, die ich eingenommen hatte. Zögerlich lehnte ich mich an ihn und er legte langsam seinen Arm um mich. Eine Weile schwiegen wir, doch dann war ich so blöd und beendete den wunderschönen Moment: "Ich habe mit Dumbledore gesprochen", erzählte ich im Flüsterton. "Oh, wirklich? Und was hat er gesagt?" Ich wollte gerade antworten, da setzte Fred sich auf. "Mooment, heißt das, du bist schon länger wach?!"

"Naja, so ein bis zwei Stunden", erwiderte ich betont beiläufig. "Wieso... Wieso hast du mich nicht geweckt?!", brauste er auf. Ich zuckte zusammen. "Du hast so schön geschlafen", rechtfertigte ich mich. Dann grinste ich schelmisch: "Außerdem meinte Dumbledore, dass ich dich schlafen lassen solle, weil du ja seit fünf Tagen ununterbrochen an meinem Bett sitzt!" Ich schaute Fred ganz genau an bei diesen Worten und er wirkte tatsächlich etwas verlegen. "Naja, vielleicht nicht ganz fünf Tage..." "Doch, Dumbledore sagte ganz klar, fünf Tage! Und dieser Mann irrt sich nie!" Der Weasley neben mir wand sich offenbar innerlich. "Ich wollte halt, dass jemand bei dir ist, wenn du aufwachst." Ich lächelte glücklich und plötzlich wusste ich, dass Fred genauso für mich empfand, wie ich für ihn. Es konnte nicht anders sein!

Ich weiß nicht, woher ich den Mut für meine nächste Handlung nahm. Vielleicht ist die Erklärung, dass ich immer noch unter Medikamenten stand. Vielleicht war ich auch einfach verrückt geworden. Doch ich setzte mich auf und drehte mich zu Fred. Eine Sekunde schauten wir uns in die Augen, dann lehnte ich mich vor und drückte meine Lippen auf seine. Zuerst machte Fred nichts. Er erwiderte den Kuss nicht und stieß mich auch nicht weg. Aber für mich war es wie eine Zurückweisung. Vielleicht hatte ich das doch ganz falsch verstanden. Wahrscheinlich war ich für ihn doch nur eine Freundin. Schnell löste ich mich von ihm. Er starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an und ich wurde knallrot, während ich bemerkte, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Ich war so blöd! Schnell wandte ich den Blick ab. "Es tut mir l...", setzte ich an, doch der rothaarige Weasley unterbrach mich. Nicht mit Worten, nein, er küsste mich. Er legte unendlich sanft seine Hand an meine Wange und drückte seine Lippen auf meine.

Es war noch schöner, als unser erster Kuss. Denn diesmal war es kein Täuschungsmanöver, keine Lüge, keine Lektion. Wir waren allein, Fred musste niemandem etwas beweisen und doch küsste er mich. Diesmal war ich die, die zuerst in Schockstarre verfiel. Aber dann erwiderte ich den Kuss. Erst als uns langsam die Luft knapp wurde, lösten wir uns wieder voneinander. "Wow", murmelte ich und Fred lachte. "Du sprichst aus, was ich denke!", kicherte er. Ich legte meine Arme um seinen Hals. "Tja, du bist halt ein offenes Buch für mich", gab ich an, doch Fred wurde lachte nicht. Er schaute mir ernst in die Augen. "Und trotzdem hast du es die ganze Zeit über einfach nicht kapiert!"

"Was nicht kapiert?!", hakte ich verwirrt nach. Er öffnete den Mund, um mir zu antworten, doch in diesem Moment flog die Tür auf. Wir fuhren auseinander, als hätten wir etwas Verbotenes getan. Lee stand in der Tür. Ausgerechnet er! Das war doch wohl nicht zu fassen. Befanden wir uns hier in irgendeinem Kitschfilm?

"Hey, Faith... Du bist wach!", stellte er lächelnd fest. Fred rutschte vom Bett und vermied es, mich anzusehen. "Ich geh dann mal. Ich will euch nicht stören", murmelte der sonst so lustige Scherzkeks etwas unfreundlich und ging zur Tür. "Du störst doch nicht!", rief ich ihm nach, doch er hörte es nicht mehr. Etwas verdattert blickte ich ihm nach. Was war das denn für ein Abgang?

"Fay!", ertönte Lees freudige Stimme, während er zu mir kam und sich neben mich setzte. Strahlend zog er mich in seine Arme. "Was machst du nur für Sachen?!" Ich brauchte einige Sekunden, bis ich kapierte, dass er nicht den Kuss mit Fred, sondern meinen Auftritt beim Turnier meinte. Hui, ich war völlig durch den Wind. "Ach, das weiß ich doch auch nicht", murmelte ich und vergrub mein Gesicht an seinem dunklen Nacken. Es war schön, von ihm so gehalten zu werden, doch das war kein Vergleich zu den Schmetterlingen, die bei jeder Berührung von Fred durch meinen Bauch flatterten. "Lee?", begann ich und löste mich aus seiner warmen Umarmung. "Ja?", fragte er und lächelte. Wieso machte er mir das nur so schwer?! Konnte er nicht irgendein Fiesling sein, der mir allen Grund dazu gab, ihn abzuweisen? "Lee, ich weiß, dass du etwas für mich empfindest", sagte ich einfach so gerade heraus.

Meine Güte, ich war heute echt mutig. Vielleicht hatte man mir im Krankenflügel irgendwie meine Schüchternheit rausoperiert und eine Handvoll Courage dafür eingesetzt. Aber nein, dann müsste ich ja irgendwo eine Narbe haben... Alles klar, was war eigentlich los mit mir?!

Lee starrte mich sprachlos an. "Ähh... Also... Wir sind Freunde...", stotterte er, "Da ist es normal, etwas für den anderen zu empfinden, Fay." Sein Satz endete in einem nervösen, künstlichen Lachen. "Nein, ich glaube, dass du für mich mehr als Freundschaft empfindest."

"Und wenn es so wäre?", fragte Lee und schaute mir in die Augen. "Dann müsste ich dir sagen, dass... Ich nicht so empfinde." Der dunkelhäutige Gryffindor zuckte zurück. "Was?!"

"Lee, ich mag dich sehr gern! Wirklich. Du bist lieb und nett und witzig und du bist... wie ein Bruder für mich! Nur ich bin nicht in dich verliebt. Es tut mir so leid, dass ich dir das sagen muss, aber ich bin bereits verliebt. Mehr als verliebt. In jemand anderen."Lee schaute mich nur stumm an. Er sah so verletzt aus. Was hatte ich bloß getan?! Wir starrten uns einige Zeit schweigend an.

"Es ist Fred, nicht wahr?"; brach Lee die Stille. Es hatte keinen Sinn mehr, es zu leugnen. Schließlich war das nun wirklich offensichtlich. Ich nickte also nur. "Es tut mir so leid", flüsterte ich. "Es... Es ist okay... Ich brauche vielleicht etwas Zeit, das zu verkraften. Es tut weh. Aber Fred ist ein sehr guter Freund von mir und ich will nur, dass ihr glücklich werdet. Sollte er dich allerdings jemals verletzen, kannst du immer zu mir kommen." Ein dankbares Lächeln legte sich auf mein Gesicht. "Danke!", flüsterte ich und umarmte ihn ganz fest. "Wir bleiben immer Freunde, ja?!"

"Ja", bestätigte der Gryffindor. Ich war erleichtert, dass ich nun dieses Problem aus der Welt geschafft hatte! Und es war auch glimpflich abgelaufen, jedenfalls für die Verhältnisse. Jemandem zu sagen, dass man ihn nicht liebte, sondern seinen besten Freund, das war schon hart. "Wir gehen aber trotzdem zusammen zum Ball, oder? Als Freunde?", fragte Lee zögerlich. Ich lächelte und schlug ihm gegen die Schulter. "Natürlich, du Idiot!"



In 4 Lektionen zum Erfolg- Eine Fred Weasley FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt