Unter einer Bedingung...

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Olivias p.o.v.

Gott, war das anstrengend! Wir liefen bestimmt schon seit Stunden! Meine Füße taten so weh!
Oh Mann, ich hörte mich ja an wie eine alte Jammertante.
Aber es war nicht mehr zum Aushalten!

Zwar fuhren wir auch mal mit der Tram (die übrigens passend zum Stil der Stadt auch nicht mehr die neuste war), aber da war natürlich nie ein Platz frei!

Wir hatten bereits das Pantheon besichtigt, ein kreisrundes Gebäude mit einer Kuppel, wo in der Mitte ein Loch war.
Innen war es sehr schön, es gab an den Wänden (oder der Wand? Hatte ein Kreis nur eine Wand?) viele kunstvolle Bilder und Verzierungen.
Wenn man sich vorstellte, dass das alles mal jemand gebaut und gemalt hatte....unfassbar.

Die Schreibmaschine, so nannte man ein anderes Gebäude, weil es wie eine Schreibmaschine aussah, hatten wir uns auch angeguckt.
Genauso wie die Spanische Treppe mit dem schönen Brunnen davor.

Überhaupt waren hier überall schöne Brunnen. Man konnte sich sogar Wasser davon holen!
Da würde man wohl nie verdursten müssen.

Zu Abend hatten wir auch schon gegessen. Ziemlich früh, wenn man bedachte, dass man in Italien eher spät aß. Aber das war nur eine kurze Ruhepause für meine Füße gewesen.
Kaum nennenswert.
Es kam mir irgendwie so vor, als würden wir mehr laufen als sonst was tun.

Und jetzt waren wir auf dem Weg zum Kolosseum.
Entsprechend meiner Schmerzen war ich auch schlecht gelaunt.

"Alles okay?", fragte mich Alessandro. Er war die ganze Zeit über neben mir geblieben, obwohl ich zur Zeit keine angenehme Gesprächspartnerin war.
Trotzdem hatte er meine Seite nicht verlassen. Irgendwie freute mich das. Auch wenn es das nicht sollte.

"Geht schon.", brummte ich.
Ich wollte vor ihm nicht jammern. Nicht meine Schwäche zeigen. Lieber ertrug ich da die Schmerzen. Er konnte mir ja sowieso nicht helfen. Ich musste da jetzt durch. Bis wir wieder im Hotel waren und ich endlich in mein Bett fallen konnte.

"Weißt du, ich könnte dir helfen.", sagte da Alessandro plötzlich.
"Wegen der Schmerzen in deinen Füßen."

Misstrauisch blickte ich ihn an. Woher wusste er das denn schon wieder?

Er musste die Frage wohl in meinem Gesicht abgelesen haben, denn er antwortete.

"Du siehst dich ständig nach einer Sitzgelegenheit um. Wenn wir mal kurz stehen, stehst du abwechselnd auf einem Bein und die ganze Zeit hast du so eine schlechte Stimmung. Ist nicht schwer zu erraten, was du hast."

Hm. Okay, er war wohl aufmerksamer als ich dachte.

Ich seufzte schwer.
"Und wie willst du mir deswegen helfen? Wir werden die Strecke so oder so laufen müssen."

Er grinste mich spitzbübisch an.
"Schon. Aber ich könnte dich tragen."

Ungläubig blickte ich ihn an. Das schlug er mir jetzt doch nicht wirklich vor, oder?

"Tragen? Durch Rom? Spinnst du? Wie sieht das denn aus?"

Er zuckte nur lässig mit den Schultern.
"Wen interessiert das schon, wie das aussieht? Hauptsache, deinen Füßen geht es gut, oder?"

Ich zögerte. Einerseits wäre es ziemlich peinlich, durch Rom getragen zu werden.
Andererseits....meine Füße schmerzten wirklich ganz schön. Ich war mir sicher, dass ich mir ein paar Blasen geholt hatte. Und ein bisschen Erholung....verdammt, ich würde fast alles dafür tun.

Seufzend stimmte ich zu.
"Okay, du darfst mich tragen."

Er schnaubte amüsiert.
"Ich darf. Welch Ehre, mia principessa*. Aber so einfach mach ich es dir nicht. Ich werde dich tragen. Aber unter einer Bedingung."

Beim letzten Satz grinste er mich wieder an.

Oh Mann. Ich hätte es ahnen müssen. Er liebte wohl seine Bedingungen. Was es wohl diesmal war?

"Und wie lautet diese Bedingung?", fragte ich ihn argwöhnisch.

"Ein Kuss. Ich will einen Kuss.", erklärte er mir mit einem Funkeln in den Augen.

Verdammt. Einen Kuss. Das konnte ich nicht tun. Nur zu gut erinnerte ich mich an den Kuss in seinem Zimmer, als Lisa uns unterbrochen hatte. Wenn sie nicht gewesen wäre...ich glaubte kaum, dass ich hätte aufhören können.

Außerdem würde ich ihm nach einem weiteren Kuss nur noch weniger widerstehen können.
Aber meine Füße...ich konnte denen nicht den restlichen Weg zum Kolosseum und dann den ganzen Weg zurück antun.

Sie würden mich umbringen. Und nein, das war ganz und gar nicht übertrieben. Vielleicht noch eher untertrieben.

Ich brauchte also ein Schlupfloch. Ich könnte ja zustimmen und später würde ich darum herumkommen, indem ....hm. Ja, indem....ah! Jetzt wusste ich es.
Ich würde ihm seinen ersehnten Kuss geben. Aber nicht auf den Mund. Er hatte schließlich nur 'Kuss' gesagt. Nicht wohin.
Ich könnte ihn wieder auf die Wange küssen. Oder auf die Hand. Vielleicht auch auf die Stirn.
Hauptsache nicht auf den Mund. Wo ich dann vielleicht mehr wollen würde.
Ja, ein Kuss auf die Stirn oder ähnliches war viel unverfänglicher.

So zuckte ich scheinbar lässig mit den Schultern.
"Gut, meinetwegen. Dann trag mich jetzt."

Kurz huschte Überraschung über sein Gesicht. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich so schnell einwilligte.
Tja. Er würde dann schon noch sehen, warum ich das so schnell getan hatte.

"Gut. Bleib kurz stehen."

Ich gehorchte. Und dann legte er auch schon den Arm unter meine Knie und meinen Rücken und hob mich hoch.

Jetzt befand ich mich an seine Brust gepresst. Um nicht runterzufallen, und weil ich auch nicht ganz wusste, wohin mit ihnen, legte ich ihm meine Hände um den Hals.

Und so liefen wir, bzw. er, durch Rom. Gott, war das peinlich. Um die Blicke der Leute um mich herum nicht zu sehen, vergrub ich meinen Kopf an seiner Brust. Mmh. Dieser schöne Duft füllte meine Nase.

Verdammt. Ich musste mich zusammenreißen! Nicht, dass ich noch etwas Dummes machte...

Ach, es war so schön nicht mehr laufen zu müssen! Meine Füße schmerzten zwar noch, aber das war immer noch besser, als selbst laufen zu müssen.
Meine Füße würden es mir am Abend danken.

Irgendwie war es hier an Alessandros Brust so gemütlich. Da könnte man ja fast einschlafen....
Aber nein, wir waren bestimmt bald am Kolosseum angelangt. Und das wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Also musste ich wohl oder übel wach bleiben. Auf dem Rückweg konnte ich ja dann ein wenig schlafen.

"Da vorne ist es schon.", sagte da Alessandro plötzlich.
Die Worte vibrierten in seiner Brust.
Plötzlich kam mir ein erschreckender Gedanke.

"Du trägst mich aber trotzdem weiter, oder?", fragte ich ihn.
Erst danach fiel mir auf, wie sich das anhörte. So anhänglich. Als würde mir dieser Platz an seiner Brust gefallen. Mist.

Er lachte amüsiert auf. Seine Brust bebte dabei.
Oh Mann. Hoffentlich interpretierte er das jetzt nicht falsch.
Wenigstens konnte er mein nun rotes Gesicht nicht sehen.

"Ich mein nur, weil meine Füße noch so wehtun.", erklärte ich mich.

"Weiß ich doch, cara mia.", erwiderte er immer noch amüsiert. Ich konnte mir ganz gut das Grinsen auf seinem Gesicht vorstellen.

Er hörte sich nicht so an, als würde er mir glauben. Oh Mann.

"Wenn du jetzt glaubst, ich will nicht von dir runter, weil es mir hier gefällt, bist du noch arroganter als ich dachte.", murmelte ich vor mich hin. Doch ich wusste, er konnte mich verstehen. Und das war auch meine Absicht.
Er sollte nicht glauben, dass ich es hier total gemütlich fand. Es war zu seinem Besten.

"Dann scheinst du arrogante Kerle wohl zu mögen.", konterte er schmunzelnd.

Das brachte mich erst mal zum Verstummen.

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*mia principessa = meine Prinzessin

I'm sorry, MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt