Kapitel 2 - die magische Begegnung

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                                                         << aus der Sicht von Mikail >>


Plötzlich wandte sie sich von mir ab, ihre Wangen hatten sich rosa gefärbt. Ein komisches Mädchen, dachte ich. Ich wollte ihr doch nur helfen. Irgendwie versuchte ich in ihr Gesicht zu blicken, doch sie verdeckte es mit ihren Händen. Langsam schaute ich von ihren Händen auf den Deckel des Buches, welches ich ihr aus dem Regal geholte habe. *Die mittelalterlichen Gaben Teil 2, das Gedankenlesen* Ich war erstaunt, ich schaute von dem Buch auf. "Warte, bist du...?", flüsterte ich. Ein plötzlicher Gedanke liess mich zusammenzucken. Das konnte doch nicht sein. Eine echte animo lectorem? Die waren doch schon fast ausgestorben! Eine so junge Gedankenleserin zu treffen ist ziemlich unwahrscheinlich. Vor sehr langer Zeit war die Welt noch voll von Ihnen. Doch weil sie so ziemlich alles Wissen beherrschten, wurden sie als übernatürliche Wesen betitelt (was sie ja auch irgendwie waren) und in grossen Massen hingerichtet. Die Menschen waren eifersüchtig, konnten sich nicht vorstellen, dass es Leute gab, die solche Mächte besassen. Die anderen Begabten haben sich einfach aus der Sache rausgehalten. Was ich an dieser Stelle anders getan hätte, aber da kann man ja nicht mehr gross was tun. Natürlich, ich könnte einfach in der Zeit zurückreisen, aber das würde alles nur noch schlimmer machen. Vielleicht würden die ganzen Begabten auffliegen und wenn ich wieder zurückreise existieren sie gar nicht mehr. Oder ich selbst wäre dann gar nicht mehr hier. Niemand hat Erfahrungen damit, noch nie habe ich von irgendjemanden gehört, dass er es geschafft hätte wieder zurückzukommen nachdem ein grosses Unheil verhindert wurde. Schliesslich ist das ja eigentlich unsere Aufgabe! Aber so opfern sich Tausende von Zeitreisenden für die Welt und auch von uns bleiben nur noch wenige übrig. Brutale Geschichte, ja, aber die Menschen hatten sich noch nie gut mit uns verstanden und mittlerweile weiss keiner mehr, dass es uns überhaupt gibt. Wir kommen nur noch in Sagen und Märchen vor, Geschichten von unseren Gaben werden kleinen Kindern zum Einschlafen vorgelesen oder auch Jugendliche vergnügen sich mit den Erzählungen meiner Vorfahren.

Seitdem ich in Gedanken versunken war hat sie sich kaum bewegt und auch keinen einzigen Mucks gemacht. Ihr Gesicht hielt sie immer noch verdeckt. Als ich wieder zu ihr hochschaute, wollte sie einen Schritt nach hinten machen, doch ich hielt sie an ihrem Handgelenk fest und lief los, während ich sie hinter mir herzog. Mir war etwas in den Sinn gekommen. Etwas, dass ich nie jemandem zeigen konnte. Doch ich wusste was nun zu tun war. Ich war plötzlich Feuer und Flamme. Ihre Augen hatten sich vor Panik geweitet, doch sie wehrte sich nicht. Eigentlich wollte ich ihr gar keine Angst machen, aber da gab es etwas, das endlich gezeigt werden muss und wofür sie sich wahrscheinlich ziemlich interessieren würde. Also führte ich sie um einige Bücherregale herum, bis wir zu einem stillen Abteil gelangten, in dem sich niemand befand und sich auch nie Kunden befinden würden. Rechts neben uns, ganz in der Ecke dieses Raumes, befanden sich unglaublich viele Bücher. Als ich das Buch entdeckte, nach dem ich gesucht hatte, lief ich eilig darauf zu. Das Mädchen kam mit, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Langsam hielt ich das Buch mit dem bordeauxroten Einband fest und schob es nach hinten. Ein leises "Klack" war zu hören und das Buch richtete sich von selber wieder an seinen Platz zurück. Das Bücherregal neben uns begann sich ruckartig zu bewegen und verschwand über uns in der Steinmauer. Ein geheimer Durchgang hatte sich geöffnet. Darin führte und eine steile Wendeltreppe tief in den Boden. Mit meiner linken Hand streife ich die kalte Steinmauer, damit wir beide nicht hinfielen und mit der anderen hielt ich das Mädchen immer noch fest umklammert. Die Treppenstufen wurden immer schmaler und endeten in einem dunklen Gang. Am Ende des Ganges befand sich eine riesige Eisentür. Dann find sie endlich mal an zu reden: "W..w..was ist da ?", stotterte sie , "wo bringst du mich hin?"

Eigentlich hätte sie schon längst wegrennen können, ich war nicht besonders stark, ich hätte wahrscheinlich kaum eine Chance gegen sie. Im Gegensatz zu mir sah sie ziemlich sportlich aus. Aber irgendwie schien sie mir zu vertrauen, also liess ich sie langsam los. An ihrem Handgelenk hatte sich eine kleine, rote Stelle gebildet. Da habe ich wohl fester gedrückt als gedacht. In Ihren Augen konnte ich erkennen, dass sie Angst hatte. Die tempus viatorem verstanden sich nicht so gut mit den animo lectorem, das wusste ich. Aber dass das immer noch ein Thema bei Ihnen war, das war mir nicht klar. "Es tut mir leid", sagte ich zögernd, "das wollte ich nicht..."




Vielen Dank an jeden der bis hierhin schon gelesen hat, wir freuen uns sehr zu hören dass euch die Story gefällt! Bleibt gespannt für das Abenteuer von Liz und Mikail uwu <3

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Der Schatten an meiner SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt