Das seltsame Feuer

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„Soll das ein Witz sein?“, empört schaute Mia von ihrer Zeitung auf. „Die haben hier geschrieben, dass der Feueralarm Fehlalarm war. Ein Junge soll mit einem Feuerzeug den Alarm ausgelöst haben. Aber das kann doch gar nicht sein? Ich meine der ganze dritte und zweite Stock haben doch gebrannt.“ „Haben sie das wirklich geschrieben?“, fragte Zeo. Charlies Vater schaute sie an, als wären sie verrückt. „Es gab kein Feuer und nichts ist niedergebrannt. Wovon sprecht ihr denn?“, sagte er. „Aber Dad hast du denn gar nicht die meterhohen Flammen gesehen? Die waren doch kaum zu übersehen.“, sagte Charlie. Er wollte gerade noch tief Luftholen, um noch mehr zu sagen als Mias Großmutter dazwischen ging. „Ihr solltet mal so langsam zur Schule, ihr seid schon spät dran. Ach und Charlie das war alles sicher nur ein Traum.“ Zeo wollte ihr noch etwas entgegensetzen, aber sie hatte dieses merkwürdige Glitzern in den Augen und wenn das auftauchte, dann versuchte man erst gar nicht mehr zu wiedersprechen. Also gingen sie nach oben, um sich ihre Schultaschen über die Schulter zu werfen und um sich ihre Jacken und Schuhe anzuziehen. Wortlos verließen sie das Haus, doch kaum standen sie vor der Haustür fing Mia anzureden. „ Glaubt ihr, dass das wirklich nur ein Traum war?“, fragte sie. „Ich weiß nicht, kann doch schon sein, dass wir uns das bloß eingebildet haben oder?“, murmelte Charlie. „Wir schauen uns unsere Schule einfach mal an und wenn sie immer noch so abgebrannt ist, dann ist es ja wohl klar dass wir nicht spinnen oder?“, erwiderte Zeo. Die beiden anderen nickten ihm zustimmend zu. Nach einigen Minuten standen sie vor dem Schultor. Der Wind blies einige rosarote Blütenblätter, der umstehenden blühenden Kirschbäume über die Köpfe der Drei. Die Schule sah noch ganz genau so aus, wie sie sie gestern zurückgelassen hatten. Der Hof stand voller Fahrräder, der öde sandbraune Stein sah noch genauso langweilig aus wie eh und je, und an den Wänden waren bunte Graffitis zu sehen. Kein einziges Zeichen mehr von den orangeroten Flammen, die gestern noch aus den Fenstern schlugen, keine abgebrannten Bäume, kein rußgeschwärzter Stein und auch keine gaffende Menge, die das Feuer bestaunten. Rein gar nichts. „Dann war das alles nur ein Traum?“, fragte Zeo vorsichtig nach. „Scheint wohl so oder nicht?“, murmelte Mia. Charlie sagte dazu nichts. Ihm fiel wieder der Blick den Elena ihm zugeworfen hatte ein und auch der Regen der das Feuer aber partout nicht löschen konnte und die Feuerwehrmänner, die um Hilfe schrien. ‘Alles bloß Einbildung, bloß ein Traum. Das gab’s nicht, ich sehe doch nicht schon Dinge, die nicht existieren. ‘, wiederholte er in seinen Gedanken immer und immer wieder, wie eine Mantra. Die Schüler strömten in das Schulgebäude und rempelten hier und da jemanden an. Deswegen fiel es auch niemandem auf, wie sich eine schlanke Hand in Charlies Rucksack schlich und dort einen zusammengefalteten Zettel zwischen den Büchern platzierte. Das Trio lief hoch zu ihren Naturwissenschaftsräumen. Als sie dort auf ihre Klassenkameraden trafen, schnappten sie einige Gesprächsfetzen auf. „Falscher Feueralarm“, „ist ja auch nichts passiert“, „Zum Glück“ und „Schade ich hatte keinen Bock auf Schule“. Mia schaute kurz Zeo und Charlie bedeutend in die Augen. Anscheinend hatte niemand wirklich Flammen gesehen. Mit einem Mal drehten sich alle um. Elena kam den Flur hinaufgelaufen. Sofort bestürmten sie die Mädchen und Jungen mit Themen, wie Schminke oder Hausaufgaben. „Da hat aber jemand an Beliebtheit gewonnen.“, murmelte Mia leise. Zeo nickte zustimmend. Charlie drehte sich von ihr weg, er hatte gehofft, dass sie vielleicht anders wäre, aber er hatte sich augenscheinlich vertan. Plötzlich spürte er wieder einmal einen stechenden Blick in seinem Nacken. Er drehte sich langsam und vorsichtig um, da er eine Begegnung mit Maik nicht unbedingt haben wollte. Sein Blick begegnete dem von Elena. Sie schaute ihn bloß abschätzend ab und schien ihn genau zu mustern. Charlie wusste nicht, ob er sich vor ihren Blicken oder vor ihrem leichten Lächeln mehr fürchten sollte. Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken und jagte ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Doch dann wandte sie sich auch wieder den Anderen um und fing an mit ihnen zu reden. Charlie atmete einmal tief durch und senkte seinen Blick gen Boden. Als ihr Chemielehrer endlich kam und den Klassenraum öffnete, hob er nicht ein einziges Mal den Blick. Noch immer den Blick auf seine Füße geheftet, holte er aus seiner Tasche das Chemiebuch und seine Mappe mit dem Heft hervor. Er saß wie immer auf seinem Stammplatz neben Mia in der ersten Reihe. Zeo hatte sich auf Mias andere Seite gesetzt und schielte bettelnd auf Mias Mathematikhausaufgaben. Mathe hatten sie zwar danach, aber gemacht hatte er die Hausaufgaben sowieso nicht und hoffte jetzt auf Mias tatkräftige Unterstützung. Mia verdrehte aber bloß die Augen und widmete sich dann wieder ihren Notizen. Plötzlich bemerkte Charlie den kleinen Zettel der aus seinen Büchern hervorlugte. Er blickte sich schnell um. –Der war heute Morgen aber nicht da und einen zuwerfen tut sowieso niemand. Nicht zu mir.- Er zog ihn aus seinem Buch und fürchtete schon wieder das Opfer eines Streiches zu sein, doch als er es auffaltete fand er nichts dergleichen vor. In einer schönen, geschwungenen Schrift stand dort:

Gedanken unterscheiden sich manchmal nicht von der Realität. Orangerote Flammen kann man nicht vergessen.

Die Dunkelheit umhüllte das arme Opfer. Eine unnatürliche Kälte kroch lautlos durch den Raum. Leblose, blutrote Augen musterten sie. Der schwarze Schlund war weit aufgerissen. Das Mädchen mit den kurzen roten Haaren schrie. Der schrei verebbte ungehört in den Fluren des Museums. Es beugte sich vor, öffnete seinen Schlund saugte das immer schwächer werdende Licht in sich auf. Ein letzter Schrei, das Licht erlosch. Blut spritzte die Wände entlang. Das Etwas zog sich wieder zurück.

Blutbad in Museum 

(15-jähriges Mädchen tot im Museum aufgefunden)

Mehr es brauchte mehr. Das eine Licht war ihm nicht genug. Es wollte stärkeres Licht. Mehr Licht, immer mehr. Also floss in dieser Nacht noch mehr roter Lebenssaft.

 Massentod in einem Kinderheim

(109 Kinder und ihre Betreuer auf grausame Art gestorben)

Es verzehrte es nach ihm. Das strahlende Licht, das er seinem Herrn fangen sollte. Die Dunkelheit saugte es auf. Restlos, bis noch nicht mal mehr ein Funke übrig blieb. Und wo kein Funke war, war auch kein Leben.

Tragödie in einer Schule und in einem Krankenhaus

(Tausende Menschen starben)

 Lasst es beginnen!!

Die silberblaue Träne(Arbeitstitel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt