Lieber Mike...

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Lieber Mike,

damals, als du mich im Wald gefunden hast, hat etwas begonnen, das ich bis heute nicht beschreiben kann. Magie? Oder einfach nur Liebe?

Ich war gerade aus dem Labor
ausgebrochen, aus dem Ort, der mich für Jahre gefangen gehalten und benutzt, und mir außerdem meine Eltern genommen hat. Ich war zu diesem Imbiss gelaufen, doch dort haben mich diese Leute aus dem Labor gefunden. Also bin ich wieder weggerannt. Ich wusste nicht wohin, ich bin ewig durch den Wald geirrt und dann hat es auch noch zu regnen angefangen. War es Zufall oder Schicksal, dass du, Lukas und Dustin mich dort gefunden habt? Ich weiß es nicht.

Aber als deine Taschenlampe mir direkt ins Gesicht geleuchtet hat und ihr mich alle so angeschaut habt...
Normalerweise würde man bei so einem Ereignis wegrennen. Vor allem ich, weil ich damals aufgrund des Labors nichts und niemanden getraut habe.

Aber ich bin nicht weggelaufen. Irgendwas hat mir gesagt, dass ich das nicht muss. Dass ich euch trauen kann.

Und du hast mich bei dir daheim versteckt. Du hast mich aufgenommen, mir Klamotten und Essen gegeben, und mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben, obwohl du mich gar nicht kanntest.
Gott, ich war ein Mädchen mit rasierten Haaren, das nur mit einem T-Shirt bekleidet im triefenden Regen mitten im Wald stand. Und du hast mich aufgenommen! Wahrscheinlich hast du es auch gespürt. Wie schon gesagt, Zufall oder Schicksal? Magie oder Liebe?

In der Zeit als ich bei dir war, habe ich zum ersten Mal das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen gespürt. Du hast mir all diese Gefühle gelernt zu fühlen und ich weiß, ich hab es nie gesagt, aber ich bin so unendlich dankbar dafür. Du warst mein erstes Zuhause, Mike. Und das bist du immer noch.

Ich hab mich bei Hopper in der Hütte nie so zuhause gefühlt, wie ich es bei dir tue. Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich nirgendwo so zuhause wie bei dir.
Und das, obwohl ich weiß, dass du selber keine Kräfte hast und genauso verwundbar und verletzlich wie alle anderen bist und du mich niemals beschützen könntest, selbst wenn du wolltest.

Aber du hast etwas anderes.

Du liebst mich.

Du warst der erste Mensch, der mich jemals geliebt hat. Der erste, der mich aufgenommen und angenommen, mich nicht benutzt und schlecht behandelt, sondern bedingungslos geliebt hat. Und ich bin dir unendlich dankbar dafür.

Denn du hast mir das Gefühl von Liebe gelernt. Und als ich so lange weg war, bei Hopper in der Hütte versteckt für 353 Tage, ist dieses Gefühl nur noch stärker geworden.
Du hast mich jeden Abend angerufen, denn du wusstest es. Du wusstest, das ich noch irgendwo dort draußen war.

Du hast mich nicht aufgegeben.

Denn du hast es von irgendwoher gewusst, gespürt.
Magie oder Liebe?

Und ich hab es auch irgendwoher gewusst.

Ich saß jeden Abend vor dem Fernseher und hab mir die Augenbinde über die Augen gezogen. Und dann hab ich dich gesucht.
Du saßt immer in dem Schlafzelt, das du einmal für mich gebaut hast, und ich hab mich immer neben dich gesetzt und dir zugehört. Du hast mir immer die genaue Uhrzeit gesagt, und du hast die Tage gezählt, die du schon auf mich wartest. Von deinem Tag hast du mir auch immer erzählt, und das du mich vermisst.

Mileven OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt