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» ...Ich fühlte an meinen Haaren, wie er den Mund leicht öffnete und ansetzte.
Sechzig.
Und dann kam das Unerwartetste. «
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Sein Atem.
Sein Lufteinzug.
Seine Lippen an meinem Hals.
Meine Hände in seinen.Ein Tapsen.
Ein Aufschwung.
Ein dumpfer Knall.Wieder ein Tapsen.
Wieder ein Knall.Meine Augen zu.
Meine Hände frei."Zoey? Schau mich an, alles gut bei dir?", tätschelte eine ungewohnt warme Hand meine.
Huh?
Erst nach kurzem Innehalten realisierte ich, dass ich, wieso auch immer, mein Gesicht hinter meinen zuvor fast zerdrückten Händen versteckt hatte. Zögernd zog ich sie weg und versteckte sie hinter den Ärmeln meines Hemdes. Einige Male blinzeln waren nötig, um das Bild, das sich hier direkt vor meinen Augen bot, zu verstehen.
"Lu-, Luca? Was machst du hier? Und wo ist, ähm-", fragte ich ihn immer noch perplex Augen reibend, da er direkt so vor mir hinuntergebeugt stand, mich förmlich mit seinen warmen, schlammfarbenen Augen durchlöcherte und mich sanft an meinen Schultern packte.
In seinem stirnrunzelnden Blick spiegelte sich ein Fünkchen Erleichterung, als ich ihn ebenfalls stirnrunzelnd an den Schultern packte. Ähm, was hieß da packen, ich musste selbst in seiner hinuntergebeugten Position auf Zehenspitzen stehen, um gerade mal seine Schultern berühren zu können.
Apropos, Schultern. Als ich an seinen herüber sah, verstand ich erst den Ernst der Lage. Oh.
Der Neue. Oder besser auch als Psycho bekannt.
Mit den Armen stützend am Boden liegend. Die mir mittlerweile zu gut bekannte Hand vor der Nase haltend, bei der ein feiner, roter Strich entlanglief. Der kalte Blick seiner unfassbar blauen Augen, der an mir haftete und wohl nie von mir ablassen wollte. Und mir somit wieder eine leichte Gänsehaut verschaffte, die eben erst verschwunden war.
"Was zum-", setzte ich ein kleines bisschen ängstlich an, ehe mich mein Retter sozusagen schweigend unterbrach, indem er mich mit einer Laufgeschwindigkeit von 0 auf 100 in Richtung des mittleren Flügels an der Hand zerrte.
"Ugh, Luca, du-", wollte ich wieder nuschelnd ansetzen, da er mich zu fest hielt und ein wenig zu flott unterwegs war und mich förmlich mitschleifte.
"Luca, du tust mir weh!", meinte ich schon ein klein wenig lauter, nachdem er mich nicht beachtet oder überhört hatte.
Diesmal hatte er es verstanden und lockerte seinen Griff. Das hieß aber seiner Meinung nach noch lange nicht, dass er auch nur sein übertriebenes Tempo um ein klitzekleines bisschen verminderte.
Der endlos erscheinende Flur war komplett bis auf die gesprayten Spinds leer und lautlos, wenn man genau hinhörte, war maximal das quietschende Kreischen einer steinalten Lehrerin zu hören. Das Unüberhörbarste war aber wohl mein etwas peinliches Keuchen, an dem aber nur der unvorhersehbare Marathon schuldig war. Immerhin war die Schule ja auch überhaupt nicht klein. Etwas übertrieben dargestellt, hätte der Weg von den Toiletten bis hierher in den Hof sicher auch die Strecke von München bis Berlin sein können.
Draußen im Hof angekommen, wurden wir, wie sonst auch, von dem Gestank von 9000 qualmenden Zigaretten begrüßt. Ein Hoch auf einen Hustenanfall beiderseits. Sarkasmus - Runde 2!
Immer noch leise vor mich hin schnaufend, und das nicht nur wegen des Gestanks, stützte ich mich mit meinen Armen an den Oberschenkeln ab, wie man es sonst auch von den ganzen Sportlern im Fernsehen nach einer Wahnsinnsleistung gewohnt war. Nur war's bei mir mit ein paar hundert Metern leider nicht so der Fall, Sport war schon immer meine absolute Todeszone gewesen. Und mit Tod meinte ich auch Tod. Sah man mir auch an, da ich halbkrepierend, neben einem, dem Anschein nach, überhaupt nicht belasteten Luca stand.
Tolle Begrüßung meinerseits übrigens.
"Ich hab' 'ne miese Sportlehrerin, die vier ins Zeugnis hat mir damit eh schon mein äußerst empfindliches Herz in einzelne Stückchen zerrissen, also trampel' nicht auf mir rum.", schmollte ich nur meinen Pferdeschwanz richtend, als ich Luca's belustigten Blick aus meinem Blickwinkel bemerkte und ihm dazu noch ein typisches Luca-Kichern entlocken konnte.
Wie sehr ich das vermisst hatte. Bullshit bauen/reden/kacken, in dem Fall mein angeblich zerbröckeltes Herz wegen einer mich so gar nicht nicht juckenden Note, woraufhin wir beide einfach nur drauf los kicherten.
Wie in den guten, alten Zeiten.
Irgendwann hatte mich sein, zu einer verhängnisvollen Lache gewordenes, Kichern mitgerissen, weshalb ich wohl oder übel über einen meiner Humor-nicht-vertragenden Witze mitkichern musste.
So schnell wir uns auch mit unseren nach Pferdewiehern anhörenden Lachern gegenseitig angesteckt hatten, so schnell verging das auch wieder.
Wir verstummten endgültig. Sahen uns nur gegenseitig an, aber nicht im Blick-ausziehenden Sinne, natürlich. Und dachten nach. Über genau das gleiche, was sonst. Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. Wie in einem Duell von den Cowboyfilmen. Nur ohne die klassische Gitarrenhintergrundmusik, die von scheppernden Rasseln begleitet wird.
Fast hätte ich die relativ ernste Lage vergessen. Aber nur fast.
Ein Psycho kannte viel, meiner Meinung nach zu viel über mich. Luca hatte genau diesen Psycho zusammengeschlagen. Und das, obwohl er als nicht-Schüler und Unbefugter eigentlich nicht mal das Grundstück betreten durfte. Dass dieser gewisse Psycho jetzt zum Björki/Tjörki/Jörki, oder wie auch immer der Spast von Lehrer hieß, gehen und somit Luca verpetzen hätte können, schob ich für den Anfang gaaaanz weit weg in meine hintere Grauzone. Aber die Tatsache, dass ich einfach so mal den ersten Schultag schwänzte, war mir gar nicht in den Sinn gekommen. Mhm. Wieso auch?
"Zoey?", weckte mich Luca wieder stirnrunzelnd von meinem Brain-afk Darsein.
Ich hätte wetten können, dass ich auf jeden Fall Luca's Spiegelbild hätte sein können. Ihm hing die vom Laufen zerstörte Frisur, die er aussichtslos mit der typischen Lass-mal-sexy-mit-der-Hand-durch-die-Haare-fahren-Bewegung zu richten versuchte, fast in die Augen.
Erst jetzt bemerkte ich, wie sexy er tatsächlich innerhalb eines Jahres er geworden war. Nichts für ungut, aber das letzte Mal, als ich ihn im Umzugswagen sah und er gerade erst fünfzehn geworden war, trug er noch den alten Justin-Bieber-Haarschnitt, eine Zahnspange und war vielleicht.. Vier Köpfe kleiner. Und jetzt mit einer typischen Nerdbrille, die ihm unfassbar gut stand, aufgestelltem Haar und allein schon seine bekommene Männlichkeit.. Ugh.
Auf jeden Fall gefiel mir der jetzige Luca direkt vor meiner Nase noch unsagbar viel mehr als der vor einem Jahr, was praktisch gar nicht möglich war. Immerhin gab es ja vor einiger Zeit so eine gewisse Phase von mir, in der ich noch auf ihn... 'Nh? Ihr wisst schon, was ich meine.
Ob er wohl auch dasselbe von mir dachte? Ob er jetzt in dem Moment wohl die kleine Zoey von vor einem Jahr vermisste, die dermaßen viel geflennt hatte, nachdem sein Nachname auf dem Briefkasten gegenüber ihrer Wohnung scheinbar abgerissen wurde? Ob sie ihm wohl noch als Seelenverwandte/Schwester/Nachbarin/Sandkastenfreundin, vielleicht auch mehr, aber vielleicht weniger, gut genug war? Ob er an sie gedacht hatte?
Aber ob sie an ihm gedacht hatte, war ihr zweifelsohne klar.
Aber warum er sie verlassen hatte, das war ihr nicht klar.
Aber warum er wieder da war, das war ihr sowas von egal.
Hauptsache, er war da.
Ich murmelte nur noch ein nuschelndes "Mhm" mit Fragezeichen dahinter, als er mich behutsam, wie vor Ewigkeiten vorkommende Anfang des Tages, in den Arm nahm.
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Diese Story war für einen Tag oder so die #600 beim Fan-Fiction-Ranking! Dankeschön, ihr lieben Leser da irgendwo im nirgendwo!
Fand ich richtig nice, aber muss mal um einiges aktiver werden, haha. Vielleicht wird das ja was in den Ferien.
Oh, und danke nochmal für die krass vielen Reads (wir steuern auf die 1K zu!), >30 Votes und die süßen Kommentare!
Öh, der erste Absatz sollte nicht allzu poetisch oder popetrisch oder was auch immer klingen, war nur mal ein kleiner Ardy *faul* und hab' das einfach so mal hingerotzt. Hehe.
meow~
nebenexistenz ♥×××

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foreign
FanfictionZoey. 15 Jahre jung. Brünett. Pessimistin. Die kleine Zoey reitet mit Ardy, Taddl und Einhörnern auf einem Regenbogen durch's Paradies. Robin und Tara begleiten sie! Zu fünft erleben sie viele aufregende Abenteuer, meistern jegliche Hindernisse und...