Kapitel 5 - Wer den Feind umarmt macht ihn bewegungsunfähig

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Als ich am Morgen die Augen aufschlage erblicke ich als erstes den blauen Teppich, der den gesamten Boden in Malis Zimmer bedeckt. Ich liege ganz außen am Bett und bei nur einer falschen Bewegung würde ich den Teppich noch näher kennenlernen. Meine Freundin hingegen liegt quer ausgestreckt auf dem ganzen Bett, ihr rechter Arm liegt über meinem Gesicht und ich lege ihn vorsichtig neben mich. Sie grummelt kurz und dreht sich zur Wand. So leise wie möglich stehe ich auf und gehe in das angrenzende Badezimmer. Ich sperre ab und werfe einen Blick in den Spiegel. Meine Haare stehen in alle Richtungen und ich nehme einfach mal die Bürste, die auf dem Waschbecken liegt. In dem Spiegelschrank finde ich eine noch verpackte Zahnbürste und ich beschließe Zähne zu putzen. 5 Minuten später komme ich aus dem Bad und sehe das Mal immer noch tief und fest schläft. Unsicher was ich jetzt tun soll schlüpfe ich aus Malis kurzer Hose und ihrem Shirt und ziehe stattdessen wieder meine eigenen Sachen an. Es ist 11 Uhr morgens und im Haus der Hoods ist es noch still. Joy, Calums und Malis Mutter, ist wohl noch nicht da und auch sonst scheine ich die einzige wache Person zu sein. Ich verlasse das Zimmer und gebe mir Mühe nicht laut zu sein. Erst will ich heim gehen, aber die Neugier siegt und ich fasse den Entschluss mir das Haus ein wenig anzusehen. Im Wohnzimmer kann ich nichts entdecken, weder Fotos noch irgendwas anderes persönliches, was mir echt seltsam vorkommt. In unserem Wohnzimmer hängen unzählige Fotos von mir, Cadie, Will, Finn und sogar von Dad. Am Kühlschrank in der Küche hängen Rezepte statt Postkarten oder Bilder, was erneut das komplette Gegenteil zu unserem Kühlschrank ist. Fündig werde ich schließlich im Flur, wo eine Kommode mit 3 Bilderrahmen steht. Auf dem ersten Bild sind Mali und Calum zu sehen, beide noch Kinder. Sie stehen im Meer und spritzen sich gegenseitig nass. Auf dem Bild in der Mitte ist Mali in den traditionellen Klamotten einer Abschlussschülerin zu sehen, in der Hand hält sie ihr Abschlusszeugnis. Und das letzte zeigt Calum, Ashton, Michael und Luke inklusive Instrumente, wie sie in der Garage sind und vermutlich üben. Lächelnd sehe ich mir die Fotos an, bis mich Schritte auf der Treppe zusammen zucken lassen. Gerade noch rechtzeitig husche ich in die Küche und tue so als ob ich mir ein Glas Cola einschenke. Calum und Michael erscheinen in der Tür und bleiben verwundert stehen als sie mich entdecken. „Ach stimmt, du bist ja auch noch da.“, sagt Calum genervt und öffnet den Kühlschrank. Während sich mein Nachbar daran macht Spiegeleier zu braten setze ich mich zu Michael an den Tisch und wir unterhalten uns. Wie sich rausstellt ist auch er ein Game-of-Thrones Fan und wir diskutieren lautstark über die dritte Staffel. Michael ist total in Ordnung und wir haben einiges gemeinsam. Jedoch entgehen mir nicht die giftigen Blicke, die Calum mir zuwirft. Irgendwann nervt es mich. „Also Mikey, es war echt nett. Leider ist meine Anwesenheit hier nicht erwünscht, nicht wahr, Calum? Man sieht sich.“, sage ich emotionslos, stehe auf, winke Mikey noch einmal zu und verlasse dann das Grundstück. Hinter mir wird die Tür aufgerissen und Calum schreit mir hinterher: „Genau deswegen will dich keiner hier haben: Weil du 30 Tage im Monat deine Tage hast!“. Erst will ich ihn anbrüllen und zur Schnecke machen, aber dann grinse ich nur breit und zeige ihn meinen ausgestreckten Mittelfinger „Dann müsstest du mich ja verstehen!“. Schnell maschiere ich in unser Haus und schlage die Tür hinter mir zu. Calum Hood will Krieg? Den soll er haben.

Ich bohre meine Füße in den weichen Sand und erzähle Mali die Aktion von vorhin. Auch wenn es einer meiner schlechtesten Konter-Sprüche war kriegt Mali sich nicht mehr ein vor Lachen. Mir dagegen ist überhaupt nicht nach Lachen zumute. Als Mali sich beruhigt hat sage ich: „Eigentlich habe ich null Lust auf so einen sinnlosen Streit. Immerhin habe ich deinem Bruder nicht mal was getan und er behandelt mich als ob ich seinen Welpen getötet habe. Wir müssen ja keine Freunde sein aber ich will nicht jedes Mal seine beleidigte Schnutte sehen wenn ich bei dir bin.“. „Ich hab eine Idee.“, meint Mali „Irgendwo habe ich mal so einen Spruch gelesen: Umarme deine Feine, das macht sie bewegungsunfähig oder so. Sei einfach nett zu ihm, geh nicht auf seine Sprüche ein, dann verliert er schnell das Interesse. Aber eigentlich glaube ich eher das dich die Sache nur so stört weil du ihn insgeheim süß findest. Und es dir nicht passt das er so eine Art Paar mit Cadie ist. Hab ich recht, oder was?“. Lachend stehe ich auf und gehe Richtung Meer. „Du hast echt eine blühende Fantasie!“, rufe ich. Und clever bist du auch noch, denke ich.

Neighborhood    | c.h. / m.c. |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt