neuer Hafen

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 „Laaand in Sicht!", hörte man einen Matrosen vom Ausguck rufen. Die Mannschaft, die nach der langen, entbehrungsreichen Fahrt, eine Nacht in einem warmen Bett und die fröhliche Gelassenheit, sowie das Essen in einer Hafentaverne herbeisehnte, brach in Jubelgeschrei aus, während Anne Bonnie gemeinsam mit Mary Read die Karte studierte und Jack, dümmlich dreinschauend mit dem letzten Rum in einer Ecke saß. „Unser Hauptquartier liegt hier auf Nassau. Dort habe ich Calicko kennengelernt und mich ihm angeschlossen." , sie nickte ihm wohlwollend zu. „ Vor ungefähr 3 Monden sind wir vom Hafen in Kuba aufgebrochen, und nach Dover gesegelt, darauf folgten mehrere Aufenthalte in kleineren Städten an der Küste Frankreichs, einige Male Vorräte aufstocken in Spanien und Portugal, dann haben wir dich, Mary, auf den Balearen getroffen, wo du dich uns angeschlossen hast. Seitdem waren wir nicht mehr an Land und sind geradeaus Richtung Italien gesegelt. Das hier scheint eine Insel zu sein, es handelt sich also vermutlich um Sardinien. Wir werden ein paar Tage hier bleiben um die Vorräte aufzustocken und dann weiterreisen, nach Sizilien. Dort werde ich einige Geschäfte erledigen, bevor wir wieder zurück nach Nassaud segeln. Eine etwas längere Reise.", schloss die Kapitänin den Bericht, worauf Jack noch einen großen Schluck aus der Flasche nahm und Mary zustimmend nickte, bevor sie ihm die Flasche entzog und Anne reichte. „Lasst uns anstoßen. Zur Feier des Tages, denn ich finde ein neuer Hafen ist immer ein Grund zum feiern.", rief sie fröhlich aus. Die andere Frau goss den verbliebenen Rum in drei eiserne Becher, bedachte jedoch Calicko Jack mit einem sorgenvollen Blick, als er nach seinem griff. Sie hatten sich in letzter Zeit ziemlich entfremdet, doch das bedeutete nicht, dass es ihr egal war, dass er die meiste Zeit der Reise mit Trinken zugebracht hatte. „Auf den neuen Hafen und eine baldige Weiterreise.", riefen sie und ließen die Becher klirren, wobei Jack die anderen Becher schon nicht mehr ganz so sicher traf. Eine Stunde später legte das Schiff endlich am Hafen an. „Ich spreche ein bisschen italienisch, ein Reisekamerad hat es mir mal beigebracht, aber ich habe Seemannsgarn gehört, dass die Dialekte auf den Inseln wohl selbst für Italiener schwer zu verstehen sind.", bemerkte Mary Read. „Ich habe Handelspartner auf Sizilien, und spreche deswegen auch italienisch, aber es ist gut, dass ich nicht die einzige bin, dann kann dieses mal niemand hinterher anzweifeln ob ich richtig übersetzt habe.", erwiderte Anne. „Handelspartner?! Interessant.. Hast du vor, von Piraterie auf ehrlichen Handel umzusteigen?", witzelte die rothaarige Piratin. „Gar keine so üble Idee, aber ich bleibe lieber eine ehrliche Piratin, als eine verlogene Händlerin zu werden. Das einzige was diese Halsabschneider von uns unterscheidet, ist dass ihre Art von Raub offiziell genehmigt ist. Wobei es sicherlich auch ehrenhafte Händler gibt. Nun sagen wir meine Handelspartner sind etwas speziellerer Natur. Sie verkaufen gestohlene Ware und Piraten sind dafür die besten Lieferanten.", antwortete die andere Frau ernst. „Was verkauft ihr denn so?!", forschte die rothaarige Piratin nach. „Alles was wir an wertvollen und seltenen Gegenständen auf geplünderten Schiffen finden. Wir haben es auch mal mit Menschenhandel versucht, aber ich gebe zu mir war nicht ganz wohl dabei. Sei vorsichtig Liebchen, nicht dass wir dich noch an einen reichen Sizilianer verkaufen. Gibt bestimmt ein hübsches Sümmchen Hehe.", bemerkte die dunkelhaarige Piratin neckisch und Jack stimmte ihr lachend zu. „Dass würdest du nicht wagen. Ich würde fliehen und mich fürchterlich rächen.", antwortete Mary und zog herausfordernd eine Augenbraue hoch. „Oh da habe ich aber Angst, komm und hol mich du furchtbare Rächerin.", rief die andere Frau schalkhaft in gespielter Panik und sprang lachend an Land bevor die Rothaarige sie zu fassen bekam. Mary und die anderen taten es ihr nach und erneut wurden die Aufgaben zur Vorratsbeschaffung zugeteilt. „Was hat es eigentlich mit den Zitronen auf sich?", fragte Mary neugierig. „Eine Wahrsagerin hat mir einst geraten immer Zitronen an Bord zu haben und die Mannschaft regelmäßig davon essen zu lassen. Du magst das vielleicht für albern halten, aber ich glaube an solche Dinge.", erklärte Anne Bonnie. „Ich halte es nicht für albern. Es gibt mehr als das, was wir mit den Augen sehen und das Universum ist groß. Haben die Zitronen irgendetwas bewirkt?", fragte Mary nun. „Nichts, außer dass alle sauer drein blicken, wenn ich ihnen die Zitronen aufzwinge. Sind dann wohl im wahrsten Sinne des Wortes angesäuert.", witzelte Anne. „Allerdings wurde die Mannschaft noch nie von einer gewissen Seemannskrankheit heimgesucht, die viele andere Schiffe befallen hat. Wer weiß, wer weiß.", überlegte die Kapitänin. „Genug davon, wenn ihr noch weiter über Zitronen redet, werde ich langsam sauer.", meckerte Jack, ohne den Witz bei der Wortwahl zu bemerken. Die Piratinnen machten sich daraufhin auf den Weg, um Proviant zu besorgen, während Jack dieses mal für die Zitronen zuständig war, was er mit leicht angesäuerter Miene hinnahm.

stürmische SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt