„Amica mia. Sono anni che non ci abbiamo visti. Faccio una bella Focaccia fresca fresca per te e i tuoi compagni! Che dici?!", brüllte die stämmige Wirtin durch das Lokal und klatschte fröhlich in die Hände, als die 3 Kapitäne in ein sizilianisches Wirtshaus eintraten, um eine Bekannte Anne Bonnys zu besuchen. Die junge Piratin erwiderte die heitere Begüßung indem sie auf die Frau zustürmte, sie umarmte und sich nach der Situation auf der Insel erkundigte. „Im großen und ganzen wie immer. Man hält sich so über Wasser. Was gerade bei Hochwasser schwierig sein kann.", erwiderte die Wirtin, bei letzterer Bemerkung neckisch zwinkernd. „Savoyen hat Sizilien vor einigen Jahren im Tausch gegen Sardinien an Österreich abgegeben, aber auf uns kleine Leute hat das nicht wirklich großen Einfluss. Sizilien ist ohnehin ständig in fremden Händen. Wen kümmert es da, ob Spanien oder Österreich.", fügte sie noch schulterzuckend an. „Und die Kinder? Sind sie schon aus dem Haus?", frage die dunkelhaarige Piratin. „Maria und Giuseppina habe ich bereits an gute Männer verheiratet. Enrico hat ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen, mit einem Stipendium von irgendeiner ominösen Gesellschaft, die er Gott weiß wo aufgetrieben hat. Es gibt da wohl jetzt so eine Bauernbewegung, die sich gegen die Eroberer richtet und nach einem einheitlichen Staatssystem verlangt, jedoch werde ich das Gefühl nicht los, dass es sich hierbei mehr um Kriminelle und Aufrührer handelt, die das Gesetz lieber selbst in die Hand nehmen würden und will gar nicht so genau wissen woher das Geld stammt, bestimmt nicht von der Landwirtschaft. Simone hat auf einem Schiff angeheuert und ist deswegen nur noch selten zu sehen. Und die kleine Giana ist an einer Kinderkrankheit gestorben. Che dio protegge l'anima Sua - Möge Gott ihrer Seele gnädig sein.", berichtete die Wirtin. „Das tut mir leid und deinen anderen Kindern wünsche ich viel Glück auf ihrem Weg.", erwiderte die Piratin und bekreuzigte sich. „Also genug der Förmlichkeiten und schlechten Nachrichten. Wollt ihr nun etwas essen? Ich mache euch eine frische Focaccia, was sagt ihr?", trällerte die Wirtin erneut auf italienisch. Da sagten die 3 Gäste natürlich nicht nein. Während Anne Bonny erklärte, wie sie die Wirtin vor einigen Jahren bei einem Ausflug nach Sizilien kennengelernt und vor einer Bande von Gannoven gerettet hatte, welche dabei waren das Wirtshaus zu zerstören, weil sie sich weigerte Ihnen Geld zu geben, verschwand die Wirtin genannt Rosaria in der Küche. „Was genau ist der Plan hier auf Sizilien?", fragte Mary Read nun. „Nun zunächst einmal ein wenig Schmuggelware kaufen und verkaufen, dabei kann mir auch die Wirtin behilflich sein. Wie du weißt müssen wir ja von irgendetwas die Schiffswartung, Vorräte und Gehälter finanzieren und Schmuggel ist weitaus lukrativer als nur Schiffe zu plündern. Dann treffe ich mich noch mit einigen weiteren Bekannten, die mir falsche Pässe verkaufen, auch für dich, denn manchmal benötigt man solche zur Tarnung, um an stark bewachten Häfen vorbeizukommen. Jack wird immer noch in 15 Häfen gesucht, weil er sich einfach nicht zusammenreißen kann und überall Unruhe stiftet. Diese Bekannten sind übrigens vermutlich teil der „Bauernbewegung", also hatte Rosaria schon Recht, wenn sie das Geld für nicht legal erworben hält. Außerdem müssten wir noch die Vorräte wieder aufstocken.", zählte die andere Piratin auf. „Wenn du willst können wir uns auch noch ein wenig umsehen, wir sind ja nicht in Eile.", bemerkte Jack noch. In diesem Moment brachte die Wirtin 3 Teller mit duftender frischgebackener Focaccia herein und dazu 3 Gläser Wein. „Das geht aufs Haus. Immerhin würde dieses ohne deine Hilfe gar nicht mehr stehen. Du und deine Mannschaft, ihr habt den Halunken so kräftig Angst eingejagt, dass sie seitdem nie wieder gedroht haben alles niederzubrennen.", erzählte die Wirtin in ihrem lebendig, singenden, sizilianisch gefärbten italienisch.
Nach dem erquicklichen Mahl begaben sich die 3 Piraten nun in die Stadt, die sich Palermo nannte, um dort einiges zu besorgen und besagte Erledigungen zu machen. Ein chaotisches Volk, diese Italiener, bemerkte Mary Read belustigt. „Aber liebenswerte Chaoten, das musst du zugeben.", erwiderte Anne Bonny. Jack schüttelte nur mit dem Kopf, als ihn ein herunterfallender Dachziegel beinahe erschlug. „Von solidem Hausbau mit gut befestigten Ziegeln, hat hier auf jeden Fall noch keiner was gehört.", meckerte er. „Trotz allem, eine schöne Stadt.", stellte Mary fest. „Also wohin nun?". „Da rüber." „In die dunkle Gasse? Das kann doch nicht dein Ernst sein?!" „Hab dich nicht so. Warum bist du Piratin geworden?" „Na schön. Da hast du recht.". Und schon bogen sie in eine etwas unheimlich anmutende, weniger belebte Seitengasse ein. „Philippo!", rief Anne mehrmals mit lauter Stimme, anstatt die Türglocke zu läuten. Der Gerufene erschien dann nach mehrmaligem Rufen tatsächlich auf dem Balkon. „Ma che vuoi?", antwortete er genervt. „Erinnerst du dich nicht an unseren Handel? Ich bringe dir Waren von meinen Reisen. Du bezahlst mich und stellst mir gefälschte Dokumente aus.", rief sie zurück. „Ah la bella donna! Si che me la ricordo. Un attimo.". Er verschwand vom Balkon, nur um einige Minuten später in der Tür wieder aufzutauchen und die Piraten hereinzubitten. Das Haus war bescheiden eingerichtet, jedoch sauber, was man von den Straßen nicht immer unbedingt behaupten konnte. Auf dem Tisch brannte sogar bei Tag eine Kerze, da die kleinen Fenster nicht besonders viel Licht in die Stube ließen und an der Wand erkannte man ein Kreuz, und ein Gemälde von einer Heiligen. Auf dem Tisch ließen sich ebenfalls religiöse Objekte ausmachen. Aus einer großen Truhe holte, der mit Philippo Angesprochene, einige Dokumente und nach der Durchsicht der Mitgebrachten Waren auch einige Münzen hervor. „Va bene così?", fragte er ob alles so in Ordnung wäre und Anne Bonnie bestätigte, während sie das Geld an sich nahm. Sie begannen dann freundschaftlich plaudernd über Reiseerlebnisse zu berichten. Offenbar gehörte dieser Bekannte einer Schmugglerbande an, mit der Anne Bonnie regelmäßig Geschäfte trieb und so war auch er des öfteren auf See Unterwegs. Plötzlich sprang die Tür auf und eine ältere Frau in bunter Kleidung kam herein gerauscht und plapperte in einer Geschwindigkeit, die es den Gästen unmöglich machte, zu verstehen was sie sagte, zumal der sizilianische Dialekt, ohnehin unverständlich war. Philippo erklärte das sei seine Nonna und sie würde sich immer riesig über Gäste freuen, vielleicht ein wenig zu sehr, denn am liebsten wolle sie sie gar nicht mehr gehen lassen. Nach einem weiteren unverständlichen Wortschwall verabschiedeten sich die 3 jedoch und begaben sich auf den Markt. „Was ist eigentlich aus unserem blinden Passagier geworden?", fragte Jack nachdenklich. „Ich glaube er hat sich gut eingelebt. Es bleibt nur zu hoffen, dass er und der Koch nicht beschließen sich hier irgendwo häuslich niederzulassen, denn dann müssen wir wohl Ausschau nach einem neuen Schiffskoch halten. Mundet euch die sizilianische Küche?", witzelte Anne Bonny. „So ein sizilianischer Schiffskoch wäre eine Überlegung wert. Was wäre denn mit der Wirtin vom „Occhio Aperto"?", bemerkte Mary. „Die würde auf jeden Fall immer die Augen offen halten. Wirklich. Der entgeht nichts.", spielte Anne auf den Namen des Wirtshauses an, der so viel wie „offenes Auge" bedeutete. Beide kicherten, während Jack den Witz nicht verstand und mehr damit beschäftigt war einer attraktiven Sizilianerin hinterher zu sehen. „Vielleicht können wir Jack hier lassen, dem scheint es hier auch ganz gut zu gefallen.", flüsterte die rothaarige Piratin neckisch, worauf die andere Frau erneut in Gelächter ausbrach und Jack verdattert drein blickte. Auf dem Markt angekommen kauften sie einige frische Tomaten, schon wieder Zitronen, die es ja in Italien praktischerweise zur Genüge gab und frisches Brot, sowie Schiffszwieback und italienische Kräuter, wobei Anne Bonnie vom Geruch des Basilikums schwärmte und sich gar nicht vom Kräuterstand lösen wollte.
„Also dann zurück zum Schiff?", fragte Mary, die nach dem langen Ausflug allmählich eine leichte Müdigkeit verspürte. „Ihr könnt gerne zurückgehen. Ich habe noch etwas zu tun." erwiderte Jack. „Eine Verabredung mit der Hafenkneipe?", witzelte Anne. „Das hat dich nicht zu interessieren." , entgegnete er gereizt. „Ich habe doch nur gefragt... Jetzt interessiert es mich erst recht, mein Freundchen.", antwortete die Piratin misstrauisch. „Meine Angelegenheiten gehen euch Weiber nichts an...", sagte er nur mit einem Tonfall von angestrengter Ruhe. „Wir können nicht den Matrosen verbieten Geheimnisse zu haben, wenn wir dann untereinander nicht ehrlich sind!", ermahnte ihn die dunkelhaarige Piratin nun mit Nachdruck. „Das können wir gerne mit dem Säbel ausdiskutieren.", murrte der junge Mann nun sichtlich gereizt. „Es hat keinen Sinn. Verschwinde und sieh zu, dass du morgen zur Abfahrt bereit bist, aber komm bloß nicht auf die Idee, dass wir dich nachher in die Kajüte lassen.. Du kannst ja auf Deck schlafen oder sonst wo!", bestimmte Anne Bonny, worauf Jack wütend irgendwas von „verfluchtes Weibspack" murmelnd, in einer Seitengasse verschwand. „Los hinterher! So langsam frage ich mich, ob er irgendetwas zu verbergen hat. Wir sollten ihm folgen und sehen was er tut.", flüsterte Mary Read, befürchtend, dass er sich noch in Hörweite befand. Es dunkelte schon und auf den Straßen von Palermo befanden sich immer weniger Leute, beziehungsweise immer mehr zwielichtige Gestalten. Die beiden Frauen folgten Calicko in einigem Abstand, immer darauf bedacht die nächtliche Stille nicht zu durchbrechen. Beinahe hätte Anne erschrocken aufgeschrien, als sich in einer Ecke ein Obdachloser bewegte und undeutliche Worte murmelnd nach ihr zu greifen versuchte, doch Mary hielt ihr noch rechtzeitig den Mund zu und zog sie weg. Endlich schien Calicko anzuhalten, jedoch nur um sich misstrauisch umzusehen. „Eine milde Gabe.", forderte wieder jemand aus einer Ecke und aus einer anderen kam drohend ein dunkler Schatten auf sie zu. „Verdammt!", fluchten die Piratinnen, wie aus einem Munde und zogen ihre Säbel, da ein Musketenschuss zu laut gewesen wäre und Jack auf sie aufmerksam gemacht hätte, selbst wenn er schon weiter gelaufen sein sollte. Mit einem schnellen Säbelknaufschlag auf den Kopf, hatte Mary den Bettler betäubt, der gerade handgreiflich werden wollte, während der dunkle Schatten immer näher kam. Gerade setzte Anne Bonny zu einem Schlag an, als aus der Dunkelheit eine bekannte Stimme „Bella donna, ma che stai faccendo qui nottetempo?" rief. „Philippo!", wunderte sich die dunkelhaarige Piratin und auch die rothaarige schien nun den Schmugglerjungen zu erkennen. „Ich sollte dich eher fragen was du hier tust, aber um ehrlich zu sein ist einen Schmuggler, um diese Zeit hier anzutreffen genauso wenig ungewöhnlich, wie eine Piratin.", erwiderte die junge Frau belustigt und tauschte einen kurzen Handschlag mit ihm aus. „Wir müssen jetzt aber wirklich weiter.", drängte Mary und so verabschiedeten sie sich hastig. Ärgerlicherweise hatten sie nun jedoch Jack aus den Augen verloren. Wo sie auch hingingen, von ihm war keine Spur zu finden, weshalb ihnen nichts anderes übrig blieb als zum Schiff zurückzukehren. „Vielleicht hat er auch nur eine Affaire..", überlegte die Rothaarige. „Und du meinst er würde das verheimlichen? Natürlich hat er die, sogar mehr als eine. Wir werden, wie du selbst schon bemerkt hast, regelmäßig von wütenden Ehegatten verfolgt. Da muss noch irgendetwas anderes sein und ich finde das sehr beunruhigend. Vielleicht haben wir an falscher Stelle nach einem Verräter gesucht. Aber was für ein Motiv hätte Jack? Jedenfalls sollten wir ihn im Auge behalten.", überlegte Anne Bonny. „Das sollten wir wohl. Aber genug davon. Lass uns noch ein bisschen diesen ruhigen Abend genießen.", erwiderte Mary und zog die andere Piratin sanft näher an sich, während sie nachdenklich die Sterne betrachtete und aus der Ferne erklingender sizilianischer Musik lauschte.
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stürmische See
MaceraIm Jahre 1720 trifft Mary Read in einer Bar auf Anne Bonny mit der sie ein ähnlicher Lebenslauf verbindet. Die beiden werden Verbündete und begeben sich auf viele gemeinsame Abenteuer, wobei sich schon bald herausstellt dass zwischen ihnen mehr als...