16. Dezember ♥

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IMMORTAL 2

Immer die Augen auf die Beute, dass hatte ich in den tausend Jahren geprägt bekommen.

Wie vereinbart war ich jede einzelne Sekunde bei Harry geblieben, ich hatte mein altes Leben hinter mir gelassen, doch mittlerweile war sowieso meine ganze Familie tot.

In den vielen Jahren hatte ich viel gelernt, doch ich wusste noch lange nicht alles, aber ich würde für immer leben, also hatte ich genug Zeit dafür.

Ich war Harry nicht mehr böse was er aus mir gemacht hatte, immerhin war ich jetzt unsterblich und wunderschön. Doch manchmal stellte ich mir eine Frage: Wenn du unsterblich bist, wofür lohnt es sich zu leben?

Das einzige was ich hatte war Harry, doch der war offensichtlich nicht an mir interessiert, er brachte lieber dauernd weibliche Menschen mit und schlief mit ihnen. Was sie nicht wussten war, das Harry ein sogenannter Inkubus war, er schwängerte die Frauen mit denen er schlief, doch das Kind was in ihnen heranwuchs war stärker als ihr zerbrechlicher Körper. Der Fötus war ein Dämon, bösartig und darauf bedacht Menschen zu töten. Ich nannte es absichtlich Fötus und nicht Baby, ein Baby war etwas sanftes, zerbrechliches, voller Liebe. Diese Dämonen hatten das Wort nicht verdient. Wenn der Fötus seine Mutter nicht von innen zerstörte indem es ihm sämtliche Knochen brach und Organe zerquetschte, tötete es sie spätestens bei der Geburt, indem es sie entweder in Stücke riss oder aufaß, beides war nicht sehr appetitlich.

Es gab jedoch auch weibliche von diesen Sorten, sie hiessen Sukkubus und ich war eine von ihnen, wir gingen weniger grotesk bei der Ermordung unserer Opfer vor. Auch wir schlafen mit unseren Opfern, währendessen saugen wir ihnen die Lebenskraft und die Seele heraus und lassen sie danach tot liegen. Ich versuche so gut wie möglich damit klar zukommen plötzlich so ein Monster zu sein, doch Harry sagt immer, ich wäre nicht in die Unsterblichkeit verbannt worden, wenn ich nicht dazu bestimmt gewesen wäre, doch ich glaube ihm nicht. Es spielt doch überhaupt keine Rolle ob du dazu bestimmt bist gebissen zu werden oder nicht.

Plötzlich landete Harry mit nicht mal dem leisesten Geräusch neben mir, nachdem er vom Telefonmast gesprungen war. Ich erschreckte mich nicht, denn ich spürte seit tausend Jahren kein einziges Gefühl mehr, ausser diesen schrecklich quälenden Durst.

Ausserdem schlug mein Herz nicht mehr, es war nichts da um das Blut durch meine Adern zu pumpen und mich Gefühle spüren zu lassen. Dafür hatte mein Körper viel dazugewonnen, ich war stärker als jeder andere, ich war schneller als jedes Auto, konnte bis zur anderen Seite der Welt alles gestochen scharf sehen, jedes kleinste Geräusch hören und das kleinste Staubpartikel über meine unzerstörbare Haut streichen fühlen. Man könnte meinen es wäre lästig, da man keine Ruhe mehr fand, doch im Gegenteil es war unbeschreiblich.

Meine Augen klebten seit einigen Minuten auf dem Menschen der alleine durch die leeren Gassen streifte, er war eindeutig betrunken, aber das war mir egal, der Schmerz in meinem Hals, der sich anfühlte als würde man ein glühendes Bügeleisen reinschieben, übernahm die Kontrolle über meinen Körper und machte mich zu dem Monster was ich so verabscheute. Vom Dach aus hatten wir eine gute Aussicht über die Strassen Brooklyns, weshalb ich sofort sah wenn der Mann in eine andere Gasse abbog und dort blieb. Ruckartig sprang ich auf ein anderes Dach und flog dabei hoch durch die Luft, dann näherte ich mich dem Abgrund an deren Boden der junge Mann stand, Harry folgte mir die ganze Zeit wie ein Schatten, er war der Meinung auf mich aufpassen zu müssen. Mit einem Schritt nach vorne flog ich zehn Stockwerke hinunter und landete sauber auf meinen Füssen vor dem Mann. Kalt krallte ich meine Finger in seinen Hals und presste ihn gegen die Wand, seine Augen sahen mich verängstigt an wie immer, doch irgendwas in ihnen fesselte mich. Er erinnerte mich an etwas aus meiner Kindheit und so wie diese Augen mich ansahen wusste ich, dass ich ihn nicht töten konnte. "Ich...kann nicht"

Schon über hundert Menschen hatte ich getötet und sie waren mir alle egal gewesen, doch bei diesem hatte ich das Gefühl ihn mit meinem Leben beschützen zu müssen, als liebte ich es mit meiner ganzen Liebe. Stockend liess ich ihn los und trat stirnrunzelnd einen Schritt zurück, mit einer Spur von dankbarkeit, sahen seine Teddyaugen in meine leuchtend roten.

Plötzlich sprang Harry auf die Schultern des Jungen, packte seinen Kopf und brach ihm das Genick mit einer schnellen Bewegung. Schreiend sah ich seinen abgetrennten Kopf vor meine Füße rollen, er sprang von dem Körper und landete weich auf seinen Füssen "Herzlichen Glückwunsch, die tausend Jahre sind vorbei" sagt er emotionslos und wischte sich die Hände an seiner Hose ab. Stirnrunzelnd verfolgten meine Augen ihn, als er die Leiche in die Ecke schmiss und dann blitzschnell zu mir zurückrannte. Er sah mir tief in die Augen "Du spürst doch etwas oder?"

Aus Reflex schüttelte ich meinen Kopf "Nein, du weisst do-"

Sanft nahm er meine Hände und beugte sich zu meinem Ohr vor "Sag mir, dass du jetzt nichts fühlst"

Gerade wollte ich erneut nein sagen, als seine Lippen plötzlich auf meine Haut trafen, keuchend zuckte ich zurück, doch er nahm mein Gesicht in seine Hände und liess seine Zunge über meine Haut gleiten, mein Atem verschnellerte sich und ich stöhnte unwillkürlich, als ich eine Gänsehaut bekam. Aber Moment! Ich sollte diese ganzen Gefühle nicht haben, ich sollte eiskalt und emotionslos sein. Doch in diesem Moment bildete ich mir sogar ein, dass meine Haut sich erhitzte, vielleicht würde ich jetzt sterben?

Er stoppte und hauchte erneut etwas in mein Ohr "Ich weiss du fühlst etwas, ich kann das Gift in deinen Adern rauschen hören, er hatte mein Blut damals bei meiner Verwandlung durch Gift ersetzt, deshalb war ich so stark.

"Das ist unmöglich" flüsterte ich unglaubwürdig, er löste sich von mir und hatte wieder eine gleichgültige Miene aufgesetzt "Tausend Jahre sind um, du darfst hingehen wo du willst" während er mit mir redete sah er mich nichtmal an, er schaute alles an, aber nicht mich.

Sein Kiefer war angespannt, als ich begann zu reden "Vielleicht sollte ich bei dir bleiben?"

Sein Kopf schnellte hoch "Wieso solltest du das tun?"

Ehrlich gesagt wusste ich es selbst nicht, aber ein Gefühl sagte mir, dass ich unfähig bin ihn zu verlassen, obgleich er so kalt zu mir war. Er kam ein paar Schritte auf mich zu "Du bist die erste Person die überhaupt darüber nachdenkt zu bleiben"

Traurigkeit spiegelte sich in seinen Augen wieder, merkwürdig dass auch er plötzlich Gefühl empfinden konnte. Meine Stimme war leise und brüchig als ich sprach "Ich hab das Gefühl dich nicht verlassen zu können"

Er sah mich an und Hoffnung blitzte in seinen Augen auf "Ich kann dich nicht gehen lassen, er griff meine Hand und sah mich gequält an.

"Harry wieso haben wir Gefühle?"

Unsere Stimmen waren die ganze Zeit nicht lauter als ein flüstern, er kam so nah an mich heran, dass sich unsere Körper ein wenig berührten "Eine von vielen Legenden über uns erzählt, dass wir sobald die tausend Jahre nach der Verwandlung vollendet ist, ist es für einige Stunden möglich richtige Gefühle zu spüren... solange man jemanden hat den man unbewusst liebt"

Kopfschüttelnd sah ich auf den Boden "Ich hab mich in dich verliebt?"

Es war mehr eine Frage als eine Aussage, doch als ich diesen Satz ausprach fühlte ich, dass er nicht gelogen war. Atemlos sah ich ihm in seine jetzt ausnahmsweise mal Grünen Augen "Ich liebe dich"

Er lächelte und legte seine Hände an meine Wangen, unser Atem verschnellerte sich, als unsere Gesichter sich näherten stoppte er "Tschüss Kate"

Verwirrt wollte ich ihn fragen, was er meinte als ich bis ins kleinste Detail fühlte wie er meinen Kopf von meinem Hals riss, würde ich schreien können hätte mich wirklich jeder gehört, stückweise hörte und sah ich noch etwas "Oh Kate, du armes naives Ding. Nach den Tausend Jahren, kann man innerhalb dieser Stunden nicht nur Liebe festestellen sondern den anderen auch töten. Schlaf gut Baby"

Dann wurde alles schwarz, stille, nichts war mehr da und dann wurde auch ich in die Dunkelheit gezogen und starb.

1D Adventskalender 2014Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt