Damian hatte sich noch nicht gemeldet, also beschloss ich, ihn einfach anzurufen. Es klingelte eine Weile, aber dann hörte ich seine Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hi! Wir sehen uns doch heute noch, oder? Wann geht's los?", fragte ich mit Vorfreude. Er sagte allerdings recht lange nichts. „Damian?", fragte ich deshalb, weil ich schon dachte, die Verbindung wäre schlecht. „Tut mir leid Katy, heute nicht", kam es dann als Antwort. „Okay? Was ist los?" „Nichts", bekam ich nur zu hören. „Aber wie..." „Alles ist gut, okay? Tut mir leid, wir sehen uns. Bye." Und dann legte er einfach auf. Was war das denn bitte? Ich starrte auf das Handy in meiner Hand. Nach kurzem Überlegen drückte ich nochmal auf den Anruf-Button, aber es nahm keiner ab. Genaugenommen, drückte er mich sogar weg. Ich konnte mir nicht erklären, was da gerade vor sich ging, aber ich mochte es nicht. So hatte er mich noch nie zurückgewiesen. Nicht einmal, als ich ihn damals angeschrien hatte. Meine erste Eingebung war, Aki mitzunehmen und mich auf den Weg zu ihm zu machen. Als ich aber aus der Haustür trat, zögerte ich. Wenn er mich zuerst zurückwies und mich dann auch noch wegdrückte, dann wollte er vermutlich wirklich nicht mit mir reden. Ich verstand nur nicht, wieso. Hatte ich etwas falsch gemacht? Nicht, dass ich wüsste. Es musste irgendein anderes Problem geben, aber ich konnte mir bei Gott nicht denken, was es war. Das Gefühl, dass ich daran Schuld war ließ mich nicht los, auch, wenn ich es besser wusste. Ich hielt eine kleine Träne zurück, die drohte, sich aus meinem Auge zu stehlen. Als ob ich deswegen jetzt weinen würde. Ich kam mir so lächerlich weich vor. Ich sah zu Aki, die abwartete, was ich als nächstes tun würde. Dann hörte ich Paddy im Stall poltern. Etwas, das ich schon lange nicht gehört hatte.
Ich lief deshalb mit meiner Hündin zu dem alten Gebäude. Dort angekommen öffnete ich das Tor lediglich einen Spalt weit, um Paddy nicht noch mehr zu erschrecken, falls sie sich vor etwas fürchtete. Was ich dann sah, hätte ich niemals erwartet. Meg war aus der kleinen Ecke, die mein Vater für sie aus Brettern provisorisch zusammengebaut hatte, ausgebüchst und schaute nun neugierig an Paddys Box hoch, während sie sich wackelig mit den dünnen Vorderbeinchen an der Wand abstützte. Der Stute schien das nicht ganz geheuer zu sein, weshalb ich eigentlich eingreifen wollte. Doch dann richtete Paddy neugierig die Ohren nach vorne und streckte ihren Kopf nach unten zu der kleinen Ziege. Ich verblieb auf meinem Beobachtungsposten, damit ich sie nicht störte, stand aber noch einige Zeit dort, um zu sehen, was als nächstes passieren würde. Die beiden beschnupperten sich neugierig, keine Anzeichen von Feindseligkeit. Paddy war sogar sehr vorsichtig und freundlich im Umgang mit der kleinen Meg. Ein schöner Anblick, sie glücklich zu sehen. Die schöne Stute hatte sich wirklich gut eingelebt und Meg würde das auch tun. Ich beschloss, die beiden in Ruhe zu lassen, machte mich mit Aki, die etwas enttäuscht schien, dass der Ausflug schon vorbei war, auf den Weg zurück zum Haus.
Ganz in meinen Gedanken versunken stolperte ich unelegant die Stufen zum Eingang hinauf. Es konnte doch nicht sein, dass wir der Wahrheit hinter Paddys Geschichte nicht näherkamen. Als ich sie zuvor gesehen hatte, hatte ich mir einmal mehr die Frage gestellt: Wo kam sie her? Ohne wirklich zu wissen, was ich eigentlich vorhatte, rief ich schnell nach drinnen, und gab Bescheid, dass ich unterwegs sein würde. Ich wusste eigentlich nicht einmal, ob jemand außer mir zu Hause war. Aber ich würde sicher nicht nochmal das Risiko eingehen, Hausarrest zu bekommen, weil ich spurlos verschwand. Dann schnappte ich mir mein Fahrrad und fuhr einfach los. Mir war der unfreundliche Hofbesitzer wieder eingefallen, der uns von seinem Grundstück verjagt hatte. Ich dachte an das merkwürdige Telefongespräch, das Damian meinte, gehört zu haben. Mein Ziel war also dieser Hof. Ich war doch verrückt diese Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen, aber es ließ mir keine Ruhe. Ich musste einfach wissen, was dahintersteckte. Ich hoffte allerdings, dass ich mich noch genau an den Weg erinnern konnte.
Nach einer Ewigkeit fand ich mich endlich auf der geraden Landstraße wieder, von der aus in der Ferne der Hof zu sehen war. Die Sonne brannte auf mich herab, ich hatte nichts zu trinken mitgenommen. Wie schlau von mir. Wenigstens hatte ich Aki zu Hause gelassen. Soweit hatte ich immerhin gedacht. Ich fuhr in großem Bogen an das Grundstück heran und stellte mein Fahrrad gut versteckt im Gebüsch ab. Erstmal durchatmen.
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Zwei Herzen, eine Seele
Teen FictionKatelyn hat sich vor Jahren, nachdem ihre Stute nach einem Unfall verkauft wurde, geschworen, nie wieder auf ein Pferd zu steigen. Sie lebt ihr Leben ohne viel Aufregung und versucht ihre Noten auf die Reihe zu bekommen. Das Spannendste was seit lan...