Kapitel 20

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Jungkook p.o.v
"HALT ENDLICH DEINE SCHEIß KLAPPE!! DU HAST GAR KEINE AHNUNG" , schreie ich so laut ich kann, während ich auf ihn losstürme. Ich will ihn angreifen und ihn zum Schweigen bringen, aber er dreht den Spieß komplett um, drückt mich gegen die Wand und hält mich an meinen Handgelenken fest. Geschockt sehe ich ihn an, halte in meiner Atmung und meinen Bewegungen inne. "Ich werde nicht aufhören" , haucht er und sieht mir fest entschlossen in die Augen. Ich schlucke einmal, während meine Sicht langsam verschwimmt. "Nicht jetzt. Ich will nicht weiter zusehen, wie der Schmerz dich aufrisst" , flüstert er dann und löst eine Hand von meinem Handgelenk, um diese an meine Wange zu legen. "Ich will nicht weiter zusehen, wie du langsam stirbst, weil du mit deiner Vergangenheit nicht abschließen kannst und völlig alleine bist" , haucht er und ein heftiger Schmerz durchfährt meine Brust. Er soll aufhören! Es tut weh.. Mein ganzer Körper beginnt zu zittern und mir fließt eine Träne die Wange herunter. "Jungkook.. Ich will dir helfen. Du sollst leben und nicht bloß existieren und überleben" , erklärt er dann. "Du musst lernen abzuschließen, loszulassen und vor allem deine Gefühle nicht zu verbergen" , fügt er dann noch hinzu. "Und ich will bei dir sein und das Alles mit dir durchstehen" , meint er. "W-wieso?" , frage ich sofort und spüre diesen verdammten Kloß in meinem Hals. Diese Frage beschäftigt mich schon so lange.. Doch wieso frag ich nach? Wieso zeige ich, dass es mir nicht egal ist? "Ich weiß es selber nicht genau.. Vermutlich, weil ich damals jemanden bei mir haben wollte, als ich am Ende war und aufgeben wollte" , antwortet er mir. "Ich will dich das nicht allein durchstehen lassen. Ich glaube nur deswegen bin ich noch hier.." , sagt er dann und ich verstehe nicht ganz. Er deutet dies wohl aus meinem Blick, denn er redet weiter. "Damals als mir das Atmen schwer fiel und dieser unerträgliche Schmerz mich immer mehr in den Abgrund schubste, dachte ich an dich" , haucht er und legt eine kurze Pause ein. "Ich dachte daran, dass wir beide verlorene Kinder sind. Ich dachte daran, dass wir uns sehr ähnelten, sowohl was unsere Vergangenheit betrifft als auch unser Umgehen mit dieser. Ich dachte an diesen unerträglichen Schmerz. Ich dachte daran wie er mich umbrachte und ich aufgeben wollte" , erzählt er und sieht mich ernst an. "Ich will nicht, dass dir dasselbe passiert wie mir" , flüstert er, während mir immer mehr Tränen die Wange herunter laufen. "Ich will dich nicht alleine diesen Schmerzen aussetzen. Du bist nicht alleine und wirst es nie wieder sein" , sagt er mir und nun ist es wirklich um mich geschehen. Immer mehr Tränen kullern über meine Wangen und ich schluchze auf. Wie lange schon.. Wie lange schon hatte ich nicht mehr geweint? Dieses Gefühl... Es macht mir Angst, aber ist gleichzeitig so verdammt erleichternd. Taehyung löst auch die andere Hand von meinem Handgelenk und zieht mich langsam in eine Umarmung. Ich klammere mich sofort an ihn, während ich lauter zu schluchzen beginne. Dieser verdammte Schmerz in meiner Brust, all die Erinnerungen.. einfach alles was sich in den letzten Jahren in mir ansammelte. Es tut so verdammt weh. Ich kann wirklich nicht mehr atmen. Ich schnappe nach Luft, während ich meinen bebenden Körper an Taehyungs drücke und schluchze. Ich versuche aufzuhören und will all die Gefühle wieder verstecken, da ich sie nicht aushalte. Alles tut weh.

Taehyung bemerkt wohl mein Vorhaben mich wieder zu verschließen, denn seine Hand wandert zu meinem Hinterkopf und er vergräbt sie in meinen Haaren. Er drückt vorsichtig meinen Kopf in seine Schulter und beginnt beruhigend durch meine Haare zu fahren. "Hey, ich bin hier.. Lass alles raus" , flüstert Taehyung und verdammt nochmal.. Diese Worte sind erleichternd, machen mir dennoch große Angst und diese Gefühle, diese schlimmen Schmerzen, überrumpeln mich immer weiter, während sie einfach nicht mehr aufhören wollen, sondern mein Herz immer weiter erschweren lassen, mir den Atem rauben, mich schluchzen lassen und umbringen. Diese Welle. Dieser Schmerz. Ich weiß nicht damit umzugehen und habe kaum Kontrolle über meinen Körper. All diese Erinnerungen. Meine toten Eltern. Alle die ich liebte... wie sie sich von mir abwendeten. Wie ich mein erstes Opfer umbrachte und vor Angst zitterte. Wie ich voller Angst, das Töten beginnen musste und so überlebte. So viel weiteres.

"I-ich kann n-nicht mehr.. I-ich w-will nicht m-mehr" , schluchze ich und klammere mich an Taehyung, in dessen Armen ich Halt finde. "Ich weiß Jungkook.. Ich weiß.." , entgegnet er und streichelt mich etwas.

Ich bin verloren in diesem Meer voll Trauer, Schmerz und Angst. Verloren in diesen großen Wellen und glaube zu ertrinken. Aber so ist dem nicht. Denn plötzlich völlig unerwartet, ertönt eine Stimme. Eine, welche die Wellen etwas beruhigt. Ich sehe ein kleines schwaches Licht und dann einen erschöpften Jungen. Einen erschöpften Jungen, der selbst bloß zitternd, angeschlagen und mitgenommen auf einem einzelnen kleinen Brett durch das Gewässer treibt. Einen erschöpften Jungen, welcher mich auf sein Brett zieht, in seine Arme schließt und nicht loslässt. Einen erschöpften Jungen, welcher sowohl mir ein wenig Kraft schenkt, als auch ich ihm etwas Kraft schenke. Einen erschöpften Jungen, welcher mir zeigt nicht alleine durch diesen Sturm zu müssen.

Und dieser erschöpfte Junge ist niemand geringerer als Kim Taehyung, der Junge von dem ich glaubte er sei mein größter Erzfeind.

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Lost Children//TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt