Dieser Vollidiot. Immer und immer wieder schossen ihr diese zwei Wörter durch den Kopf. Aber irgendwie war sie es ja auch selbst Schuld. Schließlich war sie in seinen Kopf eingedrungen und hatte ihn deutlich dazu aufgefordert, seine Mauern zu verstärken. Was er dann ja auch getan hatte und er war wirklich nicht schlecht darin, das musste sie zugeben, auch wenn es eigentlich über ihren Stolz ging. Vielleicht konnte man ja doch etwas mit ihm anfangen. Doch der Angriff auf ihn beunruhigte sie. Es war klar gewesen, dass sie es versuchen würden, doch sie hatte sich ein wenig mehr Zeit erhofft ihn darauf vorzubereiten. Nun war er das schwächste Glied und sie die, die ihn von dieser Position herunter holen musste. Sie gehörten zusammen, besonders glücklich war sie darüber nicht, doch es war Schicksal. Nun hatte sie ein Treffen mit ihm. Morgen um 17.30 Uhr an den großen Uhr. Ihre Vorfreude war...unbeschreiblich riesig. 'Ironie lässt grüßen', dachte sie bitter. Natürlich wäre es ihr rein theoretisch möglich gar nicht erst aufzutauchen, aber irgendwann hätten sie sich sowieso treffen müssen, also warum nicht morgen? Was sollte sie ihm sagen? Wie erklärt man einem Unwissendem das Unglaubliche? Sie erinnerte sich noch an den Tag, als es ihr erklärt worden war.

Flashback

Es war kalt, ich hatte die Jacke fest um meinen Körper geschlungen. Schon seit einer halben Stunde wartete ich auf den Bus, der einfach nicht kommen wollte. Bibbernd stand ich dort vollkommen alleine an der Bushaltestelle, als ich plötzlich von einem jungen Mann angesprochen wurde. „Soll ich dich irgendwo hin bringen?“, fragte er freundlich, doch ich schüttete nur stur mit dem Kopf. Ich würde sicher nicht zu einem wildfremden Mann ins Auto steigen. Er seufzte. „Dir ist kalt, der Bus kommt zufälligerweise nicht und wir auch nicht mehr kommen heute. Also läufst du entweder den ganzen Weg nach Hause, übernachtest hier, was dir mindestens eine schlimme Lungenentzündung bringen würde, oder du setzt sich in mein schönes, warmes Auto dort drüben und lässt dich von einem netten, jungen Mann wie mir nach Hause fahren. Deine Entscheidung.“ „Wieso sollte der Bus nicht kommen?“, fragte ich nur, ohne von meinen kalten Fingern aufzublicken. Es war wirklich verdammt kalt und obwohl ich es mir nicht eingestehen wollte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als in das Auto des Mannes einzusteigen und die Wärme zu spüren. „Schätzchen, vertrau...“ Weiter kam er nicht. „Nenn mich nicht Schätzchen!“, fauchte ich ihn an. Damit erhob ich mich und steuerte geradezu auf das Auto zu, das er mir angedeutet hatte. Lachend kam r mir hinterher. „Eins weiter, Engel“, meinte er schmunzelnd. Verständnislos sah ich ihn an. „Mein Auto ist eins weiter links“,lachte er. „Wie witzig“, murmelte ich vor mich hin. Und ging zu dem Nächsten. Er schloss das Auto auf, wenn man das noch überhaupt Auto nennen konnte. Luxuskarre traf es eher. Zögerlich stieg ich ein und ließ mich auf de Beifahrersitz fallen. Die angenehme Wärme, die mich augenblicklich einhüllte, verschaffte mir Vertrauen. „Er setzte sich neben mich und schloss die Tür von innen ab, machte aber keine Anstalten loszufahren. „Fahren wir?“, fragte ich ungeduldig. „Hörst du mir zu?“, antwortete er. Fragend sah ich ihn an. Leicht nervös rieb er seine Hände. Er holte tief Luft und begann zu erzählen. In diesem Moment wusste ich noch nicht, dass ich zwei Stunden später immer noch an der gleichen Stelle sitzen würde. Das was er mir in einem Fluss erzählte, lies meine Augen größer und größer werden. Am Ende seiner Erzählung starrte ich ihn ungläubig, mit offenem Mund an. Er nahm meine Hände zwischen seine. „Glaubst du mir?“, fragte er vorsichtig. Ich nickte. Ich wusste nicht wieso, doch ich zweifelte nicht. Erleichtert nickte er mir zu und ließ meine Hände zögerlich los und wand sich dem Lenkrad zu. Spät kam ich an diesem Abend nach Hause. Ich war um eine Handynummer, ein neues Treffen und jede Menge Informationen reicher.

 

Mit diesen Erinnerungen wurde der Aufbau der Rede die sie morgen halten würde klarer. Sie musste einfach nur die Worte wiedergeben, die sie selbst zu hören bekommen hatte. So einfach würde das sein. Das redete sie sich zumindest ein, doch ihr Unterbewusstsein verriet ihr, dass es viel schwerer werden würde. Die jetzige Situation, jetzt wo der Regeneingesetzt hatte, erleichterte ihr die Aufgabe nicht unbedingt. Jetzt würde alles noch komplizierter werden, denn nun musste sie ihm nicht nur seine Fähigkeiten, Aufgaben und Geschichte erklären, sondern auch noch die Komplikationen die es mittlerweile gab. Sein Pech, dass er ausgerechnet jetzt gefunden wurde. Unruhig knetete sie ihre Hände, mit dem Gedanken an morgen. Vielleicht sollte sie sich lieber einen Zettel schreiben mit Sachen die sie keinesfalls vergessen sollte? Wie eine stützende Karteikarte in den Vorträgen, die sie früher hatte in der Schule halten müssen. Es würde sie schwächer wirken lassen, was sie sich ihm gegenüber eigentlich nicht leisten konnte, doch wichtige Puzzlestücke in ihrer Erzählung zu vergessen, wäre noch schlimmer. Also setzte sie sich an ihren Schreibtisch und begann die Stichwörter seiner Geschichte aufzuschreiben, die Geschichte die so viele Menschen betraf, aber auf irgendeine Weise auch die Geschichte von ihm ganz allein war.

                                                              

Das Gefühl von Donner (on hold)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt